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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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dass Sie mich wiedererkennen, Sir!«, sagte Bess stolz. Ihre Augen leuchteten. »Fred hat gesagt, Sie würden sich nicht an mich erinnern, bei all den anderen, aber ich hab ihm gesagt, Sie würden es doch tun!«

Die Tür auf der anderen Seite wurde geöffnet. Abu Dun stieg ein und hielt verblüfft inne, als er das Mädchen sah, das es sich mittlerweile auf Andrejs Schoß bequem gemacht hatte und eine Hand vertraut auf seinen Oberarm legte.
    »Er hat auch gesagt, dass ich mir ein sauberes Kleid anziehen und die Haare waschen soll, und das hab ich getan«, fuhr das Mädchen in aufgekratztem Ton - und zu laut, wie Andrej fand - fort. »Er meint, das würde Ihnen gefallen. Gefällt es Ihnen, Sir?«
    Andrej war immer noch viel zu perplex, um antworten zu können. Beinahe hätte er das Mädchen in der Tat nicht wiede r erkannt. Ohne Zweifel war es Bess, das unglückliche kleine Ding, das Frederic ihm vor zwei Tagen für einen Schilling a n geboten hatte, aber sie hatte sich wirklich sehr verändert. Das Kleid, das sie nun trug, war nicht nur sauber, sondern sogar recht hübsch - auch wenn man ihm ansah, dass es nicht für sie geschneidert worden war. Ihr Gesicht war sauber, und das stumpfe Gra u braun ihrer Haare, das offensichtlich nicht deren natürliche Farbe, sondern schlichtweg der Dreck von Monaten, wenn nicht Jahren, gewesen war, war einem goldfarbenen Blond gewichen. Sie roch sogar sauber.
    »Frederic?«, brachte er schließlich mühsam hervor.
    „ Frederic'«, fragte auch Abu Dun. Er klang alarmiert. Er hat d e Droschke bestellt und gesagt, ich soll Sie abholen Sir«, b e stätigte Bess und nickte nicht nur heftig mi t den Kopf, sondern b e gann, im gleichen Rhythmus auf se i nem Schoß auf und ab zu hüpfen, was Andrej ein wen g unangenehm war. Plötzlich wu r de ihm bewusst, dass d e Wagentür noch offen stand, und als er rasch den Kopf wandte, sah er in Miss Torrents Gesicht. Sie war Abu Dun und ihm einige Schritte weit aus dem Haus g e folgt und dann stehen geblieben.
    Rasch zog er die Tür hinter sich zu, und er hatte es kaum g e tan, da hörte er das Knallen einer Peitsche, und der Wagen setzte sich schaukelnd in Bewegung. Bevor sie das Ende der Straße erreichten, warf Andrej noch einmal einen Blick aus dem Fen s ter.
    Miss Torrent stand immer noch in derselben Haltung da und starrte ihnen hinterher. Zu sagen, dass sie empört ausgesehen hätte, wäre hoffnungslos untertrieben gewesen.
    Auch als der Wagen die nächste Straßenkreuzung erreicht hatte und abgebogen war, hatte Andrej seine Überraschung nicht weit genug überwunden, um einen klaren Gedanken zu fassen. Abu Dun runzelte mehr verwirrt als erschrocken die Stirn, und als Andrej seinem Blick folgte, verstand er auch w a rum: Bess saß noch immer auf seinem Schoß, aber ihre Hand lag jetzt nicht mehr auf seinem Oberarm, sondern an einer Ste l le, an der sie ganz und gar nichts zu suchen hatte.
    So fest, wie er es gerade noch konnte, ohne ihr wirklich wehzutun, griff er nach ihrem Handgelenk und schob ihren Arm zur Seite. Eine Sekunde später besann er sich eines Besseren, hob sie von seinem Schoß herunter und setzte sie unsanft neben Abu Dun auf die Bank. »Was soll das?«, fragte er scharf. »Hat Fred dir gesagt, dass du das tun sollst?«
    »Gefällt es Ihnen nicht, Sir?«, fragte Bess und klimperte verführerisch mit den Augenlidern. »Sie brauchen keine Angst zu haben, Sir. Ich kenne mich aus.«
    Das Schlimme war, dass Andrej ihr das durchaus glaubte. »Ich frage dich noch einmal, Bess«, sagte er ärgerlich. »Hat Fred dir gesagt, dass du das tun sollst?«
    »Andrej?«, fragte Abu Dun.
    Andrej brachte ihn mit einer unwilligen Geste zum Schwe i gen. Der Blick, mit dem er Bess fixierte, wurde bohrend. »Ich mache keine Scherze, Mädchen«, sagte er scharf. »Und glaub min Du willst mich nicht wütend erleben.«
    Bess sah ihn weiter mit ihrer Unschuldsmiene an, aber dann konnte Andrej regelrecht sehen, wie ihr innerer Widerstand zerbrach. Sie rutschte erst ein kleines Stück von ihm fort, dann noch einmal mehr und schließlich so weit, wie es in der Enge der Kutsche überhaupt möglich war. Statt ihn weiter auf eine Art anzusehen, von der eine Siebenjährige annehmen mochte, dass sie verführerisch war, breitete sich plötzlich Angst auf i h rem Gesicht aus, und sie hob die Hände, als hätte sie Angst, er würde sie schlagen. Der Anblick schmerzte Andrej.
    »Fred ... Frederic hat gesagt, dass ... dass ich alles tun soll, um ... um Sie zu

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