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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fragte Andrej alarmiert.
    »Nein«, erwiderte Pauly. »Einem aus seiner Bande. Ich ... ich weiß nicht, wie er heißt. Er war gestern hier, kurz ... kurz nac h dem ihr gegangen seid. Er muss euch beobachtet haben. Er wollte wissen, was ihr von Jack gewollt habt.«
    »Und du hast es ihm gesagt?«, vermutete Andrej. Diesmal antwortete Pauly nicht, aber sein Schweigen war Antwort g e nug.
    »Und was ist mit den Soldaten?«, fragte Abu Dun. »Den Männern des Sheriffs?«
    »Das weiß ich nicht«, versicherte Pauly, weiter an Andrej gewandt. »Sie waren schon hier, als wir zur Arbeit gekommen sind. Sie haben Fragen gestellt. Nach euch.«
    Andrej dachte angestrengt nach. Die ganze Geschichte schien immer rätselhafter zu werden, und doch fügte sich ein Stei n chen ins andere. Frederic - auch wenn er das gesamte Bild noch nicht erkennen konnte, lief es immer wieder auf den Ju n gen mit dem ihm auf so schreckliche Weise vertrauten Namen hinaus. Er war mittlerweile nicht einmal mehr sicher, dass es sich wirklich um eine zufällige Ähnlichkeit handelte.
    »Also gut«, sagte er schließlich und stand auf. »Alles in mir sagt, dass ich dich Abu Dun übergeben sollte, damit er dich wie eine Ratte ersäuft. Aber ich will noch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen und gebe dir eine Chance. Du kennst diesen Jungen? Du weißt auch, wo diese Gerberei ist, zu der Jack uns führen wollte?«
    Pauly nickte.
    »Dann führst du uns an seiner Stelle dorthin«, sagte Andrej.
    »Ich?« Das Entsetzen in Paulys Stimme war unüberhörbar und unübersehbar in seinem Gesicht.
    »Du bekommst sogar dieselbe Belohnung wie er«, fügte Abu Dun hinzu.
    Andrej bezweifelte, dass diese Worte tatsächlich zweideutig gemeint gewesen waren, aber der bedauernswerte Pauly jede n falls schien sie so aufgefasst zu haben, denn sein Gesicht verlor tatsächlich noch einmal deutlich an Farbe.
    »Du bekommst ein Pfund«, sagte Andrej rasch, bevor Abu Dun die Situation mit einer weiteren Anspielung, die er a n scheinend für lustig hielt, noch schlimmer machen konnte. »Und mach dir keine Sorgen um die Männer des Sheriffs. Wir werden dafür sorgen, dass sie dich nicht verdächtigen.«
    Der Mann starrte ihn verwirrt an, und Andrej fragte sich be i läufig, wie er dieses Kunststück eigentlich fertig bringen sollte, ohne seine Tarnung aufzugeben. Aber auch das, gestand er sich bitter ein, spielte jetzt keine Rolle mehr Hier ging etwas vor, etwas sehr Großes und Gefährliches, bei dem mehr auf dem Spiel stand als nur ein einzelnes Menschenleben. Wenn es nach Moral und Ethik ginge, dürfte er einen solchen Gedanken nicht einmal denken, geschweige denn in die Tat umsetzen, aber er hatte schon vor langer Zeit begriffen, dass die Dinge, die man tun sollte, und die Dinge, die man tun musste, nicht dieselben waren. So grausam ihm selbst der Gedanke auch heute noch manchmal vorkam, es gab durchaus Situationen, in denen man ein Leben für das vieler opfern musste; selbst das eines Unb e teiligten.
    Er trat einen Schritt zurück und forderte Pauly mit einer Handbewegung auf aufzustehen. Doch der starrte ihn nur an und rührte sich nicht. In Andrejs Rücken wurde gedämpftes Rum o ren und Hantieren laut. Er warf einen raschen Blick über die Schulter zurück und sah, wie Abu Dun zuerst mit den fl a chen Händen (und sehr wenig Erfolg) über seine Kleidung strich, um das Wasser herauszudrücken, und dann umständlich in Mantel und Stiefel schlüpfte. Die Blicke, mit denen er ihn dabei immer wieder maß, waren unmissverständlich vorwurf s voll. Während der Nubier mit spitzen Fingern und fast schon zeremoniell a n mutenden Bewegungen -als handelte es sich um eine mit Edelsteinen besetzte Tiara und nicht um ein Stück schwarzen Stoff - seinen Turban aufsetzte, trat er wieder auf Pauly zu und streckte die Hand aus, um ihm beim Aufstehen behilflich zu sein. Der Mann zögerte, nahm sein Angebot dann aber an, und während Andrej ihn auf die Füße zog, lauschte er insgeheim in ihn hi n ein. Er spürte nichts als Angst. Vielleicht war da auch eine Spur von Heimtücke und Verrat, aber wenn, dann galt sie nicht ihm und diesem Augenblick, sondern war einfach Teil seines Charakters. Ve r achtung erwachte In Andrej, aber gleich darauf schämte er sich dieses Gefühls. Dieser Mann war In eine Welt hineingeboren und zu einem Leben gezwu n gen worden, das er sich ganz g e wiss nicht ausgesucht hatte und sicher anders gewünscht hätte. Wer war er. sich das Recht a n maßen zu wollen, über

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