Glut und Asche
schmutzigen Brühe wäre wahrscheinlich sogar ein Walfisch verschwunden, und Abu Dun musste nicht auftauchen, um Luft zu holen, um die zwei - oder dreihundert Schwimmzüge unter Wasser zurückzulegen.
Eine geraume Weile verging. Männer kamen, um das Schiff scheinbar zu entladen, und andere tauchten auf, um dieselben Kisten und Säcke zurückzubringen. Andrej vertrieb sich die Zeit damit, den Gesprächen der Soldaten zu lauschen, die im toten Winkel hinter dem Abbruchhaus auf Abu Dun und ihn warteten. Sein scharfes Gehör ermöglichte es ihm, ihre Worte trotz der großen Entfernung zu verstehen, aber er erfuhr nichts von Bedeutung. Offensichtlich begannen sie sich allmählich zu langweilen, und der eine oder andere äußerte bereits seine Zweifel daran, ob dieses Unternehmen überhaupt noch sinnvoll war, doch im Allgemeinen redeten sie über B e langlosigkeiten. Verdacht hatten sie noch nicht geschöpft. Die beiden Männer, die Abu Dun und er außer Gefecht gesetzt hatten, waren offe n bar noch nicht gefunden worden. Immerhin etwas.
Andrejs Aufmerksamkeit verlagerte sich wieder auf den Kahn, als er eine hochgewachsene, schlaksige Gestalt erkannte, die vom Ufer auf das schwankende Schiffchen hinabtrat und sich einem Kistenstapel an seinem Ende näherte. Über die gr o ße Entfernung hinweg konnte er Paulys Gesichtsausdruck nicht erkennen, aber er meinte das missmutige Wesen dieses Mannes beinahe spüren zu können, den stummen Zorn auf das Leben an sich, den er ausstrahlte. Sichtlich wenig begeistert von dem, was er tat, beugte er sich zu einer Kiste hinunter, die vermutlich schon ein halbes Dutzend Mal hin - und hergetragen worden war Plötzlich spritzte das Wasser hinter dem Heck des Schiffes auf, und ein Schatten griff nach ihm und zog ihn so blitzartig zu sich hinab ins Wasser, dass ihm nicht einmal Zeit für einen erschr o ckenen Ruf blieb. Einer der Bewaffneten wandte erschrocken den Kopf, und Andrej spannte sich instinktiv an und griff, ohne es selbst zu merken, an seine Seite, dorthin, wo er normale r weise das vertraute Gewicht seiner Waffe wusste. Auch das war etwas, woran er sich nur schwer gewöhnte und es vielleicht niemals ganz tun würde: Die Menschen in dieser Stadt trugen in der Öffentlichkeit keine Waffen, und wenn, dann höchstens in Verbindung mit einer Uniform oder einer Rüstung.
Doch dann wandte sich der Soldat wieder seinem Gespräch zu, und auch den Arbeitern schien nicht aufzufallen, dass einer von ihnen plötzlich fehlte. Andrejs Blick tastete aufmerksam die Wasseroberfläche ab. Diesmal gewahrte er einen Schatten, und Abu Duns Kopf tauchte zwei - oder dreimal aus den Wellen auf, zusammen mit einem strampelnden Etwas, dem er gerade genug Zeit ließ, um Luft zu holen, aber nicht, um diese zu e i nem Schrei zu nutzen. Andrej wich rasch zu dem am nächsten stehenden Gebäude zurück, ein schlampig aus Brettern erric h teter Schuppen, aus dem es so erbärmlich nach totem Fisch stank, dass ihm beinahe der Atem wegblieb. Er öffnete die Tür und huschte hinein und hatte es noch nicht ganz getan, da glitt Abu Dun auf das Ufer zu, eine strampelnde und verzweifelt nach Atem ringende Gestalt im Schlepptau, deren schwächliche G e genwehr er nicht einmal zur Kenntnis zu nehmen schien. Noch bevor die Bewegung die Aufmerksamkeit der Männer zwe i hundert Meter entfernt erwecken konnte, huschte auch er durch die niedrige Tür und schleuderte den Mann so grob zu Boden, dass Andrej ihm einen strafenden Blick zuwarf.
»Schau, was ich gefunden habe«, grollte er. »Zuerst dachte ich, es wäre nur eine Ratte, und wollte sie schon ersäufen, aber dazu riecht der Kerl zu schlecht.«
Andrej schüttelte nur den Kopf und überging die Bemerkung. Abu Duns triefend nasser Gefangener war vermutlich nicht in der Verfassung, sie zu hören. Außerdem reichte ein einziger Blick in sein Gesicht, um Andrej klarzumachen, dass es nicht mehr nötig war, ihn einzuschüchtern.
Er geduldete sich, bis Pauly eine erstaunliche Menge schmutziges Wasser abwechselnd erbrochen und ausgespuckt hatte, wieder halbwegs zu Atem gekommen war und sich auf Hände und Knie hochzustemmen versuchte. Abu Dun stupste ihn mit dem Fuß an, und er fiel schwer wieder auf die Seite und stieß ein angsterfülltes Wimmern aus.
»Lass das, Pirat«, sagte er entschieden und bewusst auf En g lisch, damit Pauly die Worte auch verstand. »Du kannst ihn h a ben, wenn ich mit ihm fertig und mit seinen Antworten nicht zufrieden bin.«
Der Mann drehte sich
Weitere Kostenlose Bücher