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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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neuen Tages, doch es war nicht das Ende seiner Pein.
    Irgendetwas sagte Ihm, dass sie nie enden würde.
    Dennoch war jetzt, In diesem Moment, etwas anders. Was es war, hätte er nicht sagen können, erinnerte er sich doch nicht einmal mehr wirklich, was zuvor gewesen war - doch etwas hatte sich geändert. Etwas Wichtiges.
    Sein Bewusstsein tauchte zum tausendsten Male hintere i nander aus einem Abgrund rot glühender Flammen auf, die j e den einzelnen Nerv In seinem geschundenen Körper In Brand gesetzt hatten und nichts anderes als glühende, verbrannte Asche zurückließen, und dies war der Moment, In dem es e i gentlich von vorn beginnen sollte, der Augenblick, In dem er die Augen aufschlug, nur um neues, glühendes Eisen zu sehen, das sich zischend In seine Haut schmolz, weitere scharfe Kli n gen, die In sein Fleisch bissen, weitere Elsenstäbe, die seine Knochen ze r trümmerten. Die Augen geschlossen zu halten und den Bewusstlosen zu mimen, hatte keinen Sinn. Seine Folte r knechte waren erfahren In dem, was sie taten, und spürten es.
    Doch nichts geschah. Als er seine Augenlider, die schwer wie Blei waren, dazu zwang, sich zu heben, stand Marcus vor Ihm, so wie er es jedes Mal getan hatte, wenn sich sein Körper wider allen Gesetzen der Natur Ins Leben zurückgequält hatte, doch etwas war jetzt anders: Sie waren allein. Die beiden Mä n ner, die Ihm manchmal abwechselnd, manchmal gemeinsam Dinge angetan hatten, die nicht einmal er sich hatte vorstellen können, waren verschwunden. Die schwere Tür hinter Marcus, massiv und dick genug, um jeden noch so grässlichen Schrei zu verschlucken, die die ganze Nacht über sorgsam verschlossen gewesen war, stand nun offen und gewährte seinen blutige Tränen weinenden Augen einen Blick auf einen schmalen, von düster-rot flackerndem Licht erhellten Gang. Durch das Ra u schen seines eigenen Blutes und das nur allmählich verkli n gende Echo seiner Schreie In seinen Ohren glaubte er, entfernte Stimmen zu hören und leise, schnelle Schritte. Brandgeruch lag In der Luft, der Gestank seines eigenen, verschmorten Fle i sches.
    »Es hat keinen Zweck, den Bewusstlosen zu spielen, A n drej«, sagte Marcus. »Ich weiß, was du wirklich bist. Und Ich weiß auch, wozu du fähig bist.«
    Er versuchte, sich zu erinnern, wer Marcus war und warum er das sagte. Es wollte Ihm nicht gelingen. Alles, woran er sich erinnerte - alles, woraus sein Leben bis zu diesem Moment b e standen hatte! -, war unvorstellbare Folter. Dennoch war da z u gleich eine andere, verwirrende Gewissheit , nämlich die, dass dies die ersten Worte waren, die Marcus direkt an Ihn richtete, seit man Ihn In diese Kammer der Pein gebracht und an die Wand gekettet hatte. Diese Erkenntnis war wichtig, aber er hä t te nicht sagen können warum.
    Mit einer Anstrengung, die seine Kräfte beinahe endgültig überstieg, versuchte er, sich In die Höhe zu stemmen, denn o b gleich sein ganzer Körper ein einziger kreischender Schmerz war, ging die größte Qual doch von seinen Handgelenken aus. Sie hatten ihn so an die Wand gekettet, dass er ein gutes Stück In die Knie brechen konnte, bevor die eisernen Handfesseln Ihn auffingen, sodass sein ganzes Gewicht nun an seinen Gelenken zerrte und der Schmerz Immer neu entfacht wurde, ganz gleich, wie oft ihm sein Körper den bösen Streich spielte, seine Wu n den zu verschließen, zerrissenes Fleisch wieder zusammenz u setzen und ausgekugelte Gelenke wieder zu heilen. Für einen Augenblick schien es sogar, als wollte es ihm gelingen, die Knie durchzudrücken und sich mit dem Rücken an der von se i nem eigenen Blut glitschig gewo r denen Wand nach oben zu quälen, dann aber versagten seine Kräfte erneut, und er sank mit einem klirrenden Ruck wieder nach unten, und ein gequältes Stöhnen kam über seine Lippen.
    »Sie müssen mich nur darum bitten, Mister Delany «, sagte Marcus mit einer Stimme, die so kalt war. wie das glühende Eisen heiß gewesen war, mit dem sie das Fleisch von seinen Knochen gebrannt hatten, »und ich gewähre Ihnen einen schnellen Tod. Natürlich nur. wenn Sie meine Fragen bean t worten.«
    Vielleicht war es nichts anderes als purer, idiotischer Trotz, der ihm die Kraft gab, sich nicht nur noch einmal hochzuste m men, sondern diesmal sogar stehen zu bleiben und den Mann mit den toten Augen anzusehen. »Ich kann mich täuschen«, antwortete er, »aber ich glaube nicht, dass Sie mir bisher auch nur eine einzige Frage gestellt haben.«
    Zum ersten Mal zeigte

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