Glutheißer Höllentrip
aufbringen. Was für ein mieses Gefühl, den leeren Sitz von Li direkt neben sich zu sehen. Ihre Freundin war einen sinnlosen Tod gestorben. Gewiss, Reginald Brown war krank im Kopf und konnte nicht für seine Handlungen verantwortlich gemacht werden; trotzdem wünschte sich Kathy, dass sie ihm niemals begegnet wäre.
Plötzlich wurde ihr bewusst, wie sehr ihr Leben momentan von Zufällen abhängig war. Wenn die entflohenen Sträflinge einen anderen Bus gekidnappt hätten oder von der Polizei rechtzeitig eingefangen worden wären, würde Kathy jetzt bereits in Reno sein.
Doch dann hätte sie David wahrscheinlich niemals kennengelernt.
Kathy merkte, dass sich ihre Gedanken im Kreis drehten. Das lag zweifellos an der bedrückenden und hoffnungslosen Atmosphäre im Bus. Der Geschmack von Freiheit war für Kathy nur von kurzer Dauer gewesen. Sie musste hart gegen ihr Selbstmitleid ankämpfen. Also konzentrierte sie sich auf das, was die Entführer taten.
Pete wandte sich zunächst an David. „Du hast ja eine halbe Ewigkeit gebraucht, um die Kratzbürste wieder einzufangen. Hast du dich da draußen verlaufen?“
„Diese Höhlen, in denen sie sich mit ihrer Freundin verkrochen hatte, sind ein verdammtes Labyrinth, Pete“, rechtfertigte sich David. „Ich hatte noch nicht mal ein Feuerzeug bei mir. Es ist ein Wunder, dass ich sie in dieser stockfinsteren Grotte überhaupt gefunden habe.“
„Ja, du konntest sie nicht sehen – und musstest stattdessen nach ihr tasten, nicht wahr? Und das hat dir bestimmt gefallen, denn die Kleine sieht ja nicht übel aus!“
Pete lachte gönnerhaft und klopfte David auf die Schulter, während er einen Blick in Kathys Richtung warf. Sie konnte deutlich spüren, wie angewidert David von Petes blödem Spruch war. Sie hoffte nur, dass der Undercover-Cop weiterhin die Beherrschung nicht verlor. Pete war in einer üblen Stimmung, das hatte er eben gerade wieder einmal bewiesen. Wenigstens schien Mr Hayes die neuerliche Aufregung einigermaßen verkraftet zu haben. Jedenfalls deutete nichts auf erneute Herzprobleme des Rentners hin.
„Ich habe Kathy zurückgebracht, so wie du es wolltest“, knurrte David. „Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Du hättest mir Jay nicht hinterherschicken müssen.“
„Willst du mir schon wieder sagen, was ich zu tun habe?“, blaffte Pete.
Kathy hielt den Atem an, als seine rechte Hand zum Pistolengriff zuckte. Doch in letzter Sekunde änderte der Anführer seine Meinung. Er hielt in der Bewegung inne und machte eine verächtliche Geste.
„Du gehst mir wirklich auf den Wecker, David. Ich bereue es schon, dass ich dich überhaupt mitgenommen habe. Kathy hat dir den Kopf verdreht, das ist doch völlig klar. Hast du schon vergessen, was für einen Stress wir vorhin mit Liza hatten?“ Er stieß David leicht an, wie um ihn zu ermahnen. „Weiber machen nur Ärger, schreib dir das gefälligst hinter die Ohren. Aber vielleicht wirst du ja durch die Aussicht auf eine Million Dollar wieder einigermaßen normal. Ich werde mal checken, ob ich die Busgesellschaft schon weichgekocht habe.“
Kathy fand es absurd, dass ausgerechnet ein Psychopath wie Pete von Normalität schwafelte. Andererseits war sie erleichtert, dass sein Groll gegen David nicht in besinnungsloser Gewalt endete, jedenfalls noch nicht. Die Pistole steckte weiterhin in Petes Hosenbund, die zweite Waffe befand sich in der Hand des athletischen Jay. Pete griff sich eines der Handys, die er zu Beginn der Entführung eingesammelt hatte, und tippte eine Nummer ein. Offenbar hatte er den Lautsprecher eingeschaltet. Jedenfalls konnte jeder im Bus den nun folgenden Wortwechsel problemlos mithören.
„Miller?“, rief er. „Ich rufe noch mal wegen dem Lösegeld an. Was machen unsere vier Millionen?“
„Hören Sie“, drang es aufgeregt aus dem kleinen Gerät. „Wir können nicht so schnell eine solche Summe an Bargeld aufbringen. Es ist Nacht, die Banken haben geschlossen.“
„Das weiß ich selber“, gab Pete genervt zurück. „Glauben Sie, ich bin bescheuert? Aber ich weiß auch, dass die Zentralbank von Nevada rund um die Uhr richtig viel Kohle herausrückt. Vor allem, wenn so ein seriöser Kunde wie Ihr Unternehmen dort aufschlägt. Es wäre doch eine verflucht schlechte Werbung für Ihre Firma, wenn die Passagiere in Ihren Bussen gekidnappt und umgelegt werden. Oder?“
„Wie geht es den Passagieren? Sind sie wohlauf?“, fragte der Angestellte der Busgesellschaft
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