Glutheißer Höllentrip
Stiefvater war keine hochrangige Persönlichkeit. Kathy fragte sich, ob sie sich gerade um Kopf und Kragen redete. Aber ihr verzweifelter Plan basierte darauf, dass auch die Cops draußen vor dem Bus etwas von ihrem Trick mitbekamen und sie irgendwie unterstützten. Wie das geschehen sollte, wusste sie allerdings nicht.
Sie suchte Blickkontakt mit David. Sein Gesicht war schweißnass. Auch einen Cop ließ es nicht kalt, wenn er unmittelbar mit dem Tod bedroht wurde. Aber sie glaubte in seinen Augen so etwas wie Respekt oder Anerkennung lesen zu können. Doch das war nicht wichtig, nicht in diesem Moment. Jetzt kam es nur darauf an, dass David und sie und alle anderen Geiseln überlebten.
Immerhin hatte sie Pete mit ihrer Notlüge aus dem Konzept gebracht. Der Anführer nagte an seiner Unterlippe. Kathy war sich sicher, dass er fieberhaft nachdachte. Sie konnte nur hoffen, dass das Ergebnis seiner Überlegungen für sie positiv war.
„Angenommen, ich glaube dir, Kathy“, sagte er schließlich. „Warum sollte ich diesen miesen Verräter David nicht umlegen?“
„Weil du deine Position damit schwächst, Pete“, gab sie schlau zurück. „Wenn du schon deine eigenen Leute erschießt, wird man dich für völlig durchgeknallt halten. Dann wird niemand mehr glauben, dass man ernsthaft mit dir verhandeln kann.“ Sie räusperte sich. „Mein Vater hat sehr großen Einfluss. Er kann sogar die amerikanische Regierung unter Druck setzen, dann tanzt alles nach deiner Pfeife.“
Pete nickte langsam. Kathy hoffte, dass sie bei ihm die richtigen Knöpfe gedrückt hatte. Sie hielt ihn für einen machtversessenen Psychopathen. Dass alle auf sein Kommando hörten, fand er richtig gut.
„Sehr großer Einfluss, hm? Ich muss nachdenken. Vorerst werde ich David wirklich nicht umlegen. Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.“
Der Psychopath lachte, als ob er einen besonders guten Witz gemacht hätte. Kathy verabscheute ihn aus tiefster Seele. Sie versuchte aber, es sich nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Mit der erfundenen Story über ihren Vater hatte sie sich weit aus dem Fenster gelehnt. Nun stand sie im Zentrum von Petes Aufmerksamkeit – was sie vorher krampfhaft zu vermeiden versucht hatte. Kathy erkannte, dass sie inzwischen an innerer Stärke gewonnen hatte. Das hoffte sie jedenfalls. Die Frage war nur, ob ihr das etwas nützen würde.
Im Moment war sie einfach nur erleichtert, weil David noch lebte. Er hatte ihr geholfen, nun konnte sie auch etwas für ihn tun. Und das war ein gutes Gefühl. Seit dem Kidnapping lebte Kathy von einem Augenblick zum nächsten. Sie schmiedete keine großen Zukunftspläne mehr. Stattdessen versuchte sie die jeweils nächsten paar Minuten zu überleben.
Pete hockte in sich zusammengesunken auf dem Fahrersitz. Die Beleuchtung des Armaturenbretts warf einen grünlichen Schimmer auf sein Gesicht, wodurch er noch Furcht einflößender wirkte. Kathy hätte einiges darum gegeben, seine Gedanken lesen zu können. Wirklich? Nein, eigentlich grauste es ihr vor der Welt in Petes Kopf. Entscheidender war die Frage, ob sie ihn wirklich austricksen konnte.
Im Bus herrschte angespannte Stille. Die Sekunden verstrichen quälend langsam. Laut der Digitaluhr über dem Fahrersitz waren nur sechs Minuten vergangen, doch der Zeitraum kam Kathy so vor wie eine halbe Ewigkeit.
Nun öffnete Pete wieder den Mund. „Okay, ich rufe jetzt noch mal die Busfritzen an. Mal sehen, was sie zu einer Aufstockung des Lösegelds sagen.“
Kathys Herz raste. Sie hätte sich so gern mit David ausgetauscht, aber das war natürlich unmöglich. Jedes Wort, das zwischen ihnen gesprochen wurde, würde Pete mitbekommen. Noch hatte er nicht kapiert, dass David ein Undercover-Cop war. Ob der Anführer etwas ahnte? Wollte er seine Opfer zappeln lassen, um sich an ihrer Unsicherheit und Ungewissheit hochzuziehen? Kathy traute es ihm jedenfalls zu. Wieso hatte Pete sich nicht noch einmal danach erkundigt, woher Davids Smartphone stammte? Würde er die Story von dem verrückten Höhlenforscher glauben? Kathy konnte nicht verhindern, dass ihr diese Fragen durch den Kopf spukten.
Doch zunächst lauschte sie aufgeregt dem Wortwechsel zwischen Pete und Mr Miller. Der Kidnapper-Boss hatte den Lautsprecher seines Handys wieder eingeschaltet.
„Was machen meine Moneten, Miller?“
„Es ist gut, dass Sie sich noch einmal melden“, tönte es aus dem kleinen Gerät. „Wir haben erst jetzt in Erfahrung bringen können, dass sich
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