Glutopfer. Thriller
träumen.«
»Das stimmt«, sagt Gibson.
»Dem Anschein nach wurden die Sachen also einfach dort hingeworfen«, fügt Sam hinzu, »aber bei der Geduld, die nötig war, um so was mit der Leiche anzustellen, denke ich, er hat sie genau so angeordnet, wie er sie haben will. Es sei denn … ich komme immer wieder auf das Wort
Gewohnheit
zurück.«
»Ich meinte nur«, setzt Michelle an.
»Was, wenn unser Mann Bestattungsunternehmer ist oder in einem Krematorium arbeitet?«
Gibson nickt.
»Das ist gut«, sagt er. »Das müssen wir überprüfen.«
»Tja, was er auch ist«, sagt Michelle, »ein Neuling ist er jedenfalls nicht, und vielleicht suchen Sie besser andere leerstehende Gebäude und Brandorte nach weiteren Leichen ab.«
8
Während Gibson und seine Deputys Ermittlungen über die jüngsten Brandfälle aus der Umgebung anstellen, sind Sam und Steve damit beschäftigt, Ben und Daniel zu befragen. Weil sie glauben, dass die Männer in vertrauter Umgebung entspannter sein werden, führen sie die Befragungen bei ihnen zu Hause durch.
Anders als Daniel, der in der Nähe von Bayshore wohnt, lebt Ben auf Pine Key, einer vorgelagerten Insel. Pine Key ist ein sieben Meilen langer Streifen Land im Golf von Mexiko, den ein Damm von einer Meile mit der Festlandstadt Bayshore verbindet, und wird in der Gegend wegen der vielen jüdischen Einwohner Neu-Jerusalem genannt. Die Insel misst an der breitesten Stelle nicht einmal eine Meile, Strandvillen säumen das Ufer sowohl an der Bucht- als auch an der Golfseite, und an jedem Ende liegt eine Feriensiedlung mit kleinem Geschäftsviertel voller Spezialitätenläden und Boutiquen.
Bens Strandhaus ist viel kleiner als die anderen Villen in der Umgebung, aber erheblich hübscher als alles, was auf dem Festland steht. Es ruht mit direktem Meerblick auf Pfählen, der Stellplatz für den Wagen ist im Erdgeschoss, Wohnzimmer, Küche, Arbeitszimmer und Gästezimmer liegen im ersten Stock, und im zweiten befindet sich die Mastersuite.
Bens Frau Rachel öffnet die Tür und führt die beiden Polizisten in Bens Arbeitszimmer. Sie ist sichtlich jünger als Ben, vielleicht knapp zehn Jahre, hat schwarze Haare und Augen und einen dunklen Teint.
»Möchten Sie Kaffee oder Tee?«
Beide lehnen ab.
»Benjamin kommt gleich runter. Das ist alles sehr schwierig für ihn.«
Als sie hinausgeht und die Tür schließt, schüttelt Steve den Kopf.
»Für den Typen, der da gebraten wurde, war es auch ziemlich hart.«
An einer Wand des Arbeitszimmers reichen Einbauregale mit fast ausschließlich ledergebundenen Büchern vom Boden bis zur Decke. Davor steht ein großer Schreibtisch aus Kirschholz, von dem sich durch das Tafelglasfenster ein malerischer Blick auf Pine Bay und Bayshore in dunstiger Ferne bietet.
»Was macht dieser Typ?«, fragt Steve.
»Dokumentarfilme.«
»Für Steven Spielberg, oder was? Verdammt, der hat doch garantiert Geld von seiner Familie. Scheiß-Juden. Die haben doch alle –«
Sam ist fassungslos und wütend und will etwas sagen, hält aber inne, als sich die Tür zum Arbeitszimmer öffnet.
»Was haben wir alle?«, fragt Ben. »Geld von der Familie? Also, ich nicht. Ich habe bei null angefangen. Bei weniger als null.«
»Warten Sie im Wagen auf mich, Detective«, sagt Sam.
»Was?«, sagt Steve. »Ich meinte nur …«
»Sofort«, sagt Sam.
Steve wird rot, offensichtlich vor Wut und Beschämung gleichermaßen. Er schüttelt den Kopf und stürmt türenschlagend aus dem Zimmer.
»Es tut mir sehr leid. Der Sheriff hat ihn eben erst zu meiner Unterstützung abgestellt. Ich hatte keine Ahnung, dass er Antisemit ist.«
»Setzen Sie sich«, sagt Ben. »Was kann ich für Sie tun?«
Er setzt sich hinter den Schreibtisch und signalisiert, dass sie auf einem der Stühle davor Platz nehmen soll.
Es beunruhigt sie, dass er kaum schockiert oder verletzt wirkt, als hätte er von Polizisten nichts anderes erwartet.
»Was Detective Phillips gesagt hat, spiegelt nicht meine –«
»Vergessen Sie’s«, sagt er. »Das ist sehr verbreitet.«
»In meiner Welt nicht«, sagt sie. »Und ich wollte –«
»Woher kommen Sie?«
»Na ja, von hier, aber ich lebe in Miami.«
Er nickt.
»Miami ist toll«, sagt er.
Sie reden kurz über Südflorida und kommen dann zum eigentlichen Grund ihres Besuchs.
»Wie oft joggen Sie und Daniel entlang der Gleise?«
»Daniel macht das mehr oder weniger täglich«, sagt er. »Ich laufe ein paar Mal pro Woche mit.«
»Sind Sie schon mal bis zum
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