Glutopfer. Thriller
Gerüchen immer nach?«
Er nickt, unterdrückt ein Lächeln.
»Das ist ein Hobby von mir.«
Daraufhin muss Sam einfach lachen.
»Glaubst du, die Sache hat etwas Rituelles?«
Er nickt.
»Fällt dir was dazu ein?«
»Dies und das. Es ist definitiv was Rituelles – der Akt an sich, das Feuer, dass er ein paar Sachen weggenommen hat, dass er irgendwas in diesem Hochstand wollte.«
»Warum trennt er einen Körperteil ab und nimmt ihn mit da rauf?«
»Ich weiß nicht, aber es gibt einen Grund. Wenn das nur ein Souvenir für ihn wäre, hätte er es mitgenommen. Lass mich darüber nachdenken. Es ist wichtig. Wir finden heraus, warum er so etwas tut, wir werden ihn finden.«
»Wir?«
»Dann ist da noch die Leiche.«
»Ja?«
»Er raubt ihnen nicht nur ihr Leben, sondern ihre Identität – er vernichtet sie, löscht sie vollständig aus, so, als wären sie nie geboren.«
Sie will gerade etwas erwidern, als ihr Handy klingelt.
»Tut mir leid«, sagt sie, »aber da muss ich rangehen.«
»Kein Problem.«
Sie klappt das Handy auf, erhebt sich und geht zum Fenster.
»Agent Michaels.«
»Samantha, hier ist Tweeta. Ich hab die Sachen für dich.«
Durch das Fenster sieht sie, dass der Fluss wenig Wasser führt und dass an seinen Rändern große Teile der stämmigen Zypressenfüße zu sehen sind.
Der Dead River ist nach den vielen geköpften Zypressen benannt und windet sich durch Pine County, bevor er sein Süßwasser in die Bucht ergießt.
»Wie kompliziert ist es?«, fragt Sam. »Kann sein, dass ich dich zurückrufen muss.«
Als ihre Freundin etwas dazu sagt, meldet Sams Handy piepsend einen weiteren Anruf und übertönt so Tweetas Antwort.
»Hey«, sagt sie. »Ich rufe dich gleich zurück. Ich habe hier noch einen Anruf.«
»Klar, Schätzchen.«
Sie drückt ein paar Tasten und hört den schweren Atem von Preacher Gibson.
»Wir haben noch eine«, sagt er. »In einem Feld, nicht weit von Louisiana Landing. Gleich um die Ecke von dort, wo Sie gerade sind.«
10
Weil das schwarze Feld auf allen Seiten dicht von Kiefern umstanden ist, sieht man es erst, wenn man zwischen den Bäumen hindurchgeht. Wäre die Fläche nicht so groß, könnte man fast von einer Lichtung sprechen, statt von einem Feld. Sam hat ihren Wagen an der unbefestigten Straße gleich hinter dem des Sheriffs geparkt, ist etwa dreißig Meter zu Fuß gegangen und betritt den verkohlten Boden, als die Sonne gerade hinter den Spitzen der hohen Kiefern am Horizont versinkt.
Während sie eilig über das Feld geht und bei jedem Schritt winzige Wölkchen aus Asche und Rauch aufwirbelt, begreift sie, dass es nicht mehr lange hell sein wird. Als sie sich der Mitte der Weide nähert, sieht sie Gibson und einen seiner Deputys bei den Resten einer verlassenen alten Scheune stehen, die die Erde längst zu sich herabgezogen hat.
Das Feld ist fast vollständig verbrannt, aber der Haufen aus unbehandeltem Holz und Wellblech ist offenbar nicht einmal angesengt.
»Was haben wir?«, fragt sie.
»Noch eine«, sagt Preacher.
Er geht fast ganz um das eingestürzte Dach herum, und sie folgt ihm. Auf der anderen Seite ragt zwischen verrosteten Blechen und morschen Brettern eine alte weiße Porzellanbadewanne mit Klauenfüßen aus Metall hervor, in der die teils verbrannten und stark verwesten Überreste eines männlichen Erwachsenen liegen.
»Wie haben Sie die gefunden?«, fragt sie.
»War in der Nähe und hab’s gerochen. Hab nur ein paar Bretter rausgezogen, um drunterzusehen, und da lag sie dann.«
»Das ist Greg Carr«, sagt Gibson.
»Wieso waren Sie denn hier draußen?«
»Weil’s der Sheriff gesagt hat.«
»Ja, ich hab gehört, dass das Feld neulich gebrannt hat – vom Blitz, glaube ich, der Regen hat es nämlich ziemlich schnell gelöscht. Aber für den Fall, dass ich mich irre, hab ich Greg gesagt, er soll mal nachsehen.«
Sam nickt und überlegt.
»Spurensicherung ist unterwegs«, fügt Gibson hinzu.
»Das war eine Scheune, stimmt’s?«, sagt Greg. »Kein Haus. Was macht dann die Badewanne hier draußen?«
»Futtertrog«, sagt Sam.
Gibson lächelt.
»Sie sind aus der Gegend, hm?«
»Viele Farmer nutzen alte Badewannen als Futtertröge«, erklärt sie Greg. »Die sind stabil und rosten nicht.«
Der Mann in der Wanne ist nur zum Teil verbrannt, nicht so vollständig verzehrt wie das Opfer im Eisenbahndepot, und obwohl die Verwesung schon stark fortgeschritten ist, nimmt sein Körper durch das Versteifen der Muskulatur eine klassische
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