Glutopfer. Thriller
farblich verändert oder größer wird, schickt sie sofort einen Funkspruch los, und wenn nicht, wird sie sich hüten, die Zeit anderer Leute zu verschwenden.
Das Feuer zeigt keine Veränderung, während sie es beobachtet. Das ist ein kontrollierter Brand, denkt sie. Trotzdem ist er ziemlich heftig, und sie hat Gerüchte von einem Typen gehört, der in der Gegend Leichen verbrennt. Einen Funkspruch muss sie nicht losschicken, aber vielleicht sollte sie die Polizei rufen?
Der Anblick seiner Opfergabe, die auf dem Altar von Flammen verzehrt wird, ist viel befriedigender, als er sich je hätte träumen lassen. Das ist Vollkommenheit.
Der Herr sein Gott wusste, was er tat, als er ihn anwies, diesen Altar zu erbauen – natürlich wusste er das. Er ist die Ewige Flamme. Die Opfergabe brennt sehr viel besser und wird sehr viel schneller verzehrt, weil das Feuer heißer und größer ist.
Nimm mein Opfer an, oh Herr. Lass seinen Rauch ein Wohlgeruch sein vor deiner Heiligkeit. Ich bringe es mit sauberen Händen und reinem Herzen dar. Läutere mich, deinen Hohepriester, bereite mich vor auf das Werk, zu dem du mich berufen, auf die Mission, für die du mein Herz entflammt und das Feuer meiner Liebe und Hingabe entzündet hast.
30
Als Sam und Daniel den Tatort erreichen, sind schon Leute von der Division of Forestry und dem Bayshore Volunteer Fire Department da und haben ihre großen Pick-ups am Rand der unbefestigten Straße neben den Fahrzeugen der Polizei, des Deputy und der Highway Patrol sowie zwei Krankenwagen abgestellt.
Die Ereignisse überschlagen sich, alles geht schneller, als sie es verarbeiten kann. Sie hatte gerade mit Michelle telefoniert, als ein weiterer Anruf kam.
»Agent Michaels«, hatte sie gesagt, während Michelle in der Warteschleife war.
»Wir haben wieder eine«, hatte Tom Pippin, ein Polizeibeamter aus Bayshore, erklärt. »Und Sheriff Gibson wird vermisst.«
Nun geht Sam zwischen den Fahrzeugen hindurch, bückt sich, um das Absperrband zu passieren, das um die Bäume am Rand des Grundstücks geschlungen ist, und betritt das Feld, während Daniel zurückbleiben muss, bis sie weiß, was sie hat. Sie kann nicht klar denken, wenn es um ihn geht, und ist vielleicht übervorsichtig, aber sie will ihn genauso behandeln wie jeden anderen Berater auch.
Viele Leute, hauptsächlich Männer in Uniform, stehen in sechs, sieben Metern Entfernung vor einer verbrannten Leiche, die anscheinend auf einer Art Altar liegt, und daneben sind gerade zwei Fernsehteams und ein Zeitungsreporter dabei, zu filmen und zu fotografieren.
Alle warten einfach ab, weil sie nicht wissen, was in Abwesenheit von Preacher, Steve oder Sam zu tun ist. Der grauenhafte Anblick hat sie sichtlich sprachlos gemacht.
»Was zum Teufel ist hier los?«, fragt sie.
Niemand sagt etwas.
Weil die ganze Gegend nach Rauch, verkohltem Holz und verbranntem Fleisch riecht, versucht sie, durch den Mund zu atmen und nicht daran zu denken, was den beißenden Gestank verursacht hat.
Sie kann nicht fassen, dass Preacher vermisst wird. Nun hat sie vollends das Gefühl, wehrlos, allein und dieser Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Am liebsten würde sie weinen – sich einfach hier hinsetzen und weinen, aber das geht nicht. Sie kann nur beten, dass mit Preacher alles in Ordnung ist, und ihre Arbeit machen. Für alles andere ist keine Zeit. Sie leitet die Ermittlung. Gefühlsreaktionen haben zu warten, und tränenreiche Zusammenbrüche muss sie sich für eine passendere Gelegenheit aufheben. Eins nach dem anderen. Nimm die Sache in die Hand. Bearbeite den Fall. Sonst ist vorläufig nichts zu tun.
»Wer war zuerst am Tatort?«, fragt sie.
Ein Streifenpolizist Mitte vierzig aus Bayshore hebt die Hand.
»Alle anderen hinter die Absperrung«, sagt sie. »Und wenn Sie nur aus Neugier hier sind, gehen Sie jetzt. Sie und Sie da«, fügt sie hinzu und zeigt auf zwei Deputys aus Pine County, »Sie sorgen dafür, dass alle hinter der Linie bleiben – das gilt auch für die Medien.«
Langsam zerstreut sich die Menge, Sam dreht sich um und geht auf die Leiche zu, während der Polizist mit ihr Schritt zu halten versucht.
»Was können Sie mir sagen?«, fragt sie.
Er will antworten, doch sie unterbricht.
»Haben Sie auch einen Namen?«
»Adam Whitten, Ma’am.«
»Was können Sie mir sagen, Adam?«
»Jemand auf einem Feuerwachturm hat den Rauch gesehen. Meinte nicht, dass es ein Flächenbrand ist. Hatte Gerüchte gehört, dass hier einer Leichen
Weitere Kostenlose Bücher