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Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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– der Klang ihrer Stimme, ihr Duft. Sie war eine gute Mutter, sie war sanft, ohne schwach oder nachgiebig zu sein. Außerdem spielte sie in einer vollkommen anderen Liga … oder etwa nicht? Inzwischen wollte Henry sich keine Hoffnungen mehr machen. In Bezug auf Frauen hatte sich das alte Vorurteil als wahr erwiesen. Die meisten standen tatsächlich auf Machos.
    Im Sportstudio lief er fünf Kilometer unter fünfundzwanzig Minuten, bevor er sich ans Krafttraining machte. Die anderen Anwesenden waren Mitte zwanzig und so muskulös und kräftig, wie es nur junge Männer sind. Henry war fit und konnte sein Hemd ausziehen, ohne sich schämen zu müssen, aber immer noch fühlte er sich wie der kleine Hänfling von früher, den Hänseleien der anderen ausgeliefert. Er fragte sich, ob andere Betroffene die höhnischen Bemerkungen vergessen konnten. Wenn ihm damals jemand gesagt hätte, er würde die Sticheleien selbst als über Vierzigjähriger noch spüren, hätte er kein Wort geglaubt. Vielleicht wäre es anders gekommen, wenn er The Hollows verlassen hätte. Oder nur die Hollows High. Vielleicht hätte er dann ein Leben, in dem die Vergangenheit eine kleinere Rolle spielte.
    Auf dem Nachhauseweg rief er Maggie Cooper an, seine alte Schulfreundin und ahnungslose Liebe seines Lebens.
    »Ich hatte heute einige Dinge mit Willow Graves zu klären«, sagte er. Bethany Graves hatte Henry gebeten, die Therapeutin anzurufen und über das Gespräch zu informieren, bevor Willow ihre nächste Sitzung hatte.
    »Wirklich?«, fragte Maggie. »Hier macht sie sich großartig. Ich habe wirklich den Eindruck, wir machen Fortschritte.«
    Henry schilderte Maggie, was in den letzten Tagen vorgefallen war – Willows Konflikt mit Mr. Vance, das Schulschwänzen, der Ausflug in den Wald.
    »Ich werde morgen mit ihr sprechen«, sagte sie.
    »Außerdem sieht es danach aus, als säße Jones wieder im Sattel«, fuhr Henry fort. »Im übertragenen Sinne natürlich.«
    »Was soll das heißen?«
    Henry hielt inne. Sie musste davon wissen. Hatte er sich verplappert?
    »Ah, du meinst diesen alten Fall?«, sagte sie dann. »Marla Holt. Er ist ganz aufgeregt deswegen. Ich glaube, das wird ihm guttun.«
    Henry hielt vor seiner Garage. Über dem Tor hing der Basketballkorb, auf den er als Kind schon gezielt hatte. Er hatte das Brett vor Kurzem lackiert und ein neues Netz angebracht. Er spielte schon lange nicht mehr, brachte es aber nicht übers Herz, sich von dem Korb zu trennen.
    »Er war in der Schule, um sich umzuhören, und dann hat er uns bei der Suche nach ein paar Jugendlichen geholfen, wie in guten, alten Zeiten.«
    »Hmm«, machte Maggie. Es klang, als habe sie gerade an einem Getränk genippt. »Wann war das?«
    »Heute Nachmittag, so gegen fünf.«
    »Hmm«, machte sie noch einmal, nur dass es diesmal ganz anders klang.
    »Was ist denn?«, fragte er.
    »Ach, nichts. Ich dachte nur, er hätte heute Nachmittag einen anderen Termin wahrgenommen.«
    »Oh-oh«, sagte Henry, »ich habe hoffentlich nichts Falsches gesagt?«
    Er erwartete ein Lachen, aber Maggie schwieg.
    »Nein«, sagte sie, »ist schon in Ordnung.«
    Jones und Maggie waren seit über zwanzig Jahren verheiratet und hatten auch stürmische Zeiten durchgemacht. Dennoch waren sie eins jener Paare, die sich offensichtlich so nahestehen, so verliebt sind, so treu, dass Henry sich den einen nicht ohne den anderen vorstellen konnte, auch wenn er sich gewissermaßen schuldig gemacht und sich in der Vergangenheit etwas anderes gewünscht hatte.
    Maggie wechselte das Thema.
    »Kanntest du Marla Holt?«
    »Flüchtig«, antwortete er. »Wir waren Nachbarn. Wir waren ein paar Mal zusammen joggen.«
    Im selben Moment wurde Henry klar, dass er seine Freundin angerufen hatte, um genau darüber zu reden, darüber, dass ihm die Sache damals mehr bedeutet hatte. Er wollte es Maggie erzählen und ihre Meinung hören. Aber er brachte kein Wort heraus. Bald tauschten sie die üblichen Höflichkeiten aus und beschlossen, gegen Ende der Woche am gewohnten Ort einen Kaffee zu trinken. Dann legte Henry auf und blieb noch lange im Auto vor der Garage sitzen, während seine Gedanken auf Reisen gingen.
    Jones hatte es bis zur zweiten Lichtung geschafft. Es gab dort nichts zu sehen, deswegen machte er kehrt und trat den Rückweg an. Den Lichtkegel seiner Taschenlampe hielt er auf den Boden vor sich gerichtet. Der Himmel war schwarz, scheinbar hatte die ganze Welt den Atem angehalten. Jones hörte keine Vögel mehr

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