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Gnade

Gnade

Titel: Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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Kopf, um nach den Verfolgern Ausschau zu halten. »Ich sehe noch keinen Scheinwerfer«, berichtete sie. Ihre Erleichterung war deutlich hörbar. »Vielleicht folgen sie uns gar nicht und lassen uns in Ruhe.«
    Als sie sich erneut umdrehen wollte, hielt Theo sie zurück. »Ich glaube nicht, dass sie aufgeben. Hast du das Riesengewehr gesehen? Sie sind bis an die Zähne bewaffnet. Sie weiden uns jagen und gewiss nicht kampflos aufgeben. Wir müssen unbedingt ein Telefon erreichen und Hilfe rufen. Zeig mir den kürzesten Weg in den Ort.«
    »Der Bayou hat die Form einer Acht«, erklärte sie. »Wenn du dich vom Steg aus Richtung Süden gehalten hättest, wären wir nach der großen Biegung am Schwan vorbeigekommen. Wir müssen auf jeden Fall zurück.«
    »Dann würden wir ihnen direkt in die Arme laufen.«
    »Ich weiß«, flüsterte sie heiser. Sie hatte die ganze Zeit über leise gesprochen, aber ihre Kehle fühlte sich rau an. »Von dieser Schleife gehen mindestens zwanzig Seitenarme ab, und manche von ihnen sind Sackgassen«, warnte sie. »Einige führen zurück zum Hauptarm. Wenn sie die kennen, könnten sie uns überholen und uns den Weg abschneiden.«
    »Dann fahren wir langsamer, und wenn wir ihr Licht sehen, fahren wir in einen dieser Seitenkanäle und verstecken uns, bis es hell wird.« Sie passierten eine weitere Biegung. »Wohin jetzt?«, fragte Theo.
    »Ich weiß nicht genau. Nachts sieht alles ganz anders aus. Ich glaube, der hier führt zur eigentlichen Schleife zurück.«
    »Okay, dann fahren wir nach links«, sagte er und steuerte das Boot in diese Richtung.
    »Theo, ich könnte mich auch irren.«
    Michelle hörte in der Ferne den Motor eines Bootes. Als sie einen weiteren Baumstamm umrundeten, wurde das Geräusch lauter. Theo hatte das Knattern ebenfalls vernommen. Er sah einen schmalen Kanal vor sich, verlangsamte die Geschwindigkeit und bog ab. Hier hingen moosige Äste fast bis ins Wasser. Er schob sie beiseite, damit sie ungehindert durchfahren konnten. Nach der nächsten Biegung erkannte er, wie schmal der Kanal wurde, und schaltete den Motor aus.
    Michelle knipste die Taschenlampe an. Sie kauerten dicht beieinander und horchten. Es war stockfinster. Der Regen hatte nachgelassen, und jetzt nieselte es nur noch ein wenig.
    Der Sumpf pulsierte geradezu vor Leben. Theo vernahm, wie hinter ihnen etwas ins Wasser platschte. Doch dann hörten die Ochsenfrösche mit einem Mal auf zu quaken, und auch die Grillen verstummten. Aber da rührte sich etwas. Was zum Teufel war das? Irgendetwas streifte das Boot. Theo vermutete, dass es sich um einen treibenden Baumstamm handelte, war aber keineswegs sicher. Das Boot schaukelte sanft, dann blieb es wieder ruhig liegen.
    Michelle griff nach hinten und drückte einen Hebel hinunter. Dann bat sie Theo leise, ihr zu helfen, den Motor aus dem Wasser zu heben. »In diesem Kanal könnte sich die Schraube in den Schlamm drehen. An manchen Stellen ist das Wasser nämlich sehr flach.« Das Boot wurde erneut angestoßen. »Da sind sie«, wisperte Michelle.
    Beide beobachteten, wie der Scheinwerfer des anderen Motorbootes das Dickicht abtastete. Der Lichtkegel erreichte sie jedoch nicht. Michelle atmete tief durch. Eine Hürde hatten sie genommen, und dafür schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel. Aber noch waren sie nicht außer Gefahr. Theo hatte Recht – sie mussten sich verstecken, bis der Tag anbrach, und dann Hilfe holen.
    Das Motorengeräusch wurde leiser. Offenbar hatten ihre Verfolger abgedreht. Michelle nahm an, dass sie die ganze Gegend durchforsteten.
    Theo dachte derweil fieberhaft nach. Waren ihre Gegner Profikiller? Wenn ja, wer hatte sie geschickt? Konnte das Verbrechersyndikat ihm bis nach Louisiana gefolgt sein? Rächten sich die Leute für seinen Beitrag an der Verurteilung ihrer Anführer? Und brachte seine Anwesenheit in Bowen Michelle in Gefahr?
    Michelle hörte über sich einen Zweig brechen. Sie schaute hoch, und gleich darauf fühlte sie, wie etwas auf ihren linken Fuß fiel. Sie musste ihre ganze Willenskraft aufwenden, um nicht laut zu schreien. Was immer auf sie gestürzt war, es glitt langsam auf ihrem Bein nach oben. Sie erstarrte, umklammerte mit einer Hand die Taschenlampe und legte den Finger an den Schalter.
    »Theo, nimm das Ruder«, flüsterte sie und bemühte sich, keinen Muskel zu bewegen. »Wenn ich das Licht anknipse, musst du sie aus dem Boot schlagen, okay?«
    Er verstand überhaupt nichts. Wer war sie? Wovon redete Michelle? Aber

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