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Gnade

Gnade

Titel: Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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Mann gerade wirklich gesehen, oder war es nur Einbildung gewesen? Donner grollte, dann flammte erneut ein Blitz auf, und Theo erblickte den Mann zum zweiten Mal. Er kauerte neben der Platane.
    Dann bemerkte er die Waffe. Bevor der Schuss durch die Luft peitschte, war Theo bereits zurückgewichen. Die Kugel zertrümmerte die Fensterscheibe. Ein Schmerz zuckte durch seinen Oberarm, und Theo war davon überzeugt, dass die Kugel ihn erwischt hatte. Er stürzte zum Bett und packte Michelle. Sie fuhr in die Höhe, und Theo rollte mit ihr auf den Boden. Er versuchte, ihren Kopf zu schützen, damit sie sich bei dem Sturz nicht verletzte. Als er auf die Füße sprang und in der Eile die Nachttischlampe umstieß, loderte der Schmerz in seinem Arm erneut auf.
    »Theo, was …«
    »Bleib auf dem Boden!«, befahl er. »Und mach auf keinen Fall Licht!«
    Michelle bemühte sich zu verstehen, was eigentlich vor sich ging. »Hat der Blitz ins Haus eingeschlagen?«
    »Das war ein Schuss. Jemand hat durchs Fenster auf mich geschossen!«
    Er war bis ins Mark erschüttert. Wenn er zugelassen hätte, dass Michelle das Fenster schloss, wäre sie womöglich getötet worden! Und es war reiner Zufall gewesen, dass er exakt in dem Augenblick nach draußen geschaut hatte, als der Blitz aufleuchtete.
    Während er ins Gästezimmer rannte, rief er: »Ruf die Polizei und zieh dich an. Wir müssen hier raus!«
    Michelle hatte bereits nach dem Telefon gegriffen und wählte. Sie drückte den Hörer ans Ohr und bemerkte sofort, dass die Leitung tot war. Sie warf das Telefon auf den Boden, schnappte sich ihre Kleider und lief in den Flur.
    »Die Leitung ist tot!«, rief sie. »Theo, was ist denn los?«
    »Zieh dich an«, wiederholte er. »Schnell!«
    Er hielt seinen Revolver in der Hand und presste sich gegen die Wand neben dem Flurfenster. Diesmal würde er dem Mistkerl da draußen kein leichtes Ziel bieten. Er schob den Vorhang mit dem Revolverlauf ein kleines Stück beiseite und spähte in die Dunkelheit. Gerade als der Himmel all seine Schleusen öffnete und der Regen niederprasselte, ertönte ein zweiter Schuss. Unmittelbar nachdem die Kugel abgefeuert worden war, sah Theo das rote Mündungsfeuer. Er zuckte zurück und spitzte die Ohren, um jedes auch noch so leise Geräusch wahrzunehmen. Er betete um einen weiteren Blitz, damit er sehen konnte, ob noch weitere Personen draußen im Garten lauerten.
    Theo hoffte inständig, dass es sich nur um einen einzigen Eindringling handelte. Wenn er gut zielte, würde er den Bastard vielleicht erwischen. Er hatte noch keinen einzigen Schuss außerhalb des Übungsplatzes abgegeben, geschweige denn jemanden getötet, aber er hatte keinerlei Hemmungen, diesen Kerl da draußen abzuknallen.
    Die Sekunden verstrichen. Ein weiterer Blitz zerriss den Himmel, und einen Herzschlag lang war es draußen hell wie am Tag.
    »Zur Hölle!«, knurrte Theo, als er eine zweite Gestalt über die Straße huschen sah.
    Michelle war mittlerweile ins Bad geschlichen und zog sich im trüben Schein der Wandlampe, die im Flur brannte, an. Sie schob ihre Füße gerade in die Tennisschuhe, als die Lampe plötzlich ausging. Michelle rannte in ihr Schlafzimmer und sah, dass auch die Ziffern ihres Radioweckers erloschen waren. Entweder hatte ein Blitz die Stromleitung getroffen, oder jemand hatte das Kabel gekappt, das zum Haus führte. Sie hielt die zweite Möglichkeit für wahrscheinlicher.
    Es war so dunkel, dass sie kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Der Wäscheschrank befand sich gleich neben der Tür zum Gästezimmer. Sie tastete nach dem Türgriff und suchte im obersten Regal nach ihrer Taschenlampe. Dabei riss sie eine Flasche mit medizinischem Alkohol und eine Schachtel mit Heftpflaster herunter. Die Flasche landete auf ihrem Fuß. Sie kickte sie gegen die Wand, damit sie nicht im Weg lag, fand schließlich die Taschenlampe und schloss die Schranktür. Die Heftpflaster waren auf dem Boden verstreut. »Die Telefonleitung ist tot und der Strom ausgefallen. Theo, was geht hier eigentlich vor? Wo bist du?«
    »Im Gästezimmer. Im Vorgarten sind zwei Männer. Einer hockt neben der Platane und rührt sich nicht. Ich muss über Handy Hilfe holen. Wo ist es bloß?«
    Michelle traute sich nicht, die Taschenlampe anzuknipsen, weil die Vorhänge offen standen, also tastete sie blind nach der Kommode.
    »Wo hattest du es denn zuletzt?«, fragte sie. Dann hörte sie in der Ferne einen Motor brummen. Sie lief zu dem Fenster, das nach hinten

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