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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Gedanken zu klammern, daß wir bei der Rettung von Entführungsopfern sehr gute Ergebnisse verzeichnen können und daß alles Menschenmögliche getan wird. Jetzt schlage ich vor, daß Sie versuchen, ein paar Stunden zu schlafen.« »Schlafen?« Steve sah ihn ungläubig an.
    »Dann ruhen Sie etwas. Gehen Sie in Ihr Zimmer hinauf und legen Sie sich hin. Wir werden hierbleiben und Sie rufen, sobald wir Sie brauchen. Wenn das Telefon läutet, nehmen Sie ab.
    Die Leitung ist jetzt angezapft. Aber ich glaube nicht, daß Sie heute nacht noch einmal von dem Entführer hören werden.«
    »Gut.« Erschöpft verließ Steve das Eßzimmer. In der Küche holte er sich noch ein Glas Wasser, bedauerte aber gleich darauf, noch einmal in die Küche gegangen zu sein. Auf dem Küchentisch standen, jetzt mit schwarzem Pulver verschmiert, der Kakaobecher und das Sherryglas.
    Sharon. Noch vor wenigen Stunden war sie zusammen mit Neil in diesem Haus gewesen.
    Wie sehr er sich wünschte, Neil möge ihr vertrauen und sie liebgewinnen, war ihm erst im Lauf der vergangenen drei Wochen klargeworden, als Sharon verreist war und er sie so schrecklich vermißte.
    Still verließ er die Küche, durchquerte die Halle und ging in den ersten Stock hinauf. Im Flur, der zum großen Schlafzimmer führte, kam er an Neils Zimmer und am Gästezimmer vorbei. Über sich im zweiten Stock hörte er die Lufts rumoren. Offensichtlich konnten auch sie nicht schlafen.
    Er machte Licht in seinem Schlafzimmer und blieb versonnen an der Tür stehen. Nach Ninas Tod hatte er den Raum neu einrichten lassen. In den antiken weißen Möbeln, die sie so geliebt hatte, fühlte er sich nicht mehr wohl. Er hatte das Doppelbett durch ein großes Einzelbett mit einem Messingrahmen ersetzt und für die Dekoration eine braunweiße Farbzusammenstellung gewählt. So sähe ein richtiges Herrenschlafzimmer aus, hatte man ihm im Geschäft versichert.
    Besonders gefallen hatte es ihm nie. Es war einsam, kahl und unpersönlich wie ein Zimmer in einem Motel. Das ganze Haus war so. Sie hatten es damals gekauft, weil sie ein Grundstück an der Küste haben wollten. Nina hatte gesagt: »Aus dem Haus läßt sich etwas machen.
    Wart’s ab. Laß mir sechs Monate Zeit.« Sie hatte nur ganze zwei Wochen gehabt.

    Als er Sharon das letzte Mal in ihrer Wohnung besuchte, hatte er geträumt, mit ihr gemeinsam dieses Haus neu einzurichten. Sie verstand es, ein Heim schön, erholsam und gemütlich zu machen. Es lag an den Farben, die sie verwendete, und daran, daß sie die Zimmer nicht voll stopfte. Und es lag an ihrer Gegenwart.
    Er zog seine Schuhe aus und ließ sich quer über das Bett fallen. Da es kühl im Zimmer war, griff er nach der zusammengefalteten Überdecke und deckte sich zu. Dann tastete er nach dem Deckenlichtschalter und löschte das Licht.
    Im Zimmer herrschte nun völlige Dunkelheit. Draußen schlug der Wind die Zweige der Hartriegelbäume gegen das Haus.
    Der graupelige Schnee prasselte leise gegen die Fensterscheiben.
    Steve sank in einen leichten, unruhigen Schlaf und begann zu träumen. Sharon. Neil… Er wollte ihnen zu Hilfe kommen, lief durch dichten Nebel, durch einen langen Gang, an dessen Ende ein Zimmer lag. Er versuchte, das Zimmer zu erreichen. Er mußte unbedingt in das Zimmer hinein.
    Er erreichte die Tür und stieß sie auf. Der Nebel lichtete sich. Alles war klar.
    Neil und Sharon lagen auf dem Boden, jeder mit einem zu einem Knoten geschlungenen Schal um den Hals. Mit irisierenden Kreidestrichen waren die Umrisse ihrer Körper auf den Boden gezeichnet.
21
    Es war viel zu gefährlich, am späten Abend allein von den Mount-Vernon-Gleisen heraufzukommen. Die Aufseher im unteren Bahnhof hatten einen Blick für derartige Dinge.
    Deshalb verließ er Sharon und den Jungen zwei Minuten vor elf; denn um Punkt elf fuhr ein Zug in den Bahnhof ein, und er konnte mit den acht oder zehn Personen, die den Zug verließen, über die Rampe und die Treppe hinaufgehen.
    Er hielt sich an eine Dreiergruppe, die dem Ausgang Vanderbilt Avenue zustrebte. Für einen Beobachter war er lediglich einer aus einer Gruppe von vieren. Als sich die anderen auf der Vanderbilt Avenue nach links wandten, trennte er sich unauffällig von ihnen und ging nach rechts, warf einen Blick über die Straße und hielt jäh inne. Ein Abschleppwagen der Polizei. Einem schäbigen braunen Chevrolet wurden klirrende Ketten angelegt. Sie schleppten den Wagen ab!
    Außerordentlich vergnügt machte er sich auf den Weg in

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