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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Verdrossen schaute er ihnen beim Essen zu. Er trank seinen Kaffee, ohne etwas davon zu schmecken. Die beiden anderen aßen ein Brötchen und tranken den Kaffee und die Milch.
    Er hatte seinen Mantel nicht ausgezogen, denn es war kalt hier drin, und er wollte auf keinen. Fall seinen neuen Anzug beschmutzen. Er räumte die Apfelsinenkiste ab und legte die Tüte mit den restlichen Brötchen auf den Boden. Dann setzte er sich auf die Kiste und starrte vor sich hin.
    Als sie fertig gegessen hatten, zog Sharon Neil auf ihren Schoß. Der Junge atmete unnatürlich laut - ein Geräusch, das Foxy reizte und an seinen Nerven zerrte. Sharon würdigte ihn keines Blicks, sie strich nur andauernd dem Jungen über den Rücken und redete ihm leise zu, er solle versuchen zu schlafen. Foxy beobachtete, wie sie Neil auf die Stirn küßte und seinen Kopf gegen ihre Schulter drückte.
    Sie war ein liebevolles Mädchen, dachte Foxy, und wahrscheinlich wollte sie einfach nur nett sein zu dem Jungen. Vielleicht sollte er den Jungen doch gleich aus dem Weg schaffen, damit sie schon jetzt genauso nett zu ihm sein konnte. Als er sich vorstellte, auf welche Weise Sharon nett zu ihm sein könnte, veränderte sich der Ausdruck in seinen Augen, und ein kleines Lächeln spielte um seinen Mund. Die Vorfreude erfüllte ihn mit angenehmer Wärme.
    Er bemerkte, daß Sharon ihn beobachtete, daß sich ihre Arme fester um das Kind schlossen.
    Ihn sollte sie mit diesen Armen umfangen! Er machte Anstalten, sich zu erheben und zum Bett zu gehen.
    Da stieß sein Fuß gegen den Recorder. Der Recorder! Peterson hatte eine Kassette verlangt.
    Noch war es zu früh, sich des Jungen zu entledigen. Enttäuscht und verärgert setzte er sich wieder hin. »Du sprichst jetzt etwas für Peterson auf Band«, sagte er zu Sharon.
    »Eine Tonbandaufnahme?« Sharons Stimme klang erstaunt und nervös. Noch vor einer Sekunde hätte sie geschworen, daß er etwas gegen sie im Schilde führte; es war etwas in seinem Blick, in seinem Gesichtsausdruck. Sie versuchte zu denken. War das eine Chance?
    Gab es eine Möglichkeit? Seit Neil ihr gesagt hatte, daß dieser Mann seine Mutter ermordet hatte, versuchte sie noch verzweifelter, einen Ausweg zu finden. Morgen könnte es für Ronald und für Neil zu spät sein. Sie wußte nicht, um welche Zeit Foxy sie holen wollte, wenn er sie überhaupt holen wollte. Er war gerissen. Bestimmt war er sich darüber klar, daß man sie früher oder später erkennen würde. Die Erinnerung an ihren Versuch, Ronald Thompson zu retten, überfiel sie wie ein Alptraum, in dem sie gepeinigt und verhöhnt wurde.
    Seine Mutter hatte recht gehabt. Mit ihrer ständigen Behauptung, Ronald sei unschuldig, hatte sie mit dazu beigetragen, daß er sterben mußte. Jetzt ging es nur noch darum, Neils und Ronalds Leben zu retten, egal was mit ihr geschehen würde. Sie hatte es nicht anders verdient.
    Und ausgerechnet sie hatte Steve vorgeworfen, den lieben Gott spielen zu wollen.
    Foxy besaß einen Revolver. Er steckte in seiner Manteltasche. Wenn sie ihn dazu brächte, die Arme um sie zu legen, konnte sie vielleicht an den Revolver herankommen.
    Wenn sie die Möglichkeit hätte, würde sie ihn töten können?
    Sie blickte auf Neil hinab und dachte an den verurteilten Jungen in der Gefängniszelle. Ja, sie könnte ihn töten. Sie beobachtete, wie er geschickt die Kassette in den Recorder einlegte.
    Es war eine TWX-Kassette, die meistgekaufte Sorte. Sie würde keinerlei Rückschlüsse zulassen. »Hier, Sharon, lies das vor.« Er hatte eine Nachricht aufgeschrieben. »Steve, zahle das Lösegeld, wenn du uns zurückhaben willst, in Zehner-, Zwanziger- und Fünfzigerscheinen. 82000 Dollar, keinen Cent weniger. Laß das Geld nicht kennzeichnen.
    Fahre um zwei Uhr morgens in deinem Wagen zu der Telefonzelle an der 59. Straße, Ecke Lexington Avenue. Komm allein. Keine Polizei.«
    Sie blickte auf. »Kann ich etwas hinzufügen? Wissen Sie, wir hatten einen Streit. Wir haben Schluß gemacht. Vielleicht würde er nicht für mich bezahlen, wenn ich mich nicht entschuldige. Er kann sehr eigensinnig sein. Vielleicht will er nur die halbe Summe zahlen, für Neil, weil er weiß, daß ich ihn nicht liebe. Aber wir brauchen das Geld, oder nicht?«
    »Was willst du ihm sagen, Sharon?« Spielte er mit ihr? Glaubte er ihr?
    »Nur eine Entschuldigung, das ist alles.« Sie versuchte zu lächeln. Dann schob sie Neil von ihrem Schoß und streichelte Foxys Hand.
    »Keine Tricks,

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