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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Sharon.«
    »Warum sollte ich Sie belügen? Was soll Neil auf die Kassette sprechen?«
    »Nur daß er nach Hause will. Nichts weiter.« Sein Finger schwebte über der Aufnahmetaste.
    »Wenn ich drücke, fängst du an zu sprechen. Das Mikro ist eingebaut.«
    Sie schluckte und wartete, bis das Band lief. »Steve…« Sie las langsam, um Zeit zu gewinnen. Sie mußte sich überlegen, was sie anschließend zu Steve sagen würde. Als sie Foxys Nachricht vorgelesen hatte, machte sie eine Pause.

    Er sah sie gespannt an.
    »Steve«, begann sie dann erneut. »Neil wird jetzt zu dir sprechen. Aber vorher will ich dir noch sagen, daß ich mich geirrt habe. Ich hoffe, du verzeihst mir…« Sie wollte noch sagen:
    »Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht«, als der Recorder abgeschaltet wurde.
    »Genug, Sharon. Das reicht für eine Entschuldigung.« Er wies auf Neil, und sie legte einen Arm um das Kind. »Komm, Neil, nun sprichst du zu deinem Vater.« Durch die Anstrengung des Sprechens war sein pfeifendes Atemholen noch auffälliger. »Dad, ich bin in Ordnung.
    Sharon kümmert sich um mich. Aber Mami würde nicht wollen, daß ich hier bin, Dad.«
    Der Recorder stoppte. Neil hatte versucht, Steve eine Nachrich zu geben. Er hatte versucht, ihre Entführung mit dem Tod seiner Mutter in Beziehung zu setzen.
    Der Mann ließ die Kassette zurücklaufen und spielte sie ab. Lächelnd sah er Sharon an.
    »Sehr schön. Wenn ich Peterson wäre, würde ich bezahlen, um euch beide zurückzubekommen.«
    »Ich bin froh, daß Sie zufrieden sind.« Quälte er sie absichtlich?
    »Sharon.« Neil packte sie am Ärmel und zog daran. »Ich muß mal.«
    »Willst du mal verschwinden, Kleiner?« Foxys Stimme klang sachlich. »Das ist wohl inzwischen fällig.« Er kam ans Bett, hob Neil auf und ging mit ihm auf die Toilette. Die Tür machte er hinter sich zu. Sharon wartete starr vor Angst; aber er kehrte fast sofort mit Neil unter dem Arm wieder zurück. Sie bemerkte, daß er Neils Gesicht von sich abgewandt hielt, fast als befürchte er, Neil könnte ihn durch die Augenbinde sehen. Er warf Neil auf das Feldbett. Der Junge zitterte. »Sharon.«
    »Ich bin hier.« Sie strich ihm mit der Hand über den Rücken.
    »Sharon, willst du auch?« Der Entführer wies mit dem Kopf zur Toilette.
    »Ja.«
    Er nahm sie am Arm und trug sie fast in das dumpfe Kabinett. Die Schnüre an ihren Beinen schnitten so schmerzhaft ein, daß sie zusammenzuckte. »Dort oben ist ein Riegel, Sharon«, sagte er. »Du darfst ihn sogar vorlegen, solange du hier drin bist. Sonst bleibt die Tür nämlich nicht zu. Aber ich rate dir, dich zu beeilen.« Er streichelte ihre Wange. »Denn wenn du nicht schnell wieder rauskommst und ich wütend werde, dann muß der Junge schon jetzt dran glauben.« Er verließ die Toilette und zog die Tür hinter sich zu.
    Rasch legte sie den Riegel vor und sah sich um. Es war dunkel in dem kleinen Verschlag.
    Sie ließ die Hände über ein Leitungsrohr gleiten und fühlte etwas Scharfes. Sie tastete über den Boden.
    »Mach zu, Sharon…« »Ist gut…«
    Als sie die Tür öffnen wollte, merkte sie, daß die Klinke locker saß, und sie versuchte sofort, sie ganz herumzudrehen. Wenn sie abging, könnte sie sie in ihrer tiefen Rocktasche verstecken. Vielleicht hatte sie eine scharfe Kante. Aber die Klinke ließ sich nicht abnehmen.
    »Komm dort heraus!« Seine Stimme klang jetzt gereizt. Rasch öffnete sie die Tür, versuchte herauszuhüpfen, stolperte und klammerte sich an den Türrahmen. Er kam auf sie zu.
    Scheinbar bereitwillig legte sie die Arme um seinen Hals. Sie drängte ihren Widerwillen zurück und küßte ihn auf die Wange, auf die Lippen. Seine Arme umschlangen sie fester. Sie spürte, wie sein Herzschlag plötzlich zu rasen begann. O Gott, bitte…
    Sie ließ die Arme über seine Schultern und seinen Rücken gleiten und tätschelte mit den Fingern leicht seinen Nacken. Ihre rechte Hand glitt tiefer, stahl sich in seine Manteltasche, spürte Metall.
    Er stieß sie zurück. Ihre Beine knickten ein, und sie stürzte auf den Betonboden. Ein stechender Schmerz schoß durch ihren rechten Knöchel.
    »Du bist wie alle anderen, Sharon«, schrie er. Auf dem Boden liegend, durch Wellen von Schmerz, die ihr den Magen umzudrehen drohten, sah sie ihn über sich stehen. Sein Gesicht schien sich von seinem Körper gelöst zu haben, als er sich über sie beugte. Der Puls unter seinem Auge zuckte. Rote Flecken betonten die scharfen Linien seiner Wangen. Seine

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