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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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war gekommen, um ihn zu sprechen; und selbst wenn, so war es nichts Ungewöhnliches, wenn man ihn nicht antraf. Er reparierte häufig die Autos der Leute vor ihren eigenen Garagen.
    Die Werkstatt war kalt und schmutzig, nicht viel besser als der Raum im Grand Central. Er hatte, weiß Gott, immer in stinkenden Löchern gearbeitet.
    Sein Wagen stand fahrbereit in der Ecke. Er hatte ihn mit Benzin aus der Zapfsäule aufgetankt. Daß er die Zapfsäule hatte aufstellen lassen, war die beste Idee seines Lebens gewesen. Sie war praktisch für die Kundschaft, die das Gefühl schätzte, einen bis obenhin vollgetankten Wagen zurückzubekommen, und praktisch für ihn, wenn er nachts auf Tour ging. »Was, Sie haben keinen Sprit mehr, meine Dame. Ich habe ein paar Kanister dabei.
    Autos sind mein Geschäft…«
    Der Wagen war bereits mit zwei alten Nummernschildern versehen, die er vor Jahren für einen Kunden ausgewechselt hatte. Nur für den Fall, daß heute abend irgendein Schnüffler eine Nummer aufschrieb.
    Sein CB-Gerät hatte er in einer Kiste verpackt und auf den Vordersitz gestellt.
    Die übrigen Nummernschilder, die sich im Lauf der vergangenen sechs Jahre angesammelt hatten, sowie die selbstangefertigten Extraautoschlüssel hatte er bereits in eine Mülldeponie in der Nähe von Poughkeepsie geworfen.
    Nun lagen noch einige Werkzeuge und Autoteile auf den Borden, und in der Ecke stapelten sich ein paar Reifen. Sollte der alte Montgomery sehen, wie er das Zeug los würde. Er würde diese Hütte ohnehin abreißen und eine Menge Krempel von der Müllabfuhr abholen lassen müssen.
    Heute abend war er zum letzten Mal hier. Und wenn schon. Er hatte in den letzten Monaten nicht viel gearbeitet. Er war zu nervös gewesen. Glücklicherweise hatte er den großen Auftrag für den Wagen der Voglers bekommen, so daß er sich über Wasser halten konnte.
    Das war’s also.
    Er ging in das kleine, schäbige Zimmer, das sich hinten an die Werkstatt anschloß, und zog unter seinem Bett einen abgewetzten Koffer hervor. Einer wackligen alten Ahornkommode entnahm er seinen dürftigen Bestand an Unterzeug und Socken und packte alles in den Koffer.
    Er nahm ein schlecht geschnittenes, abgetragenes rotes Sportsakko und eine karierte Hose vom Haken an der Tür und legte sie zusammengefaltet in den Koffer. Seine ölbeschmierten Overalls warf er auf das Bett. Sie blieben hier. Mit all dem Geld würde er sie nicht mehr brauchen. Er zog den Recorder aus der Manteltasche und hörte sich noch einmal die Kassette mit Sharon und Neil an. Sein zweiter Recorder, ein Sony, lag auf der Kommode. Er legte ihn aufs Bett, wühlte in seiner Kassettensammlung, fand das Gewünschte und legte die Kassette ein. Er benötigte nur den Anfang.
    Das war es.
    Er spielte noch einmal die Kassette mit Sharon und Neil ab und hielt sie kurz hinter Neils sich verlierender Stimme an.
    Dann drückte er auf den Aufnahmeknopf. Am anderen Gerät, dem Sony, drückte er den Abspielknopf.
    Es war eine Sache von einer Minute. Als er fertig war, hörte er sich die revidierte Kassette, die er Peterson schicken wollte, noch einmal an.
    Sie war perfekt. Perfekt. Er wickelte sie in braunes Packpapier und klebte das Päckchen mit Tesafilm zu. Mit einem roten Leuchtstift schrieb er eine Mitteilung quer über die Oberseite des Päckchens.

    Die anderen Kassetten und die zwei Recorder kamen in den Koffer zwischen die zusammengelegten Kleidungsstücke. Dann schloß er den Koffer und trug ihn zum Wagen. Es würde schwierig genug sein, den Koffer mit dem Geld als Handgepäck ins Flugzeug zu bekommen. Dieses hier und sein CB konnten als Reisegepäck verladen werden.
    Er öffnete das Garagentor, stieg in den Wagen und ließ ihn an. Während der Motor im Leerlauf brummte, lächelte der Mann.
    Es war ein stilles, versonnenes Lächeln. »Und jetzt auf einen Sprung in die Kirche und dann auf ein Bier«, sagte er.
29
    Steve war eben aus New York zurückgekehrt. Nun schritt er, die Hände in den Taschen vergraben, im Wohnzimmer auf und ab.
    »Ich glaube es nicht.« Er lehnte Hughs Vermutung entschieden ab. »Außerdem gefährden Sie das Leben von Neil und Sharon, wenn Sie dies weiterhin als eine Pseudo Entführung behandeln.«
    Hugh beobachtete ihn, teils von Mitleid teils von Ärger erfüllt. Der arme Mann beherrschte sich eisern, aber er war in den letzten zehn Stunden um ebenso viele Jahre gealtert. Hugh bemerkte, daß sich sogar seit dem heutigen Morgen neue Leidensfalten um Steves Augen und Mund

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