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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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der Tankstelle gleich hinter der Ausfahrt 2l.« Hilflos schüttelte sie den Kopf und schaltete den Recorder aus. So ging es nicht.
    Sie mußte sich überlegen, was sie in den vergangenen Wochen getan hatte.
    Gestern hatte sie das Haus gar nicht verlassen. Sie hatte mit dem Drugstore, mit Agnes und dann mit Julie wegen der Krankenhausbeihilfe telefoniert. Chip und Maria hatten aus Kalifornien angerufen und das Baby durch den Hörer krähen lassen. Das war gestern ihr letztes Telefongespräch gewesen, bevor Foxy anrief.
    Am Sonntag war sie gleich nach der Kirche mit Roger nach New York gefahren; sie hatten bei Pierre gegessen und waren anschließend in die Carnegie Hall gegangen, um Serkin zu hören.
    Telefoniert hatte sie mit niemandem.
    Am Samstag war sie wegen der Polsterbezüge unterwegs gewesen und beim Friseur, oder war das am Freitag? Ungeduldig schüttelte sie den Kopf. So ging es überhaupt nicht. Sie stand auf und ging langsam zu ihrem Schreibtisch, um sich ihr Notizbuch zu holen. Roger hatte ihr bereits den Kalender aus der Küche gebracht. Auch hier notierte sie sich manchmal etwas.
    Außerdem bewahrte sie stets ihre bezahlten Rechnungen auf. Sie waren alle datiert und würden ihr helfen, sich zu erinnern, wo sie gewesen war; und ebenso ihr Scheckbuch.
    Als sie mit Notizbuch, Scheckbuch und Quittungen zu ihrem Bett zurückging, seufzte sie, denn das beklemmende Gefühl in ihrer Brust setzte wieder ein und steigerte sich zu heftigen Schmerzen. Sie griff nach einer Nitrolingual, drückte auf die Abspieltaste des Recorders und ließ die Kassette laufen. Wieder drang das gedämpfte kehlige Flüstern an ihr Ohr: »Peterson, in zehn Minuten rufe ich Sie wieder an in der Telefonzelle der Tankstelle gleich hinter der Ausfahrt 21.«

28
    Als er aus der Telefonzelle kam, dachte er über Steves Forderung nach. Sollte er wirklich Sharon und den jungen auf eine Kassette sprechen lassen und die Kassette abliefern?
    Warum nicht?

    Er ging geradewegs zum Grand Central. Besser, er ging jetzt zu ihnen, solange noch reger Pendlerverkehr herrschte. Diese Aufseher hatten einen sechsten Sinn für Leute, die nicht in den Bahnhof gehörten.
    Sharon und der Junge hatten gestern abend wahrscheinlich noch nicht gegessen. Sie mußten hungrig sein. Er wollte nicht, daß Sharon Hunger litt; aber vermutlich würde sie nichts essen, wenn er nicht auch dem Jungen etwas gab. Der Gedanke an den Jungen machte ihn nervös.
    Vor ein paar Wochen wäre er beinahe durchgedreht, als er aufblickte und den Jungen sah, der ihn aus dem Wagen heraus anstarrte - genau wie in seinen Träumen. Es waren runde braune Augen mit so großen Pupillen, daß sie schwarz wirkten, schwarz und anklagend.
    Morgen war alles überstanden. Er mußte Sharon eine Flugkarte besorgen. Noch hatte er nicht genug Geld, aber heute abend würde das schon anders aussehen. Auf alle Fälle könnte er schon einen Platz reservieren lassen. Aber auf welchen Namen? Er müßte einen Namen für sie erfinden.
    Gestern in der Today Show wurde sie als Autorin und Kolumnistin vorgestellt. Sie war weithin bekannt und sehr beliebt. Deshalb war es auch so wundervoll, daß sie ihn liebte.
    Sie war bekannt.
    Sie war in der Today Show.
    Viele Leute würden sie wiedererkennen. Nachdenklich blieb er stehen und wurde von einer Frau angerempelt, die mit raschen Schritten hinter ihm gegangen war. Finster sah er sie an.
    Als sie sich entschuldigte und weitereilte, milderte sich sein Blick. Sie wollte nicht unverschämt sein, nein, sie hatte ihn sogar angelächelt - richtig angelächelt. Viele Frauen würden ihn anlächeln, wenn sie wüßten, wie reich er war.
    Langsam setzte er seinen Weg über die Lexington Avenue fort. Die Busse hatten den Schnee zu grauem Matsch gemahlen, aber selbst dieser Matsch gefror, ausgenommen dort, wo ständig Busse und Autos fuhren. Er wünschte, er könnte jetzt in sein gemütliches Hotelzimmer gehen. So schön hatte er noch nie gewohnt.
    Aber er beabsichtigte, bis heute nachmittag bei Sharon und dem Jungen zu bleiben. Dann wollte er mit dem Zug nach Carley fahren und in seine Werkstatt gehen, um nachzusehen, ob jemand eine Nachricht für ihn hinterlassen hatte. Es wäre nicht gut, wenn sich die Leute fragten, warum er nicht da war. Krampfhaft überlegte er, wo er die Kassette lassen sollte.
    Peterson würde vielleicht nicht zahlen, wenn er sie nicht bekam.
    Er mußte das Geld haben. In Fairfield County zu bleiben, war jetzt viel zu gefährlich für ihn. Und er hatte einen

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