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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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zornfunkelnden Augen waren zu schmalen schwarzen Schlitzen geworden. »Du Hure«, fauchte er. »Du Hure.«
    Er zerrte sie hoch, warf sie auf das Bett und riß ihr die Arme auf den Rücken. Wie eine riesige schwarze Wolke schlug der Schmerz über ihr zusammen. »Mein Knöchel.« War das ihre Stimme?
    »Sharon, Sharon, was ist passiert?« fragte Neil ängstlich.
    Nur mühsam unterdrückte sie ein Stöhnen. »Ich bin gefallen.«
    »Wie all die anderen auch… heuchlerisch… nur schlimmer… versucht, mich reinzulegen…
    Ich wußte, daß du’s nicht ernst meintest, daß du lügst.« Seine Hände schlossen sich um ihre Kehle. Kräftige Finger drückten ihr den Hals zu.
    »Hilfe…«
    »Nein.« Der Druck ließ nach. Ihr Kopf fiel zurück. »Sharon, Sharon.« Neil weinte und keuchte erregt. Nach Luft schnappend wandte sie ihm das Gesicht zu.
    Ihre Augenlieder waren schwer wie Blei. Sie zwang sich, die Augen offenzuhalten. Foxy stand über das rostige Spülbecken gebeugt und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Das Wasser mußte eiskalt sein. Ängstlich beobachtete sie ihn. Er versuchte sich zu beruhigen. Er war kurz davor gewesen, sie zu töten. Was hielt ihn davon ab? Glaubte er, daß er sie vielleicht noch brauchte? Sie biß sich vor Schmerz auf die Lippe. Es gab keinen Ausweg. Morgen, sobald er das Geld hatte, würde er sie und Neil töten. Und Ronald Thompson würde für ein Verbrechen sterben, das er nicht begangen hatte, Sie und Neil waren die einzigen, die seine Unschuld beweisen konnten. Ihr Knöchel schwoll an und drückte gegen den Lederstiefel. Die Fesseln schnitten ein. Sie fror, und gleichzeitig trat ihr vor Schmerz der Schweiß auf die Stirn.
    Sie beobachtete ihn, wie er sein Gesicht mit einem Taschentuch abtrocknete. Er kam ans Bett, fesselte methodisch Neils Hände und knebelte sie beide erbarmungslos. Dann legte er wieder den Draht vom Koffer zur Tür. »Ich gehe jetzt, Sharon«, sagte er. »Morgen komme ich wieder. Dann aber zum letzten Mal.«
    Er hatte nicht vorgehabt, schon so früh zu gehen, aber er wußte, wenn er länger bliebe, würde er sie töten. Und er könnte sie vielleicht noch einmal brauchen. Peterson verlangte möglicherweise noch einen Beweis, daß sie und der Junge am Leben waren. Er mußte das Geld haben. Er durfte es nicht riskieren, sie jetzt schon zu töten.
    In wenigen Minuten, um Punkt elf, würde ein Zug aus Mount Vernon einfahren. Er stellte sich in eine dunkle Ecke in der Nähe des Tunneleingangs und wartete.
    Schritte. Er preßte sich gegen die Wand und spähte vorsichtig in die Richtung, aus der die Schritte kamen. Ein Aufseher! Der Mann sah sich sorgfältig um, ging hin und her, betrachtete eingehend Rohrleitungen und Ventile, schaute die Treppe hinauf, die zu dem Zimmer führte, und ging langsam auf den Mount-Vernon-Bahnsteig zurück. Kalter Schweiß rann ihm über seinen Körper. Das Glück verließ ihn, er spürte es. Er mußte hier mit allem Schluß machen und abhauen. Dann vernahm er das Poltern und Dröhnen des einfahrenden Zugs, das Kreischen der Bremsen. Vorsichtig schlüpfte er um die Entlüftungsschächte und Abwasserpumpen zur Rampe und mischte sich aufatmend unter die aussteigenden Reisenden.
    Es war erst elf Uhr. Um im Hotelzimmer herumzusitzen, fehlte ihm jetzt die nötige Ruhe. Er wandte sich nach Westen, überquerte die 42. Straße und ging in ein Kino. Viereinhalb Stunden lang starrte er wie gebannt auf die Leinwand und ließ sich von Pornofilmen angenehm erregen. Um fünf nach vier Uhr saß er im Zug nach Carley: Er sah Steve Peterson erst, als er bereits auf seinem Platz saß. Als Peterson an ihm vorbeiging, sah er zufällig auf.
    Glücklicherweise war er hinter der Zeitung vergraben, eine Vorsichtsmaßnahme, damit er später nicht wiedererkannt würde und für den Fall, daß sich jemand neben ihn setzte, den er kannte.
    Steve schleppte einen schweren Koffer.
    Es war das Geld! Er wußte es. Und heute nacht würde es ihm gehören. Das Gefühl einer drohenden Katastrophe verschwand. Wieder ganz zuversichtlich und in guter Stimmung verließ er den Bahnhof von Carley, nachdem er sich vergewissert hatte, daß Steve in seinem Wagen abgefahren war. Mit raschen Schritten durch den Schnee stapfend legte er die acht Blocks bis zu seiner Behausung zurück, einer schäbigen Garage in einer Sackgasse. Am Tor hing ein Schild: A. R. TAGGERT - Autoreparaturen.
    Er schloß auf und ging schnell hinein. Niemand hatte eine Nachricht unter der Tür durchgeschoben. Gut. Niemand

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