Gnadenfrist
daß er finanziell ziemlich schlecht gestellt ist. Er hat alles, was er besaß, in die Events gesteckt. Ich bin überzeugt, es wird sich für ihn lohnen; aber er machte sich deshalb Sorgen. Das hat er mir jedenfalls erzählt.«
»Und dann noch die bevorstehende Hinrichtung von Thompson.«
»Ja. Glenda und ich hofften beide, daß Sharon mit ihrer Aktion Erfolg haben würde. Glenda leidet sehr unter der Rolle, die sie in diesem Fall gespielt hat.«
»Wollte Sharon, daß Mr. Peterson bei der Gouverneurin interveniert?«
»Ich glaube, sie hat erkannt, daß er das nicht tun würde, und daß die Gouverneurin einen rein emotionalen Appell nur negativ aufnehmen kann. Man darf nicht vergessen, daß sie bereits heftig kritisiert worden ist wegen des zweimaligen Aufschubs, den sie Thompson gewährt hat.«
»Mr. Perry, was halten Sie von den Lufts? Ist es möglich, daß sie mit der Sache etwas zu tun haben? Sie versuchen, Geld zurückzulegen; sie kennen Ihre Privatnummer. Sie könnten auch von dem Geld für Neil gewußt haben.«
Roger schüttelte den Kopf. »Unmöglich. Wenn Dora für Glenda gelegentlich etwas aus einem Geschäft mitbringt, braucht sie zwanzig Minuten, um ja genau abzurechnen. Und er ist genauso. Manchmal bringt er meinen Wagen zur Inspektion und erzählt mir lang und breit, wieviel ich durch ihn gespart habe. Man kann beiden nichts anderes nachsagen als höchstens Ehrlichkeit bis zum Exzeß.«
»Gut. Sie werden uns ja gewiß sofort bei den Petersons anrufen, wenn Mrs. Perry uns etwas zu sagen hat.« Hank Lamont erwartete Hugh mit einem Gesicht, das auf Neuigkeiten schließen ließ. Hugh verschwendete keine Zeit an Präliminarien. »Was gibt’s?«
»Mrs. Thompson…« »Was ist mit ihr?«
»Sie hat gestern abend mit Sharon Martin gesprochen!« »Sie hat was… ?«
»Ronald Thompson hat es uns gesagt. Don und Stan verhörten ihn in seiner Zelle. Wir sagten, gegen den Jungen von Peterson seien Drohungen eingegangen, und warnten ihn.
Wenn seine Freunde dahintersteckten, sollte er uns lieber ihre Namen verraten, bevor sie in Schwierigkeiten geraten würden.«
»Sie haben nicht verlauten lassen, daß Neil und Steve gekidnappt wurden?«
»Selbstverständlich nicht.« »Was hat er gesagt?«
»Er ist sauber. Die einzigen Menschen, die ihn im vergangenen Jahr besucht haben, sind seine Mutter, sein Rechtsanwalt und der Gemeindepfarrer. Seine engsten Schulfreunde sind jetzt auf dem College. Er gab uns ihre Namen. Keiner von ihnen ist mehr hier. Aber er erzählte uns, daß Sharon seine Mutter angerufen hat.«
»Haben die Beamten mit der Mutter gesprochen?« »Ja. Sie wohnt in einem Motel in der Nähe des Gefängnisses. Sie haben sie gefunden.«
»Im Motel?«
»Nein, in der Kirche. Hugh, sie kniet den ganzen Tag in der Kirche und betet. Sie glaubt einfach nicht, daß ihr Junge morgen hingerichtet werden soll. Sie will es nicht glauben. Sie sagte, Sharon habe sie kurz vor sechs Uhr angerufen. Ob sie etwas tun könnte, hätte sie wissen wollen. Sie gibt zu, daß sie unfreundlich war, daß sie Sharon die Schuld an allem gegeben hat, weil sie im Land herumposaunt habe, ihr Junge sei schuldig. Sie hat ihr sogar gedroht, daß sie nicht wisse, was sie Sharon antun würde, wenn der Junge stirbt. Was läßt sich daraus machen?«
»Wir wollen es mal versuchen«, sagte Hugh. »Sharon Martin regt sich über dieses Gespräch sehr auf, kommt vielleicht sogar zu der Erkenntnis, daß die Mutter nicht ganz unrecht hat. Sie ist verzweifelt und ruft jemand an, der sie und den Jungen abholen kommt. Sie will aufs Ganze gehen, läßt es wie eine echte Entführung aussehen und benützt anschließend Neil als Unterpfand für Thompsons Leben.«
»Es ist eine Möglichkeit«, meinte Hank.
Hughs Gesicht verhärtete sich. »Ich denke, es ist mehr als eine Möglichkeit. Ich denke, daß der arme Kerl Peterson durch die Hölle geht und Mrs. Perry an den Rand eines Herzinfarkts getrieben wird, nur weil Sharon Martin glaubt, sie könne die Justiz manipulieren.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Wir verfahren weiter wie bei einer echten Entführung. Treibt so viel wie möglich über Sharon Martins Freunde und Bekannte auf; besonders wichtig sind dabei Leute aus dieser Gegend. Wenn sich nur Mrs. Perry erinnern könnte, wo sie diese Stimme gehört hat! Dann würden wir diese Nuß bald knacken.«
Immer und immer wieder hörte sich Glenda in ihrem Zimmer die Kassette an. »Peterson, in zehn Minuten rufe ich Sie wieder an in der Telefonzelle
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