Gnadenfrist
Zeit fast immer hier.«
»Ja ja, Bill ist fast jeden Abend hier«, meinte der Barmann. »Aber heute werden Sie vielleicht Pech haben. Gestern abend kam er nämlich nicht, weil er Hochzeitstag hatte und mit seiner Frau zum Essen und ins Kino gehen mußte. Wir haben gedacht, er bringt sie heim und kommt dann noch auf einen Schluck herein, aber er kam nicht. Daß er heute nicht da ist, wundert mich wirklich. Es sei denn, sie gibt ihm wieder ordentlich Zunder. Wir werden’s ja hören, nicht wahr, Arty?«
Der andere einsame Trinker hob den Blick von seinem Bier. »Beim einen Ohr rein, beim anderen raus«, sagte er. »Wen interessiert schon so was.«
Hank lachte. »Na ja, dazu ist ‘ne Bar ja schließlich da, daß man sich seinen Kummer mal von der Seele redet.« Die Männer, die sich das Hockeyspiel ansahen, schalteten den Fernseher aus. »Mieses Spiel«, meinte der eine.
»Hundsmiserabel«, stimmte der andere zu.
»Das hier ist ein Freund von Bill Luft.« Der Barmann wies mit dem Kopf auf Hank.
»Les Watkins«, sagte der größere von beiden. »Pete Lerner«, log Hank.
»Joe Reynolds«, stellte sich der Kleine vor. »Wo arbeitest du denn, Pete?«
»In einem Geschäft für Installationsbedarf in New Hampshire. Bin auf dem Weg nach New York, um ein paar Sachen abzuholen. Wie wär’s mit einer Runde auf meine Rechnung?«
Eine Stunde verging. Hank erfuhr, daß Les und Joe Verkäufer waren im Modell-Discounthaus an der Fernstraße 7. Arty reparierte Autos. Der kahlköpfige Angestellte, Allan Kroeger, arbeitete bei einer Werbeagentur.
Eine ganze Reihe der Stammgäste fehlte heute wegen des schlechten Wetters, so zum Beispiel Bill Finelli und Don Brannigan. Auch Charley Pinter schaute gewöhnlich vorbei; aber er und seine Frau wirkten in einer kleinen Theatergruppe mit und probten wahrscheinlich ein neues Stück.
Kroegers Taxi fuhr vor. Les nahm Joe in seinem Wagen mit. Sie verlangten ihre Rechnung.
Auch Arty erhob sich. Der Barmann wies sein Geld zurück. »Das geht auf Kosten des Hauses«, sagte er. »Du wirst uns fehlen.«
»Das stimmt«, sagte Les. »Alles Gute, Arty. Laß mal von dir hören.«
»Danke. Wenn es nicht klappt, komme ich zurück und nehme den Job bei Shaw an. Er wollte ja schon immer, daß ich bei ihm anfange.«
»Warum auch nicht? Er weiß, was ein guter Mechaniker wert ist«, sagte Les.
»Wohin willst du denn gehen?« fragte Hank. »Rhode Island - Providence.«
»Schade, daß du dich nicht mehr von Bill verabschieden konntest«, meinte Joe.
Arty lachte zynisch. »Rhode Island ist nicht Arizona«, sagte er. »Ich komme ja mal wieder.
Also dann, ich will nicht zu spät ins Bett. Möchte morgen ziemlich früh aufbrechen.«
Allan Kroeger schwankte auf unsicheren Beinen zur Tür. »Arizona«, sagte er. »Heimat der bunten Wüste.« Die vier Männer verließen gemeinsam das Lokal. Ein kalter Windstoß fegte durch die Tür herein.
Hank sah Arty nach. »Dieser Arty, ist er ein besonderer Freund von Bill Luft?«
Der Barmann schüttelte den Kopf. »Nein. Jeder, der nicht gerade schwerhörig ist, ist ein Freund von Bill, sobald der ein paar gehoben hat. Das sollten Sie eigentlich wissen. Seine Frau quasselt ihm den ganzen Tag die Ohren voll, und dann kommt er abends hierher und liegt allen anderen mit seinem Gequassel in den Ohren.«
»So ist das also.« Hank schob sein Glas über die Theke. »Genehmigen Sie sich auch eins.«
»Hab’ nichts dagegen. Normalerweise tu ich’s nicht, besonders nicht, wenn viel los ist. Aber heute fühlt man sich regelrecht einsam hier drin. Ist aber auch ein scheußlicher Abend. Man kriegt ‘ne richtige Gänsehaut. Ich glaube fast, es geht heute allen so - wegen dem jungen Thompson, wissen Sie. Seine Mutter wohnt hier gleich zwei Straßen weiter.«
Hanks Augen wurden schmal. »So ist das nun mal, wenn man jemanden umbringt.«
Der Barmann schüttelte den Kopf. »Die meisten von uns können sich nicht vorstellen, daß der Junge jemanden getötet hat. Natürlich hat er schon mal die Beherrschung verloren; so gesehen, ist es vielleicht doch möglich. Es heißt ja, daß die bösartigsten Mörder nach außen oft ganz normal sind.«
»Das habe ich auch schon gehört.«
»Sie wissen doch, daß Bill und seine bessere Hälfte in dem Haus wohnen, wo die Frau umgebracht wurde - im Haus von Peterson.«
»Ja ja. das wußte ich.«
»Es hat die beiden ziemlich mitgenommen. Dora Luft arbeitet seit Jahren bei den Petersons.
Bill sagt, der Kleine ist immer noch wie sein
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