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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Versehen?«
    »Ein glückliches«, erwiderte Helena steif.
    Ich warf ihr einen Blick zu. Sie schaute weg. Helena Justina hatte ihren Zustand akzeptiert, erlaubte aber keine Kommentare. Ich wandte mich meiner Schwester zu und sah sie mit schamlosem Grinsen an.
    »Was ist mit dem anderen Kleinen?« fragte Junia. Sie errötete leicht. »Den könnt ihr doch wohl nicht auch noch behalten?«
    Ich spürte, wie Helenas Hand plötzlich nach der meinen griff. Gaius Baebius erhob sich und ging zu dem Korb, in dem das Müllbaby lag und vor sich hinsabberte. Er hob es heraus. Ich bemerkte, daß er es mit der Vorsicht eines Mannes hielt, der nicht an Kinder gewöhnt ist, aber dennoch mit festem Griff, und obwohl er ein Fremder war, akzeptierte das Baby ihn. Er ging zu Junia, die noch nicht bereit schien, mit dem eigentlichen Grund ihres Besuches rauszurücken.
    »Ihr zwei solltet jetzt endlich heiraten«, informierte sie uns statt dessen.
    »Wozu denn?« fragte ich. Mein Vorhaben, Helena zu heiraten, hatte augenblicklich rosenfarbige Flügel bekommen und war davongeflogen.
    »Oh, die Ehe ist eine hochanständige Institution«, protestierte Helena neckend. »Ein Ehemann muß für seine Frau sorgen.«
    Ich reichte ihr einen Apfel aus der Obstschale. »Ein Ehemann darf seine Frau züchtigen, wenn sie ihm zu wenig Ehrerbietung entgegenbringt.«
    Helena versetzte mir einen spielerischen Klaps aufs Kinn. »Beide haben das Recht auf die Gesellschaft des anderen«, gluckste sie. »Von dir habe ich in letzter Zeit nicht allzuviel gesehen!«
    Junia schaute immer noch mißbilligend. Ihre Stimme klang angespannt. »Gaius und ich haben über dieses Baby nachgedacht, Marcus.« Aus ihrem Mund klang dieser Satz so, als hätte sie mich erwischt, wie ich hinter dem Rücken unserer Mutter Kuchen naschte. Gaius wandte den Blick nicht von dem tauben Baby ab (das ihn nachdenklich besabberte). Mit mehr Selbstvertrauen wischte er ihm den Sabber ab. Meine Schwester fuhr fort: »Der Junge braucht ein Zuhause. In Anbetracht seiner Schwierigkeiten braucht er ein ganz besonderes. Bei dir und Helena kann er aus einleuchtenden Gründen nicht bleiben. Natürlich seid ihr gutherzig, aber euer häusliches Leben ist chaotisch, und wenn euer eigenes Baby geboren ist, wird die Konkurrenz um eure Liebe zu groß. Es braucht Menschen, die sich ausschließlich um ihn kümmern.«
    Sie war ein Ungeheuer. Sie war arrogant und grob – aber sie hatte recht.
    »Gaius und ich sind bereit, ihn zu adoptieren.«
    Diesmal konnten Helena und ich uns nicht ansehen. Er war jetzt seit zwei Wochen bei uns. Wir wollten ihn nicht hergeben.
    »Was ist mit Ajax?« stammelte ich mit zitternder Stimme.
    »Ach, sei doch nicht albern, Bruder! Ajax ist nur ein Hund.« Der arme alte Ajax. Gestern wäre so was noch Blasphemie gewesen. »Außerdem mag Ajax Kinder.«
    »Als kleine Zwischenmahlzeit«, murmelte ich, während Helena so tat, als hätte sie nichts gehört.
    Junia und Gaius gingen ganz selbstverständlich davon aus, daß wir ihren vernünftigen Vorschlag dankbar annehmen würden. Und das mußten wir wohl auch. Das Kind würde jeden nur denkbaren Vorteil haben. Abgesehen von dem komfortablen Heim, das das Zöllnergehalt meines Schwagers ermöglichte, würden er und meine Schwester – egal, was ich von ihr hielt – dem Baby ihre ganze Liebe schenken. Beide würden sich alle Mühe geben, ihm die Verständigung zu erleichtern.
    »Weiß man, wer seine Eltern sind?« Gaius hatte seine Stimme wiedergefunden.
    Ich öffnete den Mund, um ihnen die skandalösen Einzelheiten mitzuteilen. »Nein«, sagte Helena rasch. »Wir haben alles versucht, aber nichts herausbekommen.« Ich drückte ihre Hand. Sie hatte recht. Wir konnten es ihnen immer noch sagen, falls es notwendig wurde. Ansonsten war es für das Kind und alle anderen besser, wenn er ohne mögliche Beschuldigungen, ohne die Gefahr falscher Hoffnungen aufwuchs.
    »Ihr habt ihn sicher sehr liebgewonnen«, sagte Junia in freundlichem Ton. Sie so weich werden zu sehen, bestürzte mich mehr als alles andere. »Ihr könnt ihn so oft ihr wollt besuchen.«
    Helena gelang es, ein hysterisches Kichern zu unterdrücken. »Vielen Dank. Habt ihr schon einen Namen für ihn?«
    »Oh ja.« Aus irgendeinem Grund war Junia wieder rot geworden. »Es scheint nur gerecht, wenn man bedenkt, wer ihn gefunden hat – wir werden ihn Marcus nennen.«
    »Marcus Baebius Junillus«, bestätigte mein Schwager mit stolzem Blick auf seinen neuen Sohn.

LXVI
    Für den

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