Gnadenlos: Auf der Flucht (German Edition)
Untergrund war locker und feucht und roch sumpfig.
Auf der anderen Seite des Lieferwagens wurde der laute Fluch seines Bruders abrupt unterbrochen, und Geräusche eines Handgemenges folgten. Sekunden später wurde Gideon vorne um den Wagen herum getrieben, Uzis waren auf seinen Rücken gerichtet, dahinter erschienen noch zwei Kerle in Tarnkleidung.
»Loida …!«
»¡Héctor! Joder chamo, que tonto eres.« Eindeutig nicht erfreut, dass der Mann sie beim Namen genannt hatte, verfluchte die Frau ihn rasch und fließend auf Spanisch, während der Beschimpfte Gideon zwang, sich neben den knienden Zak zu stellen.
Entschuldigend murmelte der Mann: »Lo siento, lo siento, lo siento.« Er stieß Gideon auf die Knie und richtete einen nervösen Blick auf seine Anführerin und fragte vorsichtig, »Piñero?«
»¡Húevon!« Loida Piñero verpasste ihm dafür, dass er nun auch ihren Nachnamen benutzt hatte, einen Kinnhaken mit dem Ellbogen und warf den massigen Kerl auf den Hosenboden. Als er wieder aufstand, warf er ihr einen hitzigen Blick zu.
Sie richtete den Lauf ihrer Heckler & Koch auf ihn. »¡Ya basta!«
Er hob eine Hand, während er sich immer noch den Kiefer rieb. »Sí, jefa, sí.«
Wie hieß es so schön in der hiesigen Landessprache? Sie war die »Ziege, die am meisten pisste«. Der Boss. Eindeutig die einzige Verantwortliche, eindeutig diejenige, auf die die Männer im Hotel gewartet hatten, und eindeutig diejenige, vor der sie alle Angst hatten. Loida hatte Acadias Angreifer abgeknallt, ohne zu zögern und ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Sie sah ziemlich angsteinflößend aus, mit einem Patronengurt quer über der flachen Brust, einem gemeingefährlich aussehenden KA-BAR-Messer in der verschrammten Scheide an ihrem Oberschenkel und einem G3K-Sturmgewehr von H&K, das sie hielt, als sei es die Verlängerung ihres Arms.
Als Héctor sich an der Seite des Vans nach oben zog, warf die Frau den Männern, die abseits standen und zusahen, einen eiskalten Blick zu. Sie waren ebenfalls bis an die Zähne bewaffnet. Sie sah nicht glücklich aus, als sie ihnen mahnende Blicke zuschleuderte. »Um euch kümmere ich mich später«, fuhr sie sie in tiefstem Spanisch an, offensichtlich verärgert. »Morales. Goito. López. Asegure los presos.«
Sie hatte kein Problem damit, dieNamen der anderenhinauszuposaunen.
Zak zählte viele Köpfe, Waffen und Gesinnungen. Die Chancen, ihrem Schicksal zu entkommen, waren dünn bis nicht vorhanden. Gefesselt rutschten ihre Chancen in den Keller. Scheiße! Wo war Barbie? Immer noch im Van?
Ihm und seinem Bruder wurden die Handgelenke mit Plastikband vor dem Körper gefesselt. Amateure. Profis würden darauf achten, dass ihre Hände hinten fixiert wurden. Es war beinahe ein beruhigender Gedanke. Aber die schiere Größe dieser Operation war Grund zur Sorge, Amateure hin oder her. Mindestens ein Dutzend Männer tummelten sich um das Fahrzeug. Niemand ging irgendwohin. Er und Gid wechselten einen kurzen, vielsagenden Blick, bevor die Frau ihnen bedeutete, sich die gefesselten Hände auf den Kopf zu legen. Beide taten, wie befohlen.
Der weibliche Boss besaß harte, frettchenartige Gesichtszüge, seelenlose schwarze Augen und einen Bürstenschnitt aus fettigem, schwarzem Haar. Wenn man ganz nah dran war, roch sie genauso übel wie ihre Männer.
Sie legte sich das Sturmgewehr über die Arme, als wöge es nicht mehr als eine Handtasche, und sprach ihn an. »¿Hablas español?«
Zak schenkte ihr einen leeren Blick.
»Du kommst in mein Land«, sagte die Guerilla-Anführerin voller Verachtung und machte einen bedrohlichen Schritt nach vorn, sodass ihre Einsatzstiefel nur noch Zentimeter von seinen Knien entfernt waren. »Ihr Amerikaner! So arrogant. So, amerikanisch. Ihr kommt in mein Land und macht euch nicht mal die Mühe, meine Sprache zu lernen?«
»Eindeutig ein Versäumnis unter diesen Umständen«, stimmte Zak zu. Gids Atem neben ihm klang mühsam. Er war verletzt. Wie schwer? Zak wusste, dass die Party gerade erst begonnen hatte.
3
Zak blickte sich verstohlen in der Umgebung um. Eine kleine Lichtung. Ein kleines Stück Busch, an drei Seiten von riesenhaften Bäumen, Ranken und dichter Vegetation umgeben. Keine Straße, zu der sie gelangen konnten, wo sie auch immer waren. Hinter den Reifen des Vans nichts als platt gefahrenes Gestrüpp. Innerhalb von Tagen, wenn nicht gar Stunden, würde sich der Urwald selbst das zurücknehmen, und es würde kein Anzeichen mehr dafür
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