Gnadenlos: Auf der Flucht (German Edition)
Acadia stellte erstaunt fest, dass sie vor Wut raste, und, noch schlimmer, ihn anschrie.
Mit beträchtlicher Mühe senkte sie ihre Stimme. »Und das Allermindeste, was du tun könntest, wäre, in unseren letzten Stunden auf dieser Erde in vollständigen Sätzen mit mir zu reden.« Sie boxte ihn gegen den Arm. Er hob die Augenbraue. Niemand war schockierter als sie. Sie hatte keine gewalttätige Faser in ihrem Körper. Zumindest hatte es keine gegeben, bevor sie Zakary Stark begegnet war, beinahe vergewaltigt, dann entführt und in eine Zelle mit einem einsilbigen Pazifisten gesteckt worden war.
Sie boxte ihn noch mal.
Er zuckte nicht mit der Wimper. »Fühlst du dich jetzt besser?«
»Wie alt bist du?«, fragte sie, und ihr Kiefer schmerzte vom heftigen Zähneknirschen.
»Warum?«
»Ich bin erstaunt, dass dich noch keiner, der größer und stärker ist als ich, umgebracht hat.«
Völlig unbeeindruckt starrte er nach draußen auf die Männer, die im Schatten saßen, tranken und Karten spielten. »Nicht aus Mangel an Versuchen.«
»Mein Vater hat mir siebzehn Arten beigebracht, einen Mann so umzubringen, dass es wie ein Unfall aussieht. Warum versuche ich es nicht einfach?«, bot sie ihm mit scheinbar liebenswürdigem Ton an. Ihr Herz raste wie verrückt, ihre Handflächen schwitzten. Sie hatte sich noch nie so vergessen wie jetzt. Noch nie. Der Mann war zum Aus-der-Haut-Fahren.
Die Soldaten immer noch im Auge, lehnte er sich mit einer Schulter an die Wand. »Was ist aus ihm geworden?«
»Er ist vor drei Monaten gestorben. In einem fortgeschrittenen Stadium von Alzheimer. Glaub mir, ich habe den Großteil meines Lebens mit einem unkommunikativen, sozial inkompetenten Mann verbracht, aber du schießt den Vogel ab.«
»Redest du deswegen für zwei?«
Sie war so verängstigt, dass sie nicht wagte zu blinzeln, ihr war so heiß, dass sie jeden Tropfen Feuchtigkeit aus ihrem Körper ausschwitzte, und sie war so sauer auf Zakary Stark, dass sie Lust hatte, ihm persönlich Gewalt zuzufügen, bis er sie um Gnade anflehte.
»Wenn ich du wäre«, sagte Acadia zu ihm, und ihr Temperament sprudelte über, »wäre ich nett zu mir und würde mich vielmals entschuldigen. Ich habe Dinge bei mir, die dir und deinem Bruder die letzten paar Stunden eures Lebens zur Hölle machen können!«
Er streckte die Hand aus, griff nach ihrem Handgelenk, und eine Sekunde später hatte er ihr den Arm qualvoll hinter dem Rücken verdreht. »Ich kann mir von dir verdammt noch mal nehmen, was ich will, und danach brauche ich mir dein albernes Geschnatter nicht mehr anzuhören. Was halten Sie von diesem Vorschlag, Miss Gray?«
Er hielt sie noch einen Augenblick fest, dann schob er sie ziemlich unsanft außer Reichweite. Acadia rieb sich das Handgelenk, obwohl er ihr nicht weh getan hatte. Ihr Herz hämmerte schmerzhaft in ihrer Brust, und ihr Atem ging unregelmäßig. »Arschloch.«
»Miststück«, gab er emotionslos zurück, die Aufmerksamkeit auf die Szene draußen gerichtet. Plötzlich richtete er sich auf. »Gideon hat mir gerade das Zeichen gegeben. Wir knöpfen uns jetzt die Männer vor. Die Kombination aus Hitze und Sauferei … Während wir uns darum kümmern, bleibst du hier, damit ich weiß, wo ich dich finde.«
Als würde sie hier rumsitzen und warten, dass er sein Ding durchzog. »Ich bin schon auf halbem Weg nach Caracas, sobald du mir deinen Neandertaler-Rücken zudrehst«, fuhr sie ihn an.
»Sobald wir fertig sind, komme ich dich holen«, sagte er, als hätte sie kein Wort gesagt. »Wir fliehen in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Folgen unserer eigenen Spur.«
Er war ein verdammter Diktator. Acadia wog die Umstände ab, spähte durch die Stäbe hindurch und versuchte einzuschätzen, was draußen passierte. Auf dem Platz wimmelte es vor uniformierten, bewaffneten Guerillas. Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. »Wir drei sollen zehn bewaffnete Männer umlegen?«
»Wir zwei «, korrigierte er. »Die Alternative ist, dass die entscheiden, wann und wie etwas geschieht. Gideons Rippen sind angeknackst, wenn nicht gebrochen. Wir können nicht länger warten.«
»Ich stimme dir zu. Aber ich wäre wesentlich beruhigter, wenn wir einen schlüssigen Plan hätten, bevor ihr völlig unvorbereitet drauflosstürmt.« Komm schon, Acadia, denk nach. Er hatte sie vielleicht in diese Misere gebracht, aber sie war nicht bereit, ihr Leben darauf zu setzen, dass er sie sicher wieder hier rausbringen würde. Sie musste sich an
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