Gnadenlos: Auf der Flucht (German Edition)
diesem Fluchtplan beteiligen, wenn auch nur der Funken einer Hoffnung bestand, dass er funktionierte.
Für Stift und Papier hätte sie getötet, um ihre Gedanken niederschreiben und sehen zu können, ob es eine Fluchtmöglichkeit gab, bei der niemandem im Wegrennen in den Rücken geschossen wurde.
Sie ging im Kopf das Inventar ihrer Taschen durch, dann tastete sie an ihrer linken Wade hinunter, öffnete die Tasche dort und holte eine Flasche Augentropfen von Visine heraus. Danke, ihr langweiligen Samstagabende vor dem Internet. Sie hielt Zak die winzige Flasche hin. »Nimm die hier.«
Zak warf ihr einen dieser Blicke zu, die Männer seit der Zeit, als sie das Abendessen jagten, perfektioniert hatten, einen Blick, der sagte: Ich habe Wichtigeres zu tun, Mädchen, nerv mich nicht! Ungeduldig meinte Zak: »Ich brauche keine Augentropfen.«
»Wie fändest du es, wenn du diese Männer für mindestens sechs oder sieben Stunden außer Gefecht setzen könntest, ohne dass auch nur ein einziger Schuss abgefeuert wird?«
»Ganz offensichtlich lautet die Antwort: verdammt gut.«
»Dann gib das in die neue Flasche Was-auch-immer, die sie gerade aufgemacht haben«, wies sie ihn mit übertriebener Geduld an. Also wirklich, las der Kerl denn gar nicht? »Es verursacht in Wirklichkeit keinen Durchfall. Das ist ein weit verbreiteter Mythos. Aber der aktive Inhaltsstoff Tetryzolin hat wesentlich ernstere Folgen, wenn man ihn einnimmt.«
Er warf dem Fläschchen einen zweifelnden Blick zu. »Sicher, dass das funktioniert?«
»Die Atemschwierigkeiten werden ihnen ganz schön zu schaffen machen«, versicherte Acadia ihm. »Aber es verursacht auch schwere Kopfschmerzen, Muskelschwäche, Krämpfe und möglicherweise Koma.«
»Grundgütiger. Du bist eine gefährliche Frau, Acadia Gray.«
Sie schenkte ihm ein verruchtes Lächeln. »Das versuche ich dir schon den ganzen Tag klarzumachen.«
5
»Leg dich hin, als wärst du kurz davor, ohnmächtig zu werden.«
»Das ist gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt.« Acadia durchquerte die kleine Zelle, um sich folgsam auf der dreckigen Steinplatte auszustrecken, und positionierte die Plastikhandschellen so, dass es aussah, als sei sie immer noch gefesselt. Ihr Herz hämmerte vor Angst und auch vor Erwartung, und sie versuchte, ihre Muskeln zu entspannen.
»Okay. Hab Gid vorgewarnt. Entspann dich. Du siehst aus wie einbalsamiert«, sagte Zak trocken und rückte die Handschellen an seinen eigenen Handgelenken zurecht. »Ich will, dass du ohnmächtig aussiehst, nicht tot.«
Ein paar Herzschläge lang durchzuckte sie wie ein Stromstoß das Bewusstsein, dass sein gieriger Blick wie die Liebkosung besitzergreifender Hände über ihren Körper wanderte.
Dachte er an die vergangene Nacht? Offensichtlich nicht. Nach seinem grimmigen Gesicht zu urteilen schien Sex das Letzte zu sein, was er im Sinn hatte. Reiß dich zusammen, Acadia.
Sie schloss die Augen und erschlaffte. »Besser?« Es war schwer, ihren unsteten Atem zu regulieren. Angst. Es war Angst. Und die Bilder von … Sie hielt die Luft an, bis sie dachte, dass sie vielleicht, ganz vielleicht, einatmen konnte, ohne von Erinnerungen daran überflutet zu werden, was diese Hände alles tun konnten.
Unberührt von der greifbaren sexuellen Spannung, die sie zwischen ihnen spürte, schrie Zak durch die Stäbe hindurch. »Hey! Hierher. Die Frau ist ohnmächtig geworden, sie braucht Wasser! Schnell!« Die Panik in seiner Stimme war erstaunlich. Der Mann war ein guter Schauspieler. »Sie rührt sich nicht!« Dann mit leiserer Stimme. »Fünf. Vier. Drei. Zwei.«
Um ihre Lippen zuckte es. Er war so verdammt anmaßend und selbstsicher, absolut überzeugt, dass alles nach seinem Plan verlaufen würde. Bis auf die Tatsache, dass es ihr Plan gewesen war. Sie würde ihn daran erinnern. Wenn sie lebend hier rauskamen.
Die Stimmen kamen näher, Spanisch, zu schnell, um es zu übersetzen. Sie widerstand dem Drang, sich zu versteifen, blieb wie verwelkt liegen und wappnete sich für eine Konfrontation.
Die Art, wie Zak und Gideon eine Ablenkung aus dem Ärmel schüttelten, ohne auch nur ein Wort zu sprechen, zeigte, dass sie schon öfter in der Klemme gesteckt und es überlebt hatten. Dass sie Brüder waren, begünstigte das noch, aber Acadia spürte noch eine tiefere Verbundenheit als diese. Sie vertrauten einander vorbehaltlos.
Sie konnte nicht nachvollziehen, wie sich so etwas anfühlte. Sie hatte nie jemanden gehabt, auf den sie sich
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