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Gnadenlose Gedanken (German Edition)

Gnadenlose Gedanken (German Edition)

Titel: Gnadenlose Gedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wagner
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Psycho-Scheiße herumärgern.
    Die Türklingel erlöste mich von meinen Qualen.
    „Wer kann denn das sein? Erwartest du Besuch?“, fragte er mich.
    Was für eine dämliche Frage! Seit ich aus der Klinik zurückgekehrt war, hatten mich nur zwei Menschen besucht, meine Eltern. Und die warnten mich glücklicherweise stets mit einem Anruf, bevor sie hier auftauchten. Wahrscheinlich wollten sie damit einer möglichen peinlichen Situation aus dem Weg gehen, obwohl ich nicht so genau wusste, wie die hätte aussehen können. Wenn sie hier reinschneiten, wenn Manfred mich gerade badete, hätte sie das sicher aus der Fassung gebracht. Sie wollten nicht Zeugen werden, wie ihr großer Sohn versorgt würde, als sei er ein kleiner Säugling. Wahrscheinlich hatten sie Angst davor, Manfred hätte ihnen mit einer Dose Babypuder in der Hand die Türe öffnen können.
    „Der Kleine ist gleich soweit. Nur noch das Popöchen pudern, dann ist er wieder wie neu. Und stellen Sie sich vor: heute Morgen hat er das erste Mal „Manni“ gesagt! Ist er nicht goldig?“
    So, oder so ähnlich, hatte sich das wohl in ihren Köpfen abgespielt.

    Meine Eltern waren über das Wochenende nach Genf gefahren. Mein Vater war dort auf einem Juristenkongress, und meine Mutter war mitgefahren um ein bisschen Abwechslung von ihrem harten Leben als Hausfrau zu bekommen.
    Wer konnte es also sein? Wahrscheinlich einer von den Gaswerken, oder ein Zeitungswerber.

    „Robert, hier ist Besuch für dich“, hörte ich Manfred aus der Diele rufen.
    Langsam wurde ich neugierig. Neugierig und nervös. Ich hatte heute schon genug Ärger gehabt, ich hatte einfach keine Lust mehr auf irgendwelche Leute. In diesem Moment hätte ich viel darum gegeben, wenn ich die Gedanken des unerwarteten Besuchers hätte lesen können. Doch da betrat er auch schon die Küche.
    „Guten Tag, Herr Braun. Ich hoffe, ich störe Sie nicht allzu sehr.“
    In der Küchentür hatte sich ein großer, dicker Mann aufgebaut, der eine typische Kirchenkleidung trug. Ich ahnte Schlimmes.
    „Mein Name ist Hofgang. Pfarrer Hofgang. Ich leite die Gemeinde St. Sebastian. Ich hätte vorher gerne angerufen, doch ich bin eher zufällig in der Nähe. Da dachte ich mir, ich sehe einmal nach, wie es dem Herrn Braun so geht.“
    Ich verspürte wieder einen kleinen Stich hinter meinem rechten Ohr. Ich wusste genau, was jetzt kommen würde, als ob ich schon seit meiner Geburt die Gedanken fremder Menschen lesen konnte. Seltsamerweise überraschte es mich überhaupt nicht mehr.

    [Herr! Lass mich diese Prüfung bestehen! Oh Herr! Ich fürchte mich!]

    „Entschuldigen Sie bitte meinen plötzlichen Besuch. Vielleicht sollte ich ja besser zu einem späteren Zeitpunkt wiederkommen? Ich sehe, Sie bereiten gerade das Essen vor…“

    Ich hatte nicht vor, ihn aus seiner Scheiße herauszuholen.

    „Aber Sie stören doch nicht, Herr Pfarrer! Bitte setzen Sie sich doch. Manfred, bitte biete unserem Gast doch etwas zu Trinken an. Möchten Sie einen Kaffee? Oder einen Cognac?“

    Mit Genugtuung bemerkte ich den dünnen Schweißfilm auf seiner Stirn. Eines wusste ich genau: Er war nicht freiwillig hier, und so schnell würde ich ihn nicht wieder von der Angel lassen.

    „Oh, vielen Dank. Ich habe wirklich nicht viel Zeit, und ich möchte Sie auch wirklich nicht lange belästigen.“

    Vorsichtig setzte er sich auf einen Stuhl. Dabei schaute er sich schnell in dem Raum um, als wollte er sichergehen, dass er einen möglichen Fluchtweg sofort erreichen könnte.
    Ich war sehr neugierig zu erfahren, was dieser armselige Pfaffe von mir wollte. Doch ich sagte nichts, ich ließ ihn zappeln.
    Schnell bemühte er sich, die Stille zu unterbrechen.

    „Eigentlich hat mich ihre Mutter gebeten, ihnen einen Besuch abzustatten.“

    Daher wehte also der Wind! Schlau eingefädelt, Mama! Mir einen Gottesmann auf den Hals hetzen, und dann ins Ausland fliehen!

    „Um ehrlich zu sein, ihre Frau Mutter macht sich große Sorgen um Sie.“
    Frau Mutter! Der Mann war wirklich köstlich. Langsam fing es an, mir richtigen Spaß zu machen.
    Manfred unterbrach die Komödie für einen kurzen Augenblick.
    „Wenn du mich im Moment nicht brauchst, besorge ich noch schnell ein paar Dinge.“

    Scheinbar wollte er uns ungestört wissen. Sehr sensibel, mein kleiner Pfleger.

    „Alles klar, Manfred. Ich komme schon zurecht. Denkst du bitte ans Klopapier?“

    Schnell verabschiedete Manfred sich vom Pfarrer. Nun saß er mir ohne Schutz gegenüber, und

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