Gnosis
lügen Sie, Miss Zhi?»
Ungerührt erwiderte Winter seinen bohrenden Blick. «Auf Wiedersehen, Detective.»
«Mmm-hmm.»
Winter kniff die Lippen zusammen, bis Pastorelli draußen war. Sie fuhr herum und betrachtete sich im Spiegel. Bald schon sah sie nicht mehr ihr Gesicht, sondern starrte nur noch das silberne Kreuz an.
Einen Moment lang hatte Winter schon befürchtet, der Detective würde ihr die Kette wegnehmen. In diesem Moment hatte sie gewusst, dass sie alles tun würde, um ihn daran zu hindern.
Sogar töten.
AUS DER BLOGOSPHERE I
Posted: Montag, 2. Februar 2007 – 23:19 Uhr
CRAZYSEXYCOOL!
Hab mir gerade dieses Valentinus Video bei YouTube angesehen und kann nur sagen WOW. Der Typ ist echt lecker! Eine Augenweide, meine Damen. Und seine Stimme geht einem runter wie Öl. Trotz seiner seidigen Stimmbänder kann ich nur empfehlen, ihn sich ohne Ton anzusehen, denn er, na ja … wie sagt man? Ach ja: Er hat nicht mehr alle Nadeln an der Tanne.
Jedenfalls ist er Gnostiker, und der Mann hat ein paar interessante Ansichten, wie er die Welt sieht, vor allem dass Gott seinen Job nicht so richtig toll gemacht hat. Und wenn man bedenkt, dass American Idol nach wie vor die beliebteste Fernsehshow im Land ist, kann ich ihm nicht widersprechen. Aber ich schweife ab.
Entscheidend ist: Valentinus ist H.O.T.
SpyGurl … UND SCHON BIN ICH WEG!
SIEHE AUCH: VALENTINUS , GNOSIS , AMERICAN IDOL , TANNE
KAPITEL 6
29. DEZEMBER 2007 – 17:26 UHR (54 STUNDEN, 34 MINUTEN BIS ZUR NACHT DES JÜNGSTEN GERICHTS)
Elijah fühlte sich unbeschreiblich – mit anderen Worten: Er fühlte sich gut.
Er hatte keine Angst mehr. Statt Panik zu haben, war ihm leicht ums Herz. Er atmete tief ein. Er sog die Winterluft wie eine erfrischend eisige Wolke in seine Lungen. Dort hielt er sie ein paar Sekunden, dann atmete er aus und sah sich an, wie der Dampf aus Kohlendioxid aus seinem Mund kam und verwehte.
Langsam drehte er sich einmal um sich selbst und starrte die Passanten an, die vorbeieilten. Er erntete merkwürdige Blicke, wahrscheinlich weil er von einem Ohr zum anderen grinste. Das taten die Menschen auf den überfüllten Bürgersteigen von Manhattan normalerweise nicht, auch nicht zu Weihnachten. Doch Elijah war das ganz egal. Er starrte weiter. Er sah den Passanten offen in die Augen, ohne jede Spur von Angst.
Ihm war, als könnte er es mit der ganzen Welt aufnehmen. Er lachte laut. Unmöglich, diese Freude zu bändigen. Er konnte es nicht fassen – er war draußen, inmitten dieser Menschen, wurde alle paar Sekunden angerempelt, und er hatte keine Angst.
Nach Jahren erfolgloser Therapie, in der er lernen sollte, das Verlangen seines Körpers nach Isolation zu überwinden, hatte Elijah akzeptiert, dass er nie wie alle anderen sein würde. Dass er nie Freunde haben würde. Nie eine Frau berühren. Immer allein. Aber er hatte sich eine leise Hoffnung bewahrt und las Hunderte Bücher über Psychologie und Psychosen. Doch war er seinem Ziel nie näher gekommen. Bis jetzt.
Er war
(frei)
geheilt.
Eben war ihm noch, als müsste er schreien, und jetzt … war er froh und glücklich. Kurz nachdem ihm eine unfassbar schöne Frau über das Gesicht gestreichelt hatte. Es war, als hätte sie die Angst einfach mit einem Zaubertrick verschwinden lassen. Noch einmal blickte er sich um. Er war überzeugt, dass sie nicht weit sein konnte. Doch er konnte sie nicht sehen.
Er betastete seinen nackten Hals. Der Diebstahl oder die Berührung – eins von beidem musste etwas damit zu tun haben, wie ihm jetzt zumute war. Aber wie konnte das sein? Was war der Auslöser gewesen?
Klang beides gleichermaßen abwegig, doch dass der Diebstahl ihn geheilt haben sollte, schien unrealistisch. Was konnte so ein kleines Stück Metall denn schon bewirken? Außerdem war er noch ein kleiner Junge gewesen, als …
(die Schreie … der Gestank von verbrannter Haut)
… er sie bekommen hatte. Und erst in den letzten Jahren waren seine Phobien derartig ausgeufert. Aber es konnte doch unmöglich Zufall sein.
Plötzlich fiel Elijah etwas sehr Merkwürdiges auf. Obwohl er wusste, dass er fürchtete, sich möglicherweise mitten in einer Akte-X- mäßigen Verschwörung zu befinden, spürte er die Angst doch nicht. Im Grunde war er glücklich.
Glücklich und … blau. Nicht betrunken. Blau wie die Farbe. Ein kristallines Dunkelblau. So ein Blau, wie er es vor sich sah, wenn er den Buchstaben «O» las.
Das ist nicht so. Du siehst mit den Augen
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