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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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weniger beängstigend, Stevie aus den Augen zu lassen. Was war, wenn ihm etwas zustieß? Was, wenn er – Gott bewahre – sterben musste? Wie wäre es wohl, den Todeskampf zu erleiden und dann weiterzuleben? Es sei denn …
    Plötzlich zitterte Elijah am ganzen Körper.
    Was wäre, wenn Elijah danach nicht weiterlebte? Was, wenn auch Elijah sterben musste, wenn Stevie starb?

INTERLUDIUM II
24. AUGUST 2007 – 23:57 UHR MITTELEUROPÄISCHE SOMMERZEIT (129 TAGE BIS ZUR NACHT DES JÜNGSTEN GERICHTS)
     
     
    Nachdem Valentinus die Sitzung beendet hatte, kehrte er in sein Hotelzimmer zurück, um zu duschen. Als ihm das Wasser auf den Kopf prasselte und über den verschwitzten Rücken lief, lehnte er sich gegen die geflieste Badezimmerwand. Initiationssitzungen waren immer anstrengend, doch der heutige Abend hatte ihm eine Menge abverlangt.
    Spanier waren besonders religiös, und in Madrid waren über 89 Prozent der Bevölkerung katholisch, was die Rekrutierung um einiges erschwerte. Nur drei der siebenundzwanzig Anwesenden an diesem Abend gingen nicht regelmäßig zur Kirche. Ihr Glaube war stark, doch Valentinus hatte sie – wie schon zahllose andere vorher – überzeugen können. Er entlarvte die Tricks der Kirche als das, was sie waren: ein hübscher Schleier, um die Wahrheit dahinter zu verbergen.
    Er seufzte und drehte den Duschkopf so, dass ihm das heiße Wasser ins Gesicht lief. Er musste sich entspannen. Die Sitzung hatte ihn geschafft. Er versuchte, seine Gefühle wieder in den Griff zu bekommen und sich zusammenzureißen.
    Konzentrier dich auf den Plan.
    Er nickte und führte sich die Fortschritte vor Augen, die er bereits gemacht hatte. Allein auf dieser Reise hatte er in Barcelona, Vertara und Sevilla Anhänger rekrutiert. Nur noch drei Städte, dann konnte er nach Italien weiterziehen. Dort brauchte er mindestens fünfzig Apostel – fast die Hälfte aller Attentäter. Glücklicherweise wurden die meisten in Rom benötigt, sodass er nicht fünfzig verschiedene Sitzungen abhalten musste.
    Nach Italien war er mit Europa fertig. In den meisten Ländern – Lettland, Litauen, Weißrussland, Kroatien, Slowenien, Österreich, Ungarn, Slowakei, Tschechien, Schweiz, Belgien, Niederlande, Großbritannien, Irland und Portugal – hatte er höchstens zwei Städte besuchen müssen. Nur in Frankreich, Deutschland und Polen waren selbst drei Städte zu wenig gewesen.
    Seufzend drehte er das Wasser ab. Dann stieg er aus der Dusche und bewunderte sich im Spiegel. Er liebte seinen Körper. Das war seine einzige wirkliche Schwäche. Er würde ihm fehlen, wenn er diese Welt hinter sich ließ.

KAPITEL 14
30. DEZEMBER 2007 – 9:08 UHR (38 STUNDEN, 52 MINUTEN BIS ZUR NACHT DES JÜNGSTEN GERICHTS)
     
     
    Winter begutachtete die winzigen Nadeln, die vor ihr auf dem blauen Filz ausgebreitet lagen. Sie drehte die rechte Hand um. Dann nahm sie mit der linken eine Nadel und stach sie vorsichtig vier Millimeter tief in die Falte zwischen Handfläche und Gelenk.
    Winter spürte ein Stechen und das vertraute Kribbeln, als die Nadel den Lie Que durchstach, auch «Wolkenbruch» genannt. Sie wiederholte den Vorgang am linken Handgelenk, dann legte sie beide Hände vorsichtig auf ihre Knie, mit den Handflächen nach oben.
    Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie ihr Ch’i um die Akupunkturnadeln rauschte, während diese einen der zwölf Jing Luo an ihren Armen und Beinen belebten. Jeder dieser zwölf miteinander verbundenen Meridiane korrespondierte mit einem anderen Organ und half, ihr Ch’i fließen zu lassen.
    Mit der Stimulation des siebten Punktes im Lungenmeridian wollte Winter die Blockade entfernen, die ihr solche Kopfschmerzen bescherte. Sie lächelte, als ihr der alte Reim ihres Vaters wieder einfiel: Kopf und Nacken kannst du nur mit Lie Que packen.
    Winter schloss die Augen und konzentrierte sich auf ihr Inneres. Nachdem sie zehn Minuten meditiert hatte, verschwanden die Kopfschmerzen. Plötzlich klingelte das Telefon, was ihre Konzentration zunichte machte. Winter versuchte, das unangenehme Geräusch zu ignorieren, aber es ging nicht. Also stand sie auf, ging zum Nachttisch und nahm den Hörer ab.
    «Hallo?»
    «Winter …»
    Winter brach der kalte Schweiß aus. Die Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch sie erkannte ihn sofort. «Lass mich in Ruhe, Michael!»
    «Warte!», keuchte Michael. «Nicht auflegen! Ich liebe dich. Und ich weiß, dass du mich auch liebst.»
    Winter kniff die Augen zusammen. Hatte

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