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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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Empörung, Gereiztheit und Zorn. Bei jeder Frage zum Bereich der Wut hat Elijah im visuellen Teil ‹violett› gewählt, während die Antworten aller anderen heftig variierten.
    Im visuellen Abschnitt besaßen seine Antworten eine interne Kongruenz von 93 Prozent, während die Trefferquote in den anderen sensorischen Teilen nur Durchschnitt war – 16 Prozent. Das Gleiche traf auf Winter zu, nur dass sie ihre überdurchschnittlichen Treffer im Audio-Teil erzielte. Da haben wir die beiden als Synästheten und mögliche Empathiker identifiziert.»
    «Du sagst ‹mögliche›. Du warst nicht sicher?»
    «Erst als ich in deine Klasse kam. Als ich eintrat, wusste ich sofort Bescheid. Genau wie du. Deshalb hast du diese Gespräche geführt. Du hast sie gesucht. Andere, die so sind wie du.»
    Laszlo blinzelte. Auch wenn er sich nicht bewusst auf die Suche nach anderen Empathikern gemacht hatte – es stimmte. Er hatte gesucht. Sein Leben lang hatte er sich gefragt, ob er der einzige war. Als er dann Elijah Cohen traf, änderte sich alles. In dem Augenblick, als Elijah in die Klasse kam, wusste Laszlo, dass der Junge anders war. Und obwohl er nicht sicher sein konnte, war er doch überzeugt davon, dass Elijah möglicherweise ein Empathiker war wie er selbst.
    «Du bist sicher, dass Elijah und Winter so sind wie … wir?» Laszlo staunte, wie unwirklich es sich anfühlte, nach lebenslanger Einsamkeit irgendwo dazuzugehören.
    «Ja.»
    «Aber woher weißt du das?»
    «Die stechende Intensität ihrer Empfindungen. Das musst du doch auch gespürt haben …»
    «Für mich ist es kein Stechen, aber ja, sie sind intensiv.»
    «Siehst du, welchen Einfluss Elijah auf andere Kinder hat?»
    «Mir sind da ein paar Situationen aufgefallen … feine Veränderungen, wenn er da ist. Besonders auf dem Schulhof.»
    Darian nickte. «Er funktioniert wie ein Rezeptor der Emotionen, sehr sensibel. Er fängt die Gefühle der anderen Kinder auf, besonders die negativen.» Darian blickte ernst. «Hass und Angst gehen tief. Er nimmt sie auf, dann sendet er sie wieder aus.»
    «Deshalb hacken sie so oft auf ihm herum, stimmt’s? Die anderen Kinder spüren ihre eigene Unsicherheit.»
    «Ja. Elijah steckt in einem Teufelskreis. Er absorbiert und sendet negative Emotionen. Er wird herumgeschubst, was seine eigene Unsicherheit und sein Unbehagen nur intensiviert – und das gibt er dann nach außen weiter.»
    Laszlo nickte, er begriff, weshalb Elijah immer so bekümmert und verletzt wirkte. Von Anfang an hatte er ihm leidgetan. Er schüttelte den Kopf. «Kannst du ihm helfen?»
    «Gemeinsam – denke ich – könnten wir es.»
    «Was ist mit Winter? Warum ist sie nicht wie Elijah?»
    «Ihre Gabe löst einen positiven Kreislauf aus. Sie wirkt eher wie ein Projektor, nicht so sehr wie ein Rezeptor. Und was noch wichtiger ist: Sie ist eine Frohnatur. Ihre Freude dringt nach außen, steckt alle an, die in der Nähe sind. Also sind die Emotionen, die sie aufnimmt …»
    «… eher glücklicher Natur», beendete Laszlo Darians Satz.
    «Genau. Sie ist glücklich, zufrieden, zuversichtlich, und sie projiziert ihre Empfindungen nach außen. Das spüren auch die anderen Kinder, und sie wollen in ihrer Nähe sein, um sich in ihrem Glanz zu sonnen. Und dann fühlen sie sich wohler, und so fühlt auch Winter sich wohler, und so weiter.»
    «Mehr oder weniger identische Fähigkeiten mit gegenteiligem Ergebnis», sagte Laszlo und schüttelte den Kopf. «Wie viel davon liegt in der Persönlichkeit begründet und wie viel in der jeweiligen Kraft von Projektion und Rezeption?»
    «Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.»
    «Wissen sie es? Ich meine … die Kinder, wissen sie von ihrer Gabe?»
    «Wusstest du es in dem Alter?»
    Laszlo schüttelte den Kopf. «Wenn ich daran zurückdenke, verstehe ich, wieso andere mich beeinflusst haben. Aber die Verbindung zwischen Gerüchen und meinen Empfindungen wurde mir erst mit vierzehn bewusst.»
    «Ich war dreizehn, als ich es herausfand», sagte Darian. «Die Pubertät ist echt hinterhältig.»
    «Du meinst also, sie fangen gerade erst damit an, sich das alles zusammenzureimen?»
    «Möglich.» Darian zuckte mit den Schultern. «Wenn wir es genau wissen wollen, bleibt uns nur eine Möglichkeit.»
    «Und welche?»
    «Wir fragen sie.»

KAPITEL 21
     
     
    «Nehmen wir unser Gespräch über Edison wieder auf, das wir vor ein paar Wochen geführt haben.»
    «Noch mehr Geschichten von dem Arsch?»
    «Mr. Grimes, heute werden wir uns auf

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