Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)
dem Delfin unermüdlich Mut zusprach.
Die Sonne stieg höher. Pirra spürte die sengenden Strahlen auf ihrem dichten Schopf. Wie unerträglich musste die Hitze erst für den Delfin sein! Sie sah sein starres Lächeln und dachte entsetzt: Er lächelt nicht, er stirbt.
»Die Sonne verbrennt ihn«, sagte sie.
Der Junge funkelte sie wütend an. »Und weiter?«
»Wir müssen die Strahlen abhalten, sonst stirbt er.«
Er setzte erst zu einer scharfen Antwort an und klappte dann den Mund wieder zu. »Du hast recht. Wie machen wir das?«
Eine Weile überlegten beide schweigend und riefen dann gleichzeitig: »Das Segel!«
»Ich bringe es her«, sagte er. »Du bleibst hier und sorgst dafür, dass er nicht austrocknet.«
Er war im Handumdrehen zurück. Mit dem aufgerollten Seil über der Schulter, auf das er noch einen Stapel Treibholz aus seinem Unterschlupf gepackt hatte, kam er über die Landzunge auf sie zugeschwankt. Er warf alles die Böschung hinunter und Pirra sammelte es eilends auf. Während er den Sonnenschutz baute, goss sie unablässig Wasser über den Delfin.
Sie fragte, ob er einen Namen habe, und der Junge erwiderte, er habe ihn Filos genannt. Er warf ihr einen misstrauischen Blick zu und erwartete anscheinend, dass sie sich darüber lustig machte, aber sie erklärte, das sei ein guter Name für einen Delfin.
Mit fliegenden Händen bohrte er Stöcke kreuzweise links und rechts neben Filos in den Sand und band sie zu Stützpfählen zusammen. Pirra half ihm dabei, das Tuch darüber auszubreiten, und schon war das behelfsmäßige Zelt fertig. Es schirmte Filos zwar nicht vollständig ab und ein Teil der Schwanzflosse blieb unbedeckt, aber das dichte Gewebe schützte Kopf und Körper vor den Strahlen, und er zuckte dankbar mit den Flossen.
Trotzdem mussten sie probieren, ihn irgendwie ins Meer zurückzubefördern.
Wortlos stellten sie sich links und rechts neben Filos auf, packten eine Flosse und zogen. Es war, als versuchten sie, einen Berg voranzuschieben. Der Delfin rührte sich nicht von der Stelle.
Der Junge nahm das restliche Seil und band es um die Schwanzflosse.
»Eins, zwei, drei – und los!«
Auch dieser Versuch erwies sich als wirkungslos.
»Wir tun ihm weh«, keuchte Pirra und deutete auf die aufgescheuerte Stelle an der Schwanzflosse. »So geht das nicht.«
Statt einer Antwort löste der Junge das Seil und blickte nachdenklich auf seine Fußspuren im Sand, die sich unweit der Brandung bereits mit Wasser gefüllt hatten …
Pirra verstand sofort. »Wir graben ihn frei«, sagte sie, »und dann …«
»… strömt das Wasser herein und spült ihn ins Meer.«
Sie machten sich sofort an die Arbeit, schaufelten erst den Sand unter Filoss Schwanzflosse mit Stöcken beiseite und gruben dann allmählich einen Kanal zum Ufer, wobei sie zwischendurch abwechselnd zu dem Delfin liefen und ihn mit Wasser übergossen. Endlich hatten sie sich bis zum Meer durchgegraben, und das Wasser rauschte durch den Graben bis unter die Schwanzflosse des Delfins. Pirra sah, wie ein Schauer durch den kräftigen Körper lief, und stellte sich vor, wie gut es sich für Filos anfühlen musste, dass zumindest ein kleiner Teil seines Körpers im Kühlen war.
Sie blickte zu dem Jungen hinüber und lächelte, aber er blieb ernst. Für ihn stand zu viel auf dem Spiel. Filos’ Rettung bedeutete ihm alles.
Sie hatten den Sand unter Filos’ Schwanzflosse mühelos weggeschaufelt, doch es war bedeutend schwieriger, seinen Körper freizugraben. Da sie den Delfin nicht anheben konnten, rollte ihn der Junge auf die Seite, damit Pirra den Sand unter dem Bauch entfernen konnte, aber das klappte nicht. Er machte sich zudem Sorgen, der Delfin könnte in der Seitenlage kaum noch Luft bekommen.
»Sei bloß vorsichtig mit dem Stock«, stieß er hervor. »Er darf keinen Splitter abbekommen.«
»Was ist ein Splitter?«, fragte Pirra.
Sie erhielt die Antwort, als sie sich kurz darauf einen in den Daumen bohrte.
Mittlerweile lagen sie beide auf den Knien und schaufelten den Sand mit bloßen Händen beiseite. Nachdem sie ungefähr ein Drittel von Filos’ Bauch freigescharrt hatten, kamen sie nicht mehr weiter. Die hereinströmende Wassermenge reichte bei Weitem nicht aus, um ihn ins Meer zurückzuspülen.
Der Junge hockte sich auf die Fersen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wir müssen uns was anderes einfallen lassen. Er ist zu schwer.«
Pirra nickte. Sie wechselten einen Blick über den Delfinrücken hinweg.
Dann
Weitere Kostenlose Bücher