Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)
hatte sich rasch erholt. Mit einem übermütigen Jauchzer tauchte er unter und kam prustend in einer Gischtwolke zum Vorschein. »Los, komm rein und kühl dich ab«, rief er Pirra zu.
Sie rieb sich die Arme und starrte auf das Meer, das sie so bewunderte, ohne jemals darin gewesen zu sein. Abgesehen von dem einen missglückten Versuch, mit Filos Freundschaft zu schließen, bei dem sie jede Menge Salzwasser geschluckt hatte.
»Ich kann nicht schwimmen«, wandte sie ein.
»Macht nichts, ich lass dich schon nicht untergehen.« Er grinste über das ganze Gesicht. »Ich brauche dich schließlich noch, damit du mir hilfst, das Floß zu bauen.«
Sie zögerte, während Junge und Delfin sie anblickten: zwei Geschöpfe, die sich in einem Element wohlfühlten, das ihr fremd war.
»Wie heißt du eigentlich?«, fragte Hylas.
»Äh, Pirra.«
»Na, dann los, Pirra! Komm rein. Jetzt, wo es ihm besser geht, kannst du ihn richtig kennenlernen.«
Nach kurzem Zögern trat sie ein paar Schritte vor, bis das Wasser ihre Waden umspülte. Auf wackligen Beinen watete sie tiefer hinein, doch als sie bis zu den Oberschenkeln im Wasser stand, verlor sie den Boden unter den Füßen und war plötzlich im Wasser. Es war ein kalter, schöner Schock. Das Meer hob sie hoch, wusch Hitze, Kratzer und Müdigkeit ab, kämmte ihr Haar mit langen, kühlen Fingern und sang in ihren Ohren, als sie unterging.
Hylas zog sie am Handgelenk nach oben. »Hier ist es flacher«, sagte er. »Du kannst stehen.«
Pirra blieb vor Begeisterung die Luft weg, und sie spuckte eine Ladung Salzwasser aus. Im Rhythmus der Wellen wogte sie hin und her und spürte das schlüpfrige Seegras an den Knöcheln. Ihr vom Staub befreites Goldarmband schimmerte.
Unter Wasser glitt Filos nun geschmeidig auf sie zu, Sonnenflecken tanzten auf seinem grünen Leib. Mit ausgestreckter Hand berührte sie seine kühle, seidenglatte Flanke. Sie war stolz darauf, bei seiner Rettung mitgeholfen zu haben.
»Beim nächsten Mal musst du dich mit den Händen an seiner Rückenflosse festhalten«, hörte sie Hylas hinter sich. »Dann nimmt er dich mit.«
Sie drehte sich skeptisch zu ihm um.
»Ich meine es ernst. Schau mal, da kommt er.«
Filos kam knapp unter der Oberfläche herangeschwommen, nur die Rückenflosse ragte aus dem Wasser.
Pirra erstarrte.
»Mach schon, du brauchst keine Angst zu haben.«
»Ich hab keine Angst«, murmelte sie, aber das stimmte nicht ganz. Sie fürchtete sich nicht vor Filos, vor dem Meer aber wohl.
Der Delfin glitt abermals heran, und diesmal überlegte sie nicht lange, sondern legte erst die eine und dann die andere Hand oben um seine Flosse. Sie spürte einen mächtigen Ruck, als er sie zum offenen Meer zog.
»Halt dich gut fest und lass dich einfach treiben«, rief Hylas hinter ihr her. »Streck dich aus und tritt nicht mit den Füßen. Streck auch die Arme aus, sonst wird es etwas holperig.«
Pirra umklammerte die kräftige Rückenflosse und fühlte, wie das kühle Wasser sie umströmte. Vor sich sah sie die Wellen über Filos’ glattem Kopf zusammenschlagen, der auf- und abtauchte, während sein Blasloch sich mit leisem Pfft öffnete und schloss. Die kräftige Schwanzflosse, die gleichmäßig auf- und abschlug, berührte ihre Zehen, und sie glitten schneller und schneller dahin. Sie lachte laut auf, denn sie flog, ja, sie flog durchs Meer.
Nachdem er eine große Runde durchs glitzernde Wasser gedreht hatte, brachte Filos die atemlose, wie berauschte Pirra zurück zu Hylas. Der Delfin bremste mit ausgebreiteten Flossen ab, und Pirra ließ los. Ihre Füße sanken tief im Seegras ein, aber das Meer hielt sie aufrecht, bis sie sicher stand.
Hylas blickte Filos hinterher, der mit langen Sprüngen ins Meer hinausschnellte. »Wir haben es geschafft«, stellte er mit ruhiger Stimme fest.
Noch etwas atemlos blickte Pirra ins glasklare Wasser auf ihre Füße hinab, die in den scharlachroten Seegrasbüscheln ungewohnt bleich und grün aussahen. Zwischen den Büscheln glitzerte etwas.
»Wir müssen ein Opfer bringen«, erklärte Hylas. »Wir sollten dem Meer für Filos’ Rettung danken.«
»Wir haben schon ein Opfer gebracht«, erwiderte Pirra. »Sieh mal da unten.«
Eine kleine goldene Doppelaxt hatte sich von ihrer Tunika gelöst und war auf den Meeresboden gesunken.
»Ja, das ist gut«, sagte Hylas und nickte. »Sehr gut sogar.«
H ylas hatte den ganzen Tag über nicht an Essen gedacht. Nun verspürte er mit einem Mal einen Bärenhunger.
Er machte
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