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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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sehr heiß war.
    Ihm war noch nie heiß gewesen. Seine Haut war straff gespannt und die Flossen schmerzten. Ständig wehte der Wind Sandkörner in sein Blasloch, die er vor Erschöpfung kaum noch auszuhusten vermochte. Die schöne grüne Sonne aber, die ins Meer leuchtete, damit Delfine Fische fangen konnten, hatte sich in ein grelles Weiß verwandelt, und das war besonders schlimm.
    Dieses böse Weiß drückte ihm fest die Augen zu, und als er mit Klicken herauszufinden versuchte, wie es ringsum aussah, kam kein Echo zurück. Im Oben funktionierte das anscheinend nicht.
    Selbst normale Geräusche klangen stumpf und schmerzhaft laut zugleich, das sanfte Murmeln des Meeres war nicht mehr zu hören, und von dem ohrenbetäubenden Krachen der Brandung und dem schrillen Möwengekreisch bekam er Zahnweh.
    Sein Körper fühlte sich unerträglich schwer an. Im Meer glitt er leicht und mühelos dahin, aber hier presste ihn ein drückendes Gewicht tief in den Sand. Er vermochte kaum zu atmen, geschweige denn sich zu bewegen, und als sich eine Möwe auf seinem Kopf niederließ und in seine Schnauze pickte, brachte er nur ein schwaches Zucken zustande, um sie zu verscheuchen.
    Als er dumpfes Stimmengegrummel vernahm, fasste er ein wenig Mut. Kamen ihm die Menschen endlich zu Hilfe? Er versuchte zu quieken, war aber zu schwach. Jeder Atemzug fiel ihm schwer.
    Mit seinen zugetrockneten Augen konnte er sie nicht sehen, doch er hörte Steine knirschen, als jemand auf ihn zukam. Er spürte die Angst des Mädchens und das panische Entsetzen des Jungen, der fürchtete, dass sie zu spät gekommen waren.
    Kurz darauf rann herrlich kühles Wasser über seinen Rücken und linderte die ärgsten Schmerzen seiner heißen, wunden Flosse. Undeutlich hörte er, wie sie ans Ufer liefen, ihn erneut mit Wasser übergossen und mit ihren kleinen, weichen Flossen seine Flanken tätschelten, sorgfältig darauf bedacht, dass kein Wasser in sein Blasloch drang. Der Delfin hätte den beiden gern mitgeteilt, wie froh er war, dass sie gekommen waren, aber er konnte vor Schwäche nicht einmal die Schwanzflosse rühren.
    Das Wasser war eine Wohltat, aber ihm war nach wie vor sehr heiß und das Oben drückte ihn tief in den Sand.
    Mit einem Mal begriff er. Ein bisschen Wasser auf seinem Rücken reichte nicht aus. Das war nicht das Meer – und ohne das Meer musste er sterben. Die Menschengeräusche verschwammen. Er spürte, dass sie noch da waren, doch ihre Stimmen entfernten sich allmählich.
    Er gab die Hoffnung auf. Er musste hier sterben, in diesem brennend heißen Sand.
    Er würde seinen Schwarm niemals wiedersehen.

D er Delfin schien sich zu erholen, als Pirra den Trinkschlauch über ihm ausgeleert hatte, aber nun rührte er sich nicht mehr. Seine Augen blieben geschlossen, die silberfarbene Haut sah fahl und leblos aus.
    »Ist er tot?«, flüsterte sie.
    »Sei endlich still!«, herrschte der Junge sie an. Sein panischer Blick verriet ihr, dass er dasselbe gedacht hatte.
    Er fiel auf die Knie und lauschte am Blasloch des Delfins.
    »Hörst du was?«, fagte sie leise.
    Er brachte sie mit einer ungeduldigen Handbewegung zum Schweigen.
    Sie rannte zum Wasser und füllte den Trinkschlauch. Als sie zurückkam, lauschte er immer noch. Dann hob er den Kopf und schaute sie an, ohne sie wahrzunehmen. Er sah sehr besorgt aus. »Er lebt, aber nur gerade so.«
    Zitternd goss Pirra Wasser über den Delfinrücken. Ein paar Tropfen rannen in die Nähe seines Blasloches, und sie schirmte es behutsam mit der Hand ab. Noch nie hatte sie ein Geschöpf der Göttin berührt. Voller Ehrfurcht stellte sie fest, dass sein geöffnetes Blasloch rund wie der Vollmond aussah und geschlossen einer makellosen Mondsichel glich. Seine Haut fühlte sich nicht weich, sondern glatt und hart wie polierter Marmor an.
    »Vorsicht«, warnte der Junge. »Wenn Wasser in das Blasloch kommt, erstickt er.«
    »Ich weiß, ich passe auf.«
    »Ich mach das.« Er schubste sie mit dem Ellenbogen beiseite. »Bring mehr Wasser.«
    »Das wollte ich sowieso machen.«
    Ohne ihr zuzuhören, streichelte er die Flanke des Delfins und murmelte: »Du darfst nicht aufgeben, das lasse ich nicht zu. Wir bringen dich ins Meer zurück, halt durch!«
    Obwohl der Delfin nur ein paar Schritte vor der Brandung lag, war das Wasserholen anstrengend. In dem heißen Sand sank Pirra bei jedem Schritt bis zum Knöchel ein. Als sie müde wurde, riss ihr der Junge den Trinkschlauch aus der Hand und lief hin und her, während er

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