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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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allein zurückgelassen.
    Er stieß die Schnauze durch die Oberfläche und sandte ihre Pfiffnamen ins Oben. Plötzlich erhaschte er ihr schwaches, sonderbar gedämpftes Echo. Es klang, als kämen ihre Stimmen vom Land.
    Wie war das möglich? Er konnte hören, dass sie nicht weit entfernt waren, aber er fand sie trotzdem nicht. Was hatte das zu bedeuten?
    Der Junge musste ihm helfen. Er war schlau für einen Menschen, viel schlauer, als der Delfin zuerst gedacht hatte. Er konnte sogar ein bisschen schwimmen und für ein paar Klicks lang den Atem anhalten.
    Obwohl er sich nicht in der Rausch-Sprache der Delfine verständigte, klang seine raue Stimme warm und so gefühlvoll, dass der Delfin meist verstand, was er sagen wollte. Wenn der Junge begriff, was mit dem Schwarm geschehen war, würde er ihm gewiss helfen, davon war der Delfin überzeugt.
    Das Problem war nur, dass er einfach nicht zuhörte. Seit dieses Mädchen bei ihm war, war er nur mit Streiten beschäftigt.
    Was das Mädchen anging, war sich der Delfin unsicher. Einmal war es auf seinen dürren Krabbenbeinen in der kleinen Bucht allein ins Wasser gewatet, als wolle es Freundschaft mit ihm schließen. Er war herangeschwommen und hatte ihm einen freundlichen Schubs versetzt, woraufhin es vornüber ins Wasser gestürzt war. Es hatte wild um sich geschlagen und nach Luft geschnappt, und er war enttäuscht davongeschwommen. Wieder eine von denen, die nicht schwimmen konnten.
    An Land war es dunkel und still, und beide Menschen lagen in ihrem todesähnlichen Innehalten, das den Delfin verstörte. Er fand es abscheulich, wenn der Junge sich plötzlich nicht mehr bewegte, denn für ihn war Bewegungslosigkeit unvorstellbar. Allein der Gedanke jagte ihm Angst ein.
    Ungeduldig glitt er im Wasser hin und her. Die Menschen würden erst wieder erwachen, wenn es hell wurde. Wie sollte er so lange warten? Er war zu besorgt, um zu jagen, außerdem wollte er hierbleiben, am Saum, wo er den Schwarm zuletzt gehört hatte.
    Einsamkeit tat weh. Das leise Seufzen aus dem Blasloch seiner Mutter fehlte ihm und das Geräusch, das entstand, wenn ihre schöne, geschmeidige Gestalt durchs Blaue Tief glitt. Er vermisste sogar seine kleine Schwester und ihre unbeholfenen Versuche, Seegras zu jagen.
    Im Oben herrschte noch Dunkelheit, als der Delfin einen Entschluss fasste. Er musste seinen Schwarm finden und dabei benötigte er Hilfe. Er hatte es gründlich satt, dass ihn niemand beachtete. Der Junge musste ihm einfach zuhören, dafür wollte er sorgen.
    Er würde dorthin gehen, wo vor ihm noch kein Delfin gewesen war.

    Am nächsten Morgen schreckte Hylas mit einem Ruck aus einem unangenehmen Traum hoch. Darin hatte das verrückte Mädchen der Keftiu seinen Dolch gestohlen.
    Die Sonne war noch nicht aufgegangen, der Himmel färbte sich gerade grau. Der Dolch steckte zwar noch in seinem Gürtel, aber der Trinkschlauch war verschwunden. Der Unterschlupf der Keftiu war leer und er konnte sie nirgends entdecken. Wahrscheinlich hatte sie sich davongestohlen, um den Schlauch aufzufüllen, während er schlief. Oder sie war ins Meer gefallen und ertrunken, was ärgerlich wäre, denn er benötigte sie beim Zusammenbauen des Floßes.
    In diesem Augenblick tauchte sie im Dornengestrüpp am Fuße der Landzunge auf.
    »Damit hätte sich das auch erledigt«, stellte er trocken fest. »Jetzt weiß ich, wo du das Wasser holst. Ist es eine Quelle?«
    Anscheinend hatte sie ihn nicht gehört, sondern blieb keuchend und bleich vor ihm stehen. Die sichelförmige Wunde auf ihrer Wange leuchtete tiefrot.
    »Ich habe deinen Delfin entdeckt«, stieß sie hervor. »Etwas Schreckliches ist mit ihm passiert.«

D er Delfin hatte sie doch nur dazu bringen wollen, ihm zuzuhören. Er hatte geglaubt, sie müssten Notiz von ihm nehmen, wenn er an Land kam, und ihm dann helfen, seine Herde zu finden. Aber das Meer war böse auf ihn gewesen, weil er es verlassen hatte. Es hatte ihn immer tiefer in die kleine Bucht geschoben, und nun saß er fest.
    Anfangs hatten die Wellen ihn gekühlt, aber dann war die Ebbe gekommen, und obwohl er sich wand und um sich schlug, schaffte er es nicht ins Meer zurück. Er hatte Angst. Er hörte die Brandung rauschen und konnte sie nicht erreichen.
    Bisher war er nur ein paar Klicks lang, bei besonders hohen Sprüngen, im Oben gewesen und anschließend wieder in die kühlen, blauen Wellen eingetaucht. Jetzt war er an diesem grässlichen Ort gefangen, wo alles kratzig, braun, trocken und sehr,

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