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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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folgte, lag ihm auf der Zunge, aber wozu unnötig Misstrauen schüren? »Versuch bloß nicht, mich noch mal hereinzulegen«, sagte er stattdessen drohend. »Sonst frisst mein Delfin dich auf.«
    »Delfine fressen keine Menschen.«
    »Vielleicht ist mein Delfin die Ausnahme, wer weiß.«
    Das brachte sie zum Schweigen.
    Als es dunkelte, hatten sie zusätzlich ein Seil, das Windsäckchen und ein Bündel Segelleinwand geborgen, das sie zum Trocknen auf den Kieseln ausbreiteten.
    Im Lager fertigte Hylas eine Schleuder an. Er hatte Glück und holte schon mit dem ersten Schuss einen Seevogel aus der Luft, den er in der glühenden Asche garte und anschließend genüsslich allein verzehrte.
    Pirra war empört. »Das ist ungerecht!«
    »Stimmt. Womit wir bei der ersten Überlebensregel wären: Hilf nur denen, die dir helfen. Was man von dir wirklich nicht behaupten kann.«
    »Wie bitte? Ich habe das Wrack und die Quelle entdeckt.«
    Er zuckte die Achseln.
    »Die hätte ich über kurz oder lang sowieso gefunden.«
    Wutschnaubend stampfte sie davon. Nach einer Weile kehrte sie zurück und trug drei Seeigel in ihrem Rock. Sie aß sie roh, indem sie mit einem Stock das klebrige Innere herausschabte.
    Sofort wurde Hylas misstrauisch. »Wieso hast du noch nie von Fallen gehört und kennst dich trotzdem mit diesen kleinen Stacheltieren aus?«
    »Ich habe gesehen, wie die Sklaven sie im Küchenhaus zubereitet haben«, gab sie zurück. »Außerdem nennt man sie Seeigel.«
    »Was ist ein Küchenhaus?«
    Sie musterte ihn ungläubig.
    Kurz darauf fragte sie: »Wieso nennst du sie kleine Stacheltiere, gibt es denn auch große?«
    »Ja klar«, flunkerte Hylas drauflos. »Es gibt Stacheltiere, die sind so groß wie Eber. Sie haben mächtige Fangzähne und liegen im Gebüsch auf der Lauer. In der Nacht springen sie plötzlich dahinter hervor und stürzen sich auf ihre wehrlosen Opfer.«
    Als sie daraufhin ängstlich um sich blickte, war Hylas sehr zufrieden. Geschah ihr ganz recht, das war seine Rache für die verlorene Planke.
    Er weigerte sich, seinen Unterschlupf mit ihr zu teilen, und sie war gezwungen, mehr schlecht als recht, einen eigenen zu bauen. Da sie obendrein vergessen hatte, Seegras zu trocknen und als Schlafunterlage vorzubereiten, musste sie mit den nackten Steinen vorliebnehmen.
    Sie tat ihm beinahe leid, aber dann rief er sich energisch in Erinnerung, dass ihre Leute Verbündete der Krähen waren.
    Über die Schulter hinweg sah er sie auf der anderen Seite des Feuers zusammengekauert unter ihrem kümmerlichen Stockhaufen liegen. Sie war wach. Wahrscheinlich hielt sie ängstlich Ausschau nach Stacheltieren.
    In der Dunkelheit lauschte er den Wellen, deren Schaumränder zischend über die Kiesel abliefen. Er vermisste Issi, ihr Schwatzen und ihre unaufhörlichen Fragen. »Das Besondere an Issi ist, dass sie niemals still sein kann«, hatte Telamon einmal gesagt. »Entweder sie redet, sie singt, sie summt oder sie wirft Steine. Wahrscheinlich würde es ihr richtig wehtun, wenn sie einmal den Mund halten müsste.«
    Schlaflos wälzte sich Hylas auf dem Seegras. Es kam ihm jetzt schon so vor, als hätte er Issi und Telamon monatelang nicht gesehen. Der Gedanke, dass seither nur einige Tage vergangen waren, hatte etwas Erschreckendes.
    Während er allmählich einschlummerte, hörte er Filos leise in Ufernähe pusten. Zuvor hatte der Delfin versucht, ihm etwas mitzuteilen. War er zurückgekommen, um einen zweiten Versuch zu unternehmen? Aber Hylas war einfach zu erschöpft und blieb liegen.
    »Morgen«, beruhigte er sich. »Morgen ist er bestimmt auch noch da.«

    Der Delfin war tatsächlich beunruhigt. Sein Schwarm war verschwunden. Das hatte er noch nie erlebt.
    Zuerst, als er dem Jungen geholfen hatte, hatte er die anderen gehört, die sich mit ihren Pfiffnamen riefen und Jagd auf Äschen machten. Anschließend hatten sie sich in einer sandigen Inselbucht den Bauch geschrubbt. Er war zu weit entfernt gewesen, um sie zu verstehen, aber er hatte sich keine Sorgen gemacht. Er hatte gewusst, dass er sie jederzeit aufspüren konnte.
    Aber diesmal fand er sie einfach nicht.
    Bei seiner Rückkehr hatte er im Blauen Tief nach ihnen gesucht, außer ein paar Äschenresten jedoch nichts gefunden. Er war einmal um die Insel geschwommen. Er war bis ins Schwarze Tief hinunter und hatte dort, ängstlich klickend, nach den vertrauten Gestalten gespäht.
    Ergebnislos.
    Die anderen waren wohl mit einem Flossenschlag verschwunden und hatten ihn

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