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Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Titel: Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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mir her.
    Ich muss mit dem Ältesten reden.
    Kurz vor dem Morgenlicht betrete ich die Schwerkraftröhre. Das Regentendeck ist leer. Ein Geruch von Schweiß und Erde hängt in der Luft.
    Der Älteste sitzt auf dem Boden, mit dem Rücken zur Wand neben der Tür, und starrt hinauf zu den falschen Sternen.
    »Sind Sie stolz auf sich?«, fauche ich ihn an und muss daran denken, wie ich ihn das letzte Mal so vorgefunden habe.
    Der Älteste sieht mich nicht an. »Nein«, ist alles, was er sagt.
    »Wie bringen Sie das fertig?«, brülle ich. »Die Leute so anzulügen?«
    »Halt den Mund«, wehrt sich der Älteste, steht auf und starrt mir ins Gesicht. Da rieche ich es. Diesen beißenden Geruch. Ich sehe die Flasche zwar nicht, aber sie muss hier irgendwo sein – und sie ist jetzt vermutlich leer. Aber wieso? Weshalb betrinkt er sich gerade jetzt? Er hat seine grausige Wahrheit verkündet und die Leute lieben ihn trotzdem. Das ist der Augenblick seines Triumphs. Wieso muss er sich dann mit Alkohol betäuben?
    »Du weißt ja nicht, wie es ist, aber das wirst du schon noch. Das wirst du.« Er kommt mir immer näher und sein schlechter Atem versengt mir die Nasenhaare.
    Ich habe keine Zeit für sein betrunkenes Geschwafel. »Was ist mit Amy passiert?«, frage ich und rücke noch dichter an ihn heran. Ich merke, dass es mir nicht gelingt, ihn einzuschüchtern, aber ich weiche trotzdem nicht zurück.
    »Amy, Amy, Amy«, verhöhnt er mich. »Man braucht nur einen weißhäutigen Freak in deine Richtung zu werfen und schon kennt deine Frechheit keine Grenzen mehr! Du vergisst alles, das Schiff, deine Verantwortung, einfach alles!« Er pikst mir bei jedem Wort den Finger in die Brust.
    »Was ist los mit ihr?«, brülle ich ihn an.
    »Was ist los mit dir?«, kontert der Älteste verächtlich. »Was ist los mit mir? Was ist los mit dem ganzen Schiff?«
    »Sagen Sie es mir. Waren Sie das?«
    »Was soll ich gewesen sein?«, fragt er misstrauisch.
    »Haben Sie ihr etwas gegeben, das sie krank macht?« Zutrauen würde ich es ihm. Schließlich hat er den Versorgern auch Hormone verabreicht, damit sie in Paarungslaune kommen. Er gibt Babys irgendwelches Zeug, um sie zu dem zu machen, was sie sind. Was hat er Amy gegeben? Und wie ?
    Der Älteste wirft den Kopf zurück und lacht mich aus.
    Ich schlage ihm ins Gesicht.
    Er hört auf zu lachen und auf seiner Wange leuchtet schon jetzt ein roter Fleck.
    »Du würdest es auch tun«, zischt er, und der Gestank seines Atems bringt mich zum Würgen. »Du bist mir ähnlicher, als du denkst.«
    Ich gehe. Von diesem betrunkenen Idioten kann ich keine Antworten erwarten.
    Als ich zurückkomme, ist Amy wach.
    Sozusagen.
    Sie liegt auf dem Bett, mit geradem Rücken, die Arme an den Seiten, die Zehen nach oben gerichtet, und starrt an die Decke.
    Ich frage mich, wie lange es wohl noch dauert, bis die Medis wirken.
    Ich benutze absichtlich nicht das Wort, das Doc verwendet hat. Falls.
    Ich tippe mit der Pillendose gegen mein Bein und gehe in Amys kleinem Zimmer auf und ab. Schließlich setze ich mich an ihren Schreibtisch und nehme den Floppy zur Hand. Die Dra-Kom-Ortungskarte zeigt nur Harley auf dem Kryo-Deck, der dort steht, wo die Luke ist. Ich überlege kurz, Verbindung zu ihm aufzunehmen und ihm zu sagen, dass er die Eingefrorenen bewachen soll, aber ich will nicht schon wieder mit ihm streiten.
    Allerdings beunruhigt es mich, wie besessen er von den Sternen ist. So habe ich ihn nicht mehr erlebt, seit Kayleigh starb und Doc angefangen hat, ihm die zusätzlichen Medis zu geben.
    Ich werfe einen Blick auf Amy und frage mich, wann die Wirkung ihrer Medis einsetzt.
    Falls.
    Ich drehe ihr wieder den Rücken zu und betrachte die Wand, auf der Amy die Liste der Opfer notiert hat. Sie ist auf dem neuesten Stand, denn sie hat Nummer 63, die Frau, die überlebt hat, und Nummer 26, den Mann, der es nicht geschafft hat, hinzugefügt. Sie konnte aber nur an die Wand schreiben, was sie bis dahin wusste – Nummer 63 ist weiblich, schwarz und lebt. Nummer 26 ist Theo Kennedy, männlich, weiß, Biowaffenspezialist aus Colorado. Und tot.
    Nachdem ich ihre Akten auf dem Floppy aufgerufen habe, nehme ich mir Farbe und Pinsel, um noch mehr Einzelheiten auf Amys Wand zu verewigen. Nummer 63 heißt Emma Bledsoe. Sie ist vierunddreißig und war taktische Koordinatorin bei der Marineinfanterie. Ich füge Mr Kennedys Alter hinzu – sechsundsechzig – und dass sein Platz an Bord von der Financial Resource Exchange,

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