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Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Titel: Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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Traum so.
    Ich habe nicht immer Glück.
    Während wir laufen, macht der Pfad eine Kurve. Wir sind auf dem Rückweg unserer Runde. Ich kann unser Haus sehen. Es ist eine Mischung aus unserem früheren Haus in Florida, in dem ich als Kind gewohnt habe, und dem in Colorado. Großmutter steht auf der Veranda und winkt uns zu.
    Und Mom verlässt den Pfad und geht ins Haus.
    »Komm rein«, sagt Daddy und joggt die Stufen zur Veranda hoch.
    Aber ich kann nicht aufhören zu rennen. Meine Füße weigern sich, nach Hause zu gehen.
    Ich kann nicht anhalten.
    Ich muss weiter und weiter rennen, in dieser Welt, die wunderschön und friedvoll und perfekt ist.
    Ich versuche anzuhalten. Ich laufe zurück zum Haus, und Mom und Großmutter und Daddy sind da und essen Pfannkuchen, und manchmal ist auch Jason da und der Hund, den ich als Kind hatte, und meine Freunde aus der Highschool.
    Und ich kann nicht anhalten.
    Denn manchmal verwandeln sich die Träume von der neuen Welt in Albträume.

10
    Junior
    Anscheinend hat der Älteste vor, mich mit Lektionen zu bestrafen. Er sprach während der langen Fahrt im Aufzug kein Wort, und als ich ihn auf dem Weg vom Krankenhaus zur Schwerkraftröhre nach dem Mädchen ausfragen wollte, hat er nur missmutig gegrunzt. Und jetzt im Lernzentrum stößt er mich auf den harten blauen Plastikstuhl neben dem verblichenen Globus der Sol-Erde.
    Ich frage wieder nach dem Mädchen, aber der Älteste lässt sich auf den Stuhl mir gegenüber fallen und verzieht das Gesicht, als er sein Bein hochlegt und den Globus als Stütze nimmt. Sein Schuh bedeckt Australien.
    »Nun?«, knurrt der Älteste.
    »Was?« Ich schaffe es nicht, den bockigen Ton aus meiner Stimme herauszuhalten.
    »Hast du die dritte Ursache für Unfrieden herausgefunden?«
    »Nein«, antworte ich und betrachte die Berge auf dem Globus.
    »Du hattest also genügend Zeit, an Orten herumzuschnüffeln, an denen du nichts zu suchen hast, aber nicht, um das zu tun, was ich dir aufgetragen habe?« Der Sarkasmus des Ältesten ist grausam; er schleudert mir die Worte nur so ins Gesicht.
    »Warum wusste ich nichts von dem geheimen Deck mit den eingefrorenen Menschen?«, brülle ich zurück. »Ich bin schließlich der nächste Anführer auf diesem Schiff! Ich sollte alles darüber wissen!«
    »Du solltest alles wissen? Und wieso nennst du mir dann nicht die dritte Ursache für Unfrieden?«
    »Weil ich sie nicht kenne!«, antworte ich hitzig.
    »Dann bleib hier und lerne!«, brüllt der Älteste mich an und wirft mir einen Floppy hin, auf dessen Schirm bereits die Geschichte der Sol-Erde blinkt. Bevor ich ihm den Floppy zurückwerfen kann, stürmt er schon aus dem Raum und kickt dabei den Globus zur Seite. Die Sol-Erde kullert hinter ihm her, ein blaugrünes Nichts, das gegen das Tischbein rollt.
    Die Laune des Ältesten ist besonders mies, weil er sich beherrscht hat, bis wir unter uns waren. Wären wir woanders, nicht hier allein auf dem Regentendeck, hätte er ganz anders mit mir gesprochen.
    Der Älteste lässt die Tür des Lernzentrums offen. Nachdem er davongestürmt ist, lasse ich den Blick zum Metallschirm wandern, hinter dem sich die blinkenden Lampen verbergen, die ich für Sterne gehalten habe.
    Wieso belügt er mich wegen der Sterne und dem geheimen Deck?
    Welche Lügen hat er mir sonst noch aufgetischt?
    Ich trommle mit den Fingern auf dem Tisch aus echtem Holz von der Sol-Erde herum und versuche, eine Entscheidung zu treffen. Wenn der Älteste mir nicht sagt, was Sache ist, muss ich es eben selbst herausfinden. Mein Blick wandert zu dem runden Metalldeckel über der Schwerkraftröhre in der Ecke des Raums. Ich könnte mich verdrücken, mit der Röhre aufs Versorgerdeck zurückkehren und sehen, was ich sonst noch herausfinde. Vielleicht weiß Orion noch mehr. Ich kann in diesem winzigen Raum nicht nachdenken. Ich würde jetzt gerne eine Weile auf dem Schiff herumlaufen, dessen Route schon vor Jahrhunderten festgelegt wurde. Ich muss meine Gedanken ordnen, damit ich das alles auf die Reihe kriege.
    Aber mich einem direkten Befehl des Ältesten widersetzen?
    Dafür fehlt sogar mir der Mut.

11
    Amy
    Noch mehr als das Geräusch meines eigenen Herzschlags vermisse ich das Ticken einer Uhr.
    Die Zeit vergeht. Sie muss vergehen, aber ich kann nicht sicher sein, ob ich mich durch die Zeit bewege oder durch den Raum. In gewisser Hinsicht ist das tröstlich: Es bedeutet, dass schon 300 Jahre und 364 Tage vergangen sein können und ich morgen aufwachen

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