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Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt

Titel: Godspeed Bd. 1 - Die Reise beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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standen.
    »Bist du mit Jason hier?«, fragte das Mädchen vor mir. Ich nickte. Ihr Name war Erin, und sie war eine Klasse über mir – das war alles, was ich von ihr wusste.
    »Er hat mir letztes Jahr das Herz gebrochen. Keine Ahnung, wie er das macht.«
    »Was macht?« Ich lächelte zwar noch, aber mein Lächeln fing an, sich unecht anzufühlen.
    »Den Überblick über seine ganzen Freundinnen zu behalten.« Mein Lächeln verschwand. »Ich schwöre«, fuhr Erin fort, »dass ich all die Monate, in denen wir zusammen waren, gedacht habe, dass ich die Einzige bin, aber von Jill und Stacy habe ich erst erfahren, als wir Schluss gemacht haben.«
    Ich fühlte mich, als hätte mir jemand eine Ohrfeige verpasst.
    »Er hat dich betrogen?«
    »Und ob«, bestätigte sie und lächelte. »Aber das war letztes Jahr. Ich wette, er ist jetzt ganz anders. Ihr beide seht total süß zusammen aus. Ich bin froh, dass du es geschafft hast, ihn umzukrempeln. Du heißt Kristen, nicht wahr?«
    »Nein«, sagte ich mit hohler Stimme. »Amy.« Wer war Kristen? Wieso dachte sie, mein Name wäre Kristen? Hatte Jason mit Kristen etwas laufen?
    »Mein Fehler«, sagte Erin schnell.
    War das Mitleid in ihren Augen?
    Ich trat aus der Schlange. Wen interessierte schon verschmierte Wimperntusche.
    Als ich wieder am Tisch saß, hat Jason gelacht und mir eine Serviette gegeben. Er hat sogar selbst die verschmierte Wimpertusche weggewischt und meine Wange mit einem Finger gestreichelt. Sein Blick ruhte auf meinen Lippen.
    Und ich musste daran denken, wie wir uns früher an diesem Abend voneinander verabschiedet hatten.
    Ein Teil von mir wollte wissen, wer Kristen war, und wem er vorhin die SMS geschrieben hatte, als er nicht wollte, dass ich sein Handy sehe. Und was seine Freunde mit »große Pläne« gemeint hatten. Am nächsten Samstag. Wenn ich schon weg war.
    Aber ein anderer Teil von mir wusste, dass es zu spät war. Wir hatten schon … Lebewohl gesagt.
    Wäre es nicht einfacher zu glauben, dass Jason mein Jason war und dass er mich nie betrogen hatte?
    Damals fand ich, dass es keine Rolle spielte.
    Aber jetzt bedaure ich es, dass ich ihn nicht gefragt habe.

46
    Junior
    »Sie ist nicht hier«, sagt Harley. Er sitzt im Gemeinschaftsraum der Station und starrt aus dem Fenster auf die Weizenfelder.
    Ich gehe auf die Tür zu, die zu den Zimmern führt. »Gib dir keine Mühe«, faucht Harley. »Sie will allein sein.« Gerade als ich etwas entgegnen will, fügt er hinzu: »Und ich auch.« Als er sich übers Gesicht reibt, fällt mir auf, dass er ein blaues Auge hat.
    Ich nehme mir vor, Doc zu fragen, wann Harley das letzte Mal seine Medis genommen hat. Es ist nicht die Psycho-Pille, um die ich mir Gedanken mache – es sind die anderen Pillen, die Doc ihm gibt, damit seine düsteren Stimmungen verschwinden.
    Ich verlasse das Krankenhaus wieder. Ich komme an der Statue des Seuchen-Ältesten vorbei, aber ich bleibe nicht stehen. Ich will nicht, dass auch er auf mich herabsieht.
    Ich folge dem Pfad zum Archiv. Überall sind die Leute in Aktion, denn die Paarungszeit ist noch in vollem Gange. Mir wird übel bei dem Gedanken, dass das alles nur durch die Wasserpumpe des Ältesten ausgelöst wird.
    Als ich beim Archiv ankomme, muss ich auf den Stufen über ein eng verschlungenes Paar steigen. Victria sitzt in einem Schaukelstuhl auf der Veranda, beobachtet die beiden und schreibt gelegentlich etwas in ihr kleines, ledergebundenes Buch. Es wundert mich, dass sie nicht mit Bartie zusammen ist, aber der Älteste sagte ja, dass die Hormone die Bauern stärker beeinflussen als die anderen.
    Orion steht mit dem Rücken zu mir vor dem Bild des Ältesten, der über die Weite des Versorgerdecks blickt. Bevor ich etwas sagen kann, hebt er das Gemälde aus seiner Wandnische und legt es auf die Veranda.
    »Was machst du da?«, frage ich schockiert. Die Wand des Archivs sieht ohne das falsche Willkommenslächeln des gemalten Ältesten irgendwie nackt aus.
    »Es ist Zeit für ein aktuelleres Bild«, sagt Orion. Er hebt das Bild auf und verschwindet damit in der Halle. Das Gemälde vom Ältesten ist mindestens ein Jahrzehnt alt. Auf dem Bild sind seine Haare noch fast vollständig braun, seine Augen klar, und auf seiner Stirn zeichnet sich eine erste Spur von Falten ab. Ich frage mich, was das neue Bild wohl zeigen wird. Lange weiße Haare? Vielleicht liege ich aber auch total falsch. Vielleicht verleiht ihm das Alter sogar etwas Königliches.
    »Hey«, sagt Victria

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