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Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Titel: Godspeed Bd. 2 - Die Suche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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Titel nie für mich beansprucht. Und die Robe steht nur einem Ältesten zu.
    Aber im Grunde ist es egal, dass mir keine bissige Bemerkung einfällt, die ich Bartie an den Kopf werfen könnte, denn als er bei mir ankommt, schubst er mich so heftig zur Seite, dass ich gegen die Wand stolpere.
    »Was zum …?«, stoße ich hervor, aber Barties Stimme übertönt meinen Protest.
    »Lassen wir uns das gefallen?«, ruft Bartie der Menge zu. »Wie kann es dieses Kind wagen, uns herzubestellen und sich in der Robe des Ältesten zu präsentieren? Er ist kein Ältester – und kein Anführer!«
    Und sie jubeln ihm zu.
    Zwar nicht alle, aber dennoch sehr viele. Genug, um ihre zustimmenden Rufe in meinen Kopf eindringen zu lassen, wo sie sich in meine Erinnerung saugen wie Wasser in einen Schwamm.
    »Wir verdienen einen neuen Anführer. Einen, den wir gewählt haben!«
    Mir rutscht die Robe von den Schultern.
    Ich packe Bartie am Ellbogen und wirble ihn zu mir herum. »Was tust du da?«
    »Deinen Job«, antwortet er verächtlich.
    »Den kann ich selbst tun!«, fauche ich ihn an.
    »Ach, tatsächlich?« Wieder schubst er mich so heftig, dass ich gegen die Wand fliege. Bartie spricht jetzt leiser – und trotzdem hören ihm alle zu. Er bringt die Leute wirksamer zum Schweigen als ich. Bei mir sind die Leute nur verstummt, aber bei Bartie sind sie nicht nur ruhig, sie hören ihm auch zu. Sie lauschen jedem seiner Worte. »Was hast du getan, seit der Älteste tot ist? Nichts.«
    »Ich habe euch alle von Phydus befreit!«
    »Aber nicht alle wollen ohne Phydus leben! Was hast du für sie getan? Du hast sie verängstigt in ihren Wohnungen hocken lassen. Sie auf den Straßen sterben lassen. Ist dir überhaupt aufgefallen, wie viele von uns nicht hier sind? Wie viele Leute nicht mehr arbeiten? Wie viele zusammengebrochen sind, Angst haben, einsam sind? Interessiert dich das überhaupt?«
    »Natürlich interessiert es mich!«
    Bartie tritt einen Schritt zurück und mustert mich von oben bis unten. »Du kannst kein Ältester sein, wenn du immer noch Junior bist«, sagt er schließlich ganz ruhig, aber immer noch so laut, dass es alle hören können. »Und«, fügt er leise hinzu, dass nur ich es höre, »du kannst kein Ältester sein, wenn dir Amy wichtiger ist als die Godspeed.«
    Ich weiß nicht, ob es an seinem herablassenden Grinsen liegt oder daran, dass er womöglich recht hat, aber ich hole aus und schlage ihm die Faust mit aller Kraft, die ich aufbringen kann, ins Gesicht.
    Bartie sieht einen Moment total geschockt aus, aber dann erholt er sich und verpasst mir einen Kinnhaken. Mein Kopf wird so heftig zurückgeschleudert, dass meine Halswirbelsäule knackt und ich mir auf die Zunge beiße. Ich schmecke Blut und einige Tropfen davon fallen auf die Ältestenrobe.
    Die Menge rückt vor und mit der Stille im Raum ist es vorbei. Rund um Bartie und mich rufen seine engsten Anhänger: »Regiert euch selbst! Regiert euch selbst!« Shelbys Stimme überschreit den Sprechgesang, denn sie versucht, ihren Technikern Befehle zu geben. Ich will ihr zur Hilfe kommen, aber Bartie schlägt mir in den Magen. Ich krümme mich vor Schmerzen. Shelby will mir beistehen. Sie kann Bartie zwar abwehren, aber einer seiner Kumpane springt vor und stößt mich gegen die Wand. Mein Ellbogen prallt gegen das Metall. Ich atme vor Schmerz scharf ein, ziehe das Knie an und ramme es ihm in den Bauch.
    Ich springe zurück aufs Podest.
    »Es reicht!«, brülle ich.
    Niemand schenkt mir Beachtung.
    Das ist es, worüber ich herrsche: eine unkontrollierbare Menschenmenge, die mich hasst oder ignoriert.
    Ich ramme meinen Finger auf die Dra-Kom – und verziehe das Gesicht, weil allein diese Bewegung meinen Ellbogen noch mehr schmerzen lässt. »Direktes Kommando: Geräuschmodifizierung. Intensität: Stufe Zwei. Anwenden auf das ganze Schiff.«
    Jetzt sehen sie mich an, einige von ihnen mit demselben Ausdruck, den sie sonst nur beim Ältesten hatten.
    »Geräuschmodifizierung Ende.« Ich beende die Dra-Kom-Verbindung. »Ich bin nicht hier, um mich als Herrscher über euch aufzuspielen!«, verkünde ich. »Ich habe euch hergebeten, um – ach, folgt mir einfach.«
    Ich dränge mich durch die Menge und öffne die Luke im Boden, durch die man aufs Technikdeck kommt. Ich gehe auf der Leiter voraus und direkt auf den Maschinenraum zu. Shelby ruft mir etwas hinterher, aber ich ignoriere sie – sie will mir nur sagen, dass der Zutritt zu diesem Bereich verboten ist und

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