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Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Titel: Godspeed Bd. 2 - Die Suche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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zusammen. »Es ist nur …«
    »Nur was?«, fragt er wütend.
    Ganz einfach: Wenn ich auf der Erde wäre statt auf diesem dämlichen Schiff, und ich Junior in der Schule oder in einem Klub oder bei einem Blind Date kennengelernt hätte und ich zwischen ihm und jedem anderen Jungen der Erde hätte auswählen können … Würde ich mich dann in ihn verlieben?
    Würde er sich in mich verlieben?
    Liebe, ohne eine Wahl zu haben, ist keine Liebe.
    »Ich will nicht mit dir zusammen sein, nur weil es keinen anderen gibt.«

11
    Junior
    »Aber …«
    Doch sie ist bereits verschwunden.

12
    Amy
    Am nächsten Morgen gehe ich wieder zu meinen Eltern. Ich starre ihre eisigen Gesichter an, bis mir die Augen wehtun, dann kneife ich sie zu. Aber ob ich sie nun sehe oder nicht – Tatsache ist, dass sie eingefroren sind, und ich bin es nicht. Und die Godspeed ist stehen geblieben.
    Stehen geblieben.
    Ich vertreibe diesen Gedanken aus meinem Kopf und versuche stattdessen, etwas zu meinen Eltern zu sagen, ihnen zu erzählen, was ich vermisse. Aber ich kann mich nicht konzentrieren. Also stehe ich seufzend auf und schiebe meine Eltern zurück in ihre Kryo-Kammern. Seit meinem Streit mit Junior ist alles furchtbar, und ich kann mich nicht mit seiner oder unserer Vergangenheit aufhalten.
    Irgendwie ist es merkwürdig. Auf der Erde hat man mir schlimmere Schimpfwörter verpasst als Freak . Aber hier hat das Wort eine andere Bedeutung, und wenn man es von einem der wenigen Menschen an den Kopf geworfen bekommt, denen man vertraut, dann tut es besonders weh.
    Als ich mich aufrichte, pikt mich etwas ins Bein. Ich greife in die Tasche und hole das kleine schwarze Rechteck aus Plastik heraus, das ich gestern im Archiv gefunden habe. Ich hätte es beinahe Junior gezeigt, aber … ich konnte es nicht. Ich bin eigentlich nur aufs Regentendeck gekommen, um mit ihm zusammen zu sein, und dabei sollten uns keine geheimnisvollen Botschaften von Orion ablenken. Und nach unserem Streit wollte ich nur weg von ihm.
    Das schwarze Rechteck sieht aus wie die Miniaturausgabe eines Floppys und ich streiche probeweise mit dem Finger über die Oberfläche. In der Mitte leuchtet ein Quadrat auf und es erscheinen die Worte: ZUGANG BESCHRÄNKT .
    Ich schaue auf. Ohne es zu merken, bin ich von den Kryo-Kammern zum Genlabor am anderen Ende des Decks gewandert. Hinter der Tür befinden sich das Genmaterial, mit dem Doc und der Älteste nach der Paarungszeit die Schwangerschaften manipuliert haben, die Wasserpumpe, mit der Phydus verbreitet wurde … und Orion. Vielmehr, was von ihm übrig ist. Eine gefrorene Hülle, genau wie meine Eltern.
    Ich fahre mit dem Daumen über den biometrischen Scanner an der Tür zum Genlabor, und als die Tür aufzischt, trete ich ein. Jemand hat einen Stuhl neben die erste Kryo-Kammer gestellt, zum dicken Glasfenster ausgerichtet, wie ein Vater ihn hinstellen würde, um mit seinem kranken Kind zu sprechen. Ich trete den Stuhl zur Seite, damit ich dem Mann hinter dem Glas gegenübertreten kann.
    Orion.
    »Ich hasse dich«, sage ich.
    Seine Augen quellen hervor, seine Finger sind zu Klauen gekrümmt, aber er kann mich nicht erreichen. Er kann nicht reagieren, kann nicht blinzeln, kann sich nicht bewegen. Er ist eingefroren und so gut wie tot.
    Ich hasse ihn trotzdem.
    Dies ist Orions Strafe. Für die Morde an den Eingefrorenen und den Mord am Ältesten. Wenn – falls – das Schiff landet und die anderen Leute von der Erde reanimiert werden, sollen sie über ihn richten und mit ihm verfahren, wie sie es für angemessen halten. Das ist das Urteil, das Junior über ihn gesprochen hat, bevor er den Knopf zum Einfrieren gedrückt hat. Aber ich weiß etwas, was sonst niemand auf dem Schiff weiß: eingefroren zu sein, ist die eigentliche Strafe. Ich kann mich gut daran erinnern, wie es sich anfühlt zu schlafen und doch wach zu sein. Mein Körper erinnert sich daran, wie es ist, sich nicht bewegen zu können. Ich werde nie vergessen, wie es ist, in die eingefrorene Zeit einzutauchen, nie zu wissen, ob ein Jahr vergangen ist oder schon tausend, und dazu die panischen Gedanken, dass die Seele in alle Ewigkeit im Eis gefangen bleiben wird.
    Ich weiß, was für eine Folter im Eis vor sich geht.
    Hinter dem Glas der Kryo-Röhre sehe ich die roten Äderchen in Orions Augen. Ich stelle mir vor, wie ich mich in seinen Augen spiegle, aber er ist blind. Seine Hand drückt gegen das kleine Fenster in der Röhre. Einen Moment lang lege ich meine

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