Godspeed Bd. 2 - Die Suche
andererseits kann sie nicht abstreiten, dass diese Waffen da sind. Und sie sind … ich weiß nicht, bedrohlicher , als ich erwartet habe.
Ich gehe an die andere Seite des Raums, wo die größten Waffen lagern. Ich erkenne Torpedos und Lenkgeschosse und Panzerfäuste von den Videos über die Kriege der Sol-Erde, die der Älteste mir gezeigt hat. Ein Regal erstreckt sich über die ganze Länge der Wand. Darauf liegen kleine runde Pakete aus gepresstem Puder, die ebenfalls in durchsichtiges Plastik eingeschweißt sind.
Amy nimmt eine der kleinen Packungen in die Hand. »Die sehen aus wie die Toilettensteine, die wir auf der Erde immer in den Spülkasten gehängt haben, um die Toilette sauber zu halten.« Sie dreht das Ding in der Hand und die dicke Plastikfolie knittert. Dann bemerkt sie meinen verständnislosen Blick. »Ach ja, die Toiletten haben hier ja keine Spülkästen.«
Auf der Unterseite der dicken Plastikhülle klebt eine Warnung:
Pflanzenvernichtung biologisch-chemisch
Anwendung mit Prototyp Geschütz Nr. 476
Reichweite: 50 + Hektar
Einsatz: siehe Prototyp Geschütz Nr. 476
FRX
FRX … Financial Resource Exchange. Die Organisation, die die Mission der Godspeed finanziert hat.
Auf dem nächsten Regalfach liegen ähnliche Pakete, aber diese sind schwarz und auf dem Etikett an der Unterseite steht: Vernichtung von Mensch und Tier biologisch-chemisch.
Ich lege die Dinger vorsichtig wieder zurück, um bloß nichts auszulösen. Ich brauche meine ganze Willenskraft, sie nicht wegzuschleudern, so weit weg, wie ich kann, am besten durch die Luke hinaus ins All.
»Erzähl mir nicht, dass du immer noch glaubst, das hier dient nur der Selbstverteidigung«, sage ich. Ich will keinen Streit mit Amy vom Zaun brechen, aber auch sie erkennt zweifellos, wie extrem gefährlich diese Waffen sind. »Das sind chemische Waffen. Zum Auslöschen ganzer Völker.«
»Meine Mutter ist Genetikerin und dem Militär genauso wichtig wie mein Vater«, kontert Amy sofort, aber ihre Stimme klingt bedrückter als sonst. Ich weiß nicht, ob das bedeutet, dass ich nicht länger ihre Überzeugung anzweifeln soll oder aber, dass sie ihre eigenen Zweifel nicht mehr ertragen kann. »Wenn die FRX alles Leben auf der Zentauri-Erde auslöschen will, wieso haben die dann eine Biologin mit an Bord genommen? Wozu eine Wissenschaftlerin, die das Leben studiert, wenn sie alles vernichten wollen? Es sind siebenundzwanzig Leute vom Militär an Bord – aber auch dreiundsiebzig Zivilisten.«
Ich nicke ihr zu. Sie hat recht. Natürlich hat sie recht. Aber das bedeutet nicht, dass Orion falsch lag.
Amy dreht mir den Rücken zu und betrachtet die Waffen. Plötzlich schnappt sie nach Luft.
»Was ist?«, frage ich.
Sie antwortet nicht, sondern nimmt eine senfgelbe Folienpackung vom Regal. »Das sieht aus wie ein halbierter Softball«, sagt sie und reicht mir die Packung. Ich drehe sie um und lese die Warnhinweise auf der Unterseite.
Warnung: Explosiv; leicht reizend
Explosivmischung Formel M
Reichweite: 3 Meter
Auslöser auf der Oberseite drücken;
Detonation erfolgt nach 3 Minuten
FRX
Ich lege das Paket so vorsichtig und so schnell ins Regal zurück, wie ich kann und drehe mich um, weil Amy etwas entdeckt hat.
»Sieh doch!«, sagt sie aufgeregt und wedelt mit einem Floppy herum. »Der nächste Hinweis!«
Ich beuge mich über Amys Schulter und frage mich, ob es in dieser neuen Aufzeichnung um die Waffen geht, die wir gerade entdeckt haben, oder darum, das Schiff wieder in Bewegung zu setzen. »Wieso hat er diesmal einen Floppy benutzt und keine Mem-Karte?«, überlege ich.
Amy zuckt mit den Schultern. Es ist egal – hier ist der nächste Hinweis und wir sind dem Geheimnis, das Orion in sein eisiges Grab mitgenommen hat, ein Stück nähergekommen. Und damit hoffentlich auch der Lösung unseres Problems.
Und vielleicht verrät er uns jetzt, wie wir das Schiff wieder in Bewegung setzen können.
Ich wage diesen Gedanken kaum zu Ende zu denken, aber Tatsache ist doch, dass Orion viel mehr gewusst hat, als wir alle ahnten, und dass sich alles um den fehlenden Antrieb dreht. Dieses große Geheimnis, das er immer wieder andeutet – es muss der Schlüssel sein.
»Bereit?«, fragt Amy und fährt mit einem Finger über den Bildschirm.
Aber es erscheint kein Bild von Orion, wie er auf den Stufen sitzt und zu uns spricht. Der Bildschirm bleibt schwarz. Ich beuge mich noch dichter über ihn. Amy fasst unwillkürlich fester zu und der
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