Godspeed Bd. 2 - Die Suche
Floppy biegt sich in ihren Fingern.
»Wieso kommt da kein Film?«, fragt sie. »Hab ich was falsch gemacht?«
Ich schüttele den Kopf und genau in diesem Moment beginnen weiße Worte, über den schwarzen Bildschirm zu laufen.
Du hast es bis hierher geschafft. Das ist gut. Aber ich habe nichts anderes von dir erwartet.
Zuerst einmal habe ich eine Frage an dich. Wieso haben wir solche Waffen?
»Genau das frage ich mich auch«, murmele ich.
»Häh?«, macht Amy, aber ihre Augen huschen von einem Wort zum nächsten.
»Ach, nichts«, sage ich.
Es muss einen Grund dafür geben. Du musst dir dieselbe Frage stellen, die ich dem Ältesten gestellt habe: Wenn wir auf einer friedlichen Forschungsmission sind, wie der Älteste behauptet – wieso sind wir dann bewaffnet wie für einen Krieg?
Der Älteste ist mir die Antwort schuldig geblieben. Wir brauchen sie nach der Landung. Das ist alles, was er gesagt hat. Dass die Eingefrorenen einen Grund dafür haben. Aber man hat diese Waffen nicht dabei, wenn man nicht vorhat, jemanden umzubringen. Und das sind entweder wir oder die – wer auch immer die sind, die uns auf der Zentauri-Erde erwarten.
Aber wie auch immer, wir – die auf dem Schiff Geborenen – werden nach der Landung mitten hineingeraten.
Die letzten Worte verblassen, dann kommt nur noch Rauschen, das aber recht schnell einem Bild von Orion am Fuß der Riesentreppe weicht. Diese Aufzeichnung ist anders als die vorherigen – nicht nur, weil sie diese Texteinleitung hatte, sondern weil Orion hier viel jünger ist, vielleicht zwanzig oder so. Die Kamera nimmt ihn aus einem ungünstigen Winkel auf und er greift nach ihr, um die Aufnahme zu korrigieren. Er sieht sich dauernd um, als hätte er Angst, dass man ihn entdeckt.
Orion:
Ich habe gerade das Geheimnis erfahren. Das große.
»Da ist er jünger«, stellt Amy fest.
»Er sieht aus wie ich«, sage ich.
»Tut er nicht.«
Doch, tut er.
Orion beugt sich auf den Stufen nach vorn, näher an die Kamera heran.
Orion:
Dies ist viel größer als das Klonen, größer als Phydus. Es ist der Grund für Phydus.
»Er klingt auch wie ich.«
Orion schluckt schwer. Ein paar Augenblicke verstreichen, bevor er weiterspricht. Amy wirft mir einen besorgten Blick zu, aber ich ignoriere sie und betrachte stattdessen Orion, der nervös an seiner Unterlippe kaut.
Orion:
Der Älteste will nicht, dass
irgendjemand
dieses Geheimnis kennt. Ich glaube, er wollte auch nicht, dass ich etwas mitbekomme, aber …
Orion spricht jetzt hastiger, leiser und eindringlicher. Auch wir beugen uns vor und halten beim Lauschen den Atem an.
Orion:
… es waren Wartungsarbeiten an der Außenseite des Schiffes nötig. Er hat gesagt, ich solle den Ersten Techniker Devyn schicken, aber stattdessen habe ich es selbst getan. Ich – ich habe gesehen, was ich nicht sehen sollte. Er ist wütend. Wütender, als ich ihn je erlebt habe. Ich dachte schon früher, er könnte … Aber diesmal glaube ich wirklich … Vielleicht muss ich …
Die Kamera schwenkt nach links hinter die Treppe. Auf einem Feldbett liegt ein Haufen Vorräte neben ein paar verschlossenen Kartons.
Orion:
Ich treffe bereits seit einiger Zeit Vorkehrungen. Seit ich die Eishölle auf dem Kryo-Deck gesehen habe. Seit ich vom Klonen erfahren habe. Ich weiß, dass ich ersetzt werden kann. Es ist dem Ältesten ein Leichtes, seine Drohungen in die Tat umzusetzen.
Die Kamera schwenkt wieder auf Orion, der ein trotziges Gesicht macht. Ich finde, er sieht genauso aus wie ich.
Orion:
Ich kenne die Geheimnisse des Ältesten, aber er kennt meine nicht. Er hat nicht herausgefunden, wo ich mich verstecke oder wie. Er beobachtet mich zwar über das Dra-Kom-System, aber ich habe herausgefunden, wie man das Signal manipulieren kann, sodass es aussieht, als wäre ich im Krankenhaus, auch wenn das nicht der Fall ist.
Orion hebt die Hand zu seinem linken Ohr und berührt dort sanft den Knopf – er drückt ihn aber nicht.
Orion:
Er weiß nichts von diesem Ort. Aber das wird nicht reichen. Vielleicht muss ich …
Orions Finger umklammern die Dra-Kom, die Nägel fahren über seinen Hals und hinterlassen dort rote Kratzspuren. Ich werfe Amy einen Blick zu. Sie berührt die Dra-Kom an ihrem Handgelenk mit einem Finger und runzelt die Stirn.
Orion:
Aber dieses Geheimnis … es muss geheim bleiben. Niemand darf es wissen. Nicht einmal ich. Es ist … einfach zu
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