Godspeed | Die Ankunft
der
Godspeed
geschaffen.«
Vom Seuchenältesten. Er hat viele Hundert Kopien von sich gemacht, um sicherzugehen, dass er in der einen oder anderen Form der ewige Diktator einer sich nie ändernden
Godspeed
sein würde.
»Was ist ihr …« Mom zögert und sucht nach den richtigen Worten. »Es tut mir leid. Ich möchte wirklich nicht unsensibel oder ignorant erscheinen, aber was ist ihr Verwendungszweck?«
Junior starrt in die goldene Flüssigkeit. Ihr Verwendungszweck? Mehr von ihm zu machen. Ersatz. Der Älteste hat ihm genau das angedroht – Junior zu töten und mit einem neuen Klon aus dem goldenen Glibber von vorn anzufangen. Genau so, wie er es auch schon mit Orion getan hat …
»Kein Verwendungszweck«, sagt Junior mit tonloser Stimme.
»Kann ich – du darfst natürlich gern Nein sagen, aber kann ich sie entsorgen? Wir könnten den Platz brauchen.«
Junior nickt, doch er kann den Blick nicht von der Röhre abwenden. Wie muss es sich anfühlen, all die potenziellen Ichs zu sehen? Ich stelle mir vor, wie Mom eine von diesen winzigen Bohnen herausfischt und sie zu den Pferden und Hunden in den Inkubator legt. Neun Monate später springt dann ein kleines Junior-Baby heraus. Es hat Juniors Augen und Juniors Gesicht … aber seine Seele? Auf keinen Fall.
»Okay, danke«, sagt Mom. Sie dreht sich zur Röhre um, öffnet die kleine Klappe über einer verborgenen Kontrolleinheit, drückt auf einen Knopf und schon setzt ein surrendes Geräusch ein. »Das sollte nur einen Moment dauern.«
Sie tritt zurück. Im Boden der Röhre öffnet sich ein Ablauf und die zähe Flüssigkeit mit den hundert potenziellen Juniors verschwindet durch einen Schlauch irgendwo unter dem Fußboden.
Minuten später ist die Röhre leer.
»Danke«, sagt Mom und kehrt zu ihrer Ptero-Blutanalyse zurück.
Das Knistern eines Funkgeräts durchbricht die unangenehme Lage, in die meine Mutter uns ohne ihr Wissen gebracht hat. Wir haben nur noch Augen für Chris, der reglos dasteht und dem Funkgerät auf seiner Schulter zuhört. Wir können nicht hören, was gesagt wird, aber er richtet den Blick auf Junior.
Da weiß ich es.
Kit ist gefunden worden.
[zurück]
34 Junior
Sie bringen Kit direkt zum Shuttle, was gut ist, weil ich schon da bin und auf sie warte.
Ihre Haare sind voller Dreck, Zweige und Blätter. Ein dunkler Schmutzstreifen zieht sich über die linke Gesichtshälfte und den ehemals weißen Laborkittel. Sie hat sich so über diesen Kittel gefreut – er war ein Geschenk von Dr. Gupta –, dass ich schon auf eine echte Zusammenarbeit zwischen den Leuten von der Erde und meinen Leuten gehofft hatte. Der Kittel ist ruiniert, ganz zu schweigen von allem anderen. In Kits Brust klafft eine schwarz-rote Wunde, als wäre dort, wo ihr Herz war, etwas explodiert.
Das war kein Unfall.
Es war auch kein Tierangriff; kein bösartiges Monster hat seine Zähne in sie geschlagen.
Kit ist durch eine Waffe getötet worden – jemand hat sie vorsätzlich ermordet.
»Wer hat sie umgebracht?«, frage ich und starre Colonel Martin an.
Er hebt abwehrend die Hände. »Wir wissen es nicht.«
»Diese Wunde ist nichts, was meine Leute tun könnten!«, schreie ich ihn an und deute auf das klaffende Loch in Kits Brust. »Einer von Ihren Soldaten – in der Waffenkammer –«
»Junior«, sagt Colonel Martin ernst, »wir haben keine Waffe, die eine solche Wunde verursacht.«
Ich sehe Amy an, die seine Worte mit einem Nicken bestätigt.
Die Leute, die Kits Überreste bringen, legen sie auf einen Metalltisch, nicht weit entfernt von dem Ptero, den Amy erlegt hat. Meine Augen brennen so sehr, dass ich kaum noch etwas sehen kann. Kit war ein guter Mensch und wollte immer nur anderen helfen. Wie ich war sie gezwungen worden, eine große Verantwortung zu übernehmen, bevor sie dazu bereit war, aber dennoch genau wie ich entschlossen, besser zu sein als der Vorgänger, der seine Macht so schändlich missbraucht hat.
Und jetzt ist sie tot.
Das ist
nicht fair
. Mir ist natürlich klar, wie kindisch dieser Gedanke ist und dass er ungefähr so nützlich ist wie ein Wutanfall, aber ich kann nicht aufhören, ihn zu denken. Es ist
nicht fair
.
»Sieh dir die Größe dieser Wunde an«, sagt Amys Mutter, die sich über die Leiche beugt.
»Es sieht beinahe so aus, als wäre sie von einem explodierenden Geschoss verursacht worden«, stellt Amy fest.
Amy schaut zu mir herüber, und ich weiß, dass wir dasselbe denken. Vielleicht gibt es in der
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