Godspeed | Die Ankunft
Waffenkammer keine passende Waffe, aber das bedeutet nicht, dass es auf der Anlage, die Amy und ich entdeckt haben, auch keine gibt. Oder in den Händen irgendwelcher Aliens, die sich da draußen herumtreiben.
Amys Mutter bereitet wortlos die Autopsie vor. Colonel Martin und seine Männer gehen, aber ich bleibe. Ich will das sehen. Ich will wissen, was Kit getötet hat.
Chris bleibt ebenfalls – immerhin ist er Amys Beschützer. Allerdings gefällt es mir gar nicht, dass er sie ansieht, als wäre sie sein Eigentum, und ich kann mir ein boshaftes Grinsen nicht verkneifen, als er im Laufe der Autopsie immer bleicher wird.
Amys Mutter nimmt zuerst so viele Proben von der Oberfläche von Kits Körper, wie sie kann. Sie tupft verschiedene Stellen ab und holt den Schmutz unter ihren Fingernägeln heraus. Dann tütet sie alles sorgfältig ein, beschriftet es und gibt es an Amy weiter, die die Tüten wortlos entgegennimmt.
Ich sehe Amy über die Leiche hinweg an. Sie erwidert meinen Blick, und obwohl keiner von uns etwas sagt, erkenne ich in ihren Augen Mitgefühl – und Wut. Kit hätte nicht sterben dürfen. Nicht so.
Kits Augen gehen immer wieder auf, obwohl Dr. Martin sie schon zweimal geschlossen hat. Ihr Mund ist weit aufgerissen – es sieht aus, als würde sie schreien, als Amys Mutter die Haut aufschneidet, um tief in die Wunde sehen zu können.
Ich versuche, nicht genau hinzusehen. Ich will die verschiedenen Farben und Formen der Organe und Knochen und Adern und Fleisch und Fett und all die anderen Sachen nicht sehen, die eigentlich niemand sehen sollte, weil sie für immer hinter Haut und Leben verborgen bleiben sollten. Ich könnte mühelos den Kopf in Kits Wunde stecken – da ist nichts übrig außer verschmortem Fleisch und schwarz getrocknetem Blut.
Dr. Martin richtet das Licht auf die Wunde und lässt sich von Amy eine Pinzette geben. Sie tütet etwas ein, das ich von meiner Position aus nicht sehen kann, und gibt es Amy. »Versuch mal, etwas darüber herauszufinden«, trägt sie ihr auf.
Amy geht mit der kleinen Tüte an den Arbeitstisch und ich folge ihr. Natürlich ist das feige, aber ich kann den Anblick der toten Kit nicht länger ertragen.
»Was ist das?«, frage ich.
»Irgendwelche Splitter«, sagt sie. Mit einer Pinzette holt sie ein langes Stück aus der Tüte, das aussieht wie Glas. Der Splitter ist lang und durchsichtig, mit rasiermesserscharfen Kanten. Er ist nur so dünn wie eine Nadel und Amy greift so vorsichtig wie möglich mit der Pinzette zu. Zu vorsichtig – das Glas entgleitet ihr und fällt auf den Metalltisch. Ich halte unwillkürlich den Atem an und warte darauf, dass der Glassplitter zerplatzt.
Aber das tut er nicht.
Amy hebt ihn mit der Pinzette wieder auf und drückt diesmal so fest zu, dass ihr vor Anstrengung die Hände zittern. Das Glas bricht nicht.
Sie legt es auf die Arbeitsplatte und nimmt einen Schraubenzieher zur Hand. Sie positioniert seine Spitze auf dem Glassplitter und übt mit einer Hand Druck darauf aus … mit beiden Händen … mit aller Kraft.
Das Glas bricht immer noch nicht.
Schließlich legt Amy es auf einen Objektträger und betrachtet es durchs Mikroskop. Dann tritt sie zur Seite, damit ich es mir ebenfalls ansehen kann. Es sieht aus wie normales Glas, doch darin sind feine goldene Linien zu erahnen, die sich ausbreiten wie Sonnenstrahlen, aber selbst unter dem Mikroskop kaum zu sehen sind. Sie erinnern mich an … irgendwas …
»Wir haben ganz sicher keine Waffen, die solche Wunden verursachen und
Glas
zurücklassen«, stellt Amy fest.
»Damit willst du also sagen, dass wer immer auf diesem Planeten ist, bessere Waffen hat als wir.« Wir sprechen so leise, dass uns weder Chris noch Amys Mutter hören können.
Amy nickt stumm, aber die Besorgnis steht ihr ins Gesicht geschrieben.
Ich beginne, auf und ab zu laufen, eine Angewohnheit, die ich von Amy übernommen habe. Wir haben es mit einem Feind zu tun, der klüger und schneller ist als wir, der bessere Waffen hat und kein Problem damit, sie einzusetzen. Nicht nur explodierende Kugeln wie die, die Kit getötet hat, sondern vermutlich auch eine Methode, die Pteros zu kontrollieren.
Wenn diese Feinde so clever sind, muss es einen Grund dafür geben, dass sie die getötet haben, die es bisher erwischt hat. Letzte Nacht hätten sie mich und Amy mitnehmen können, haben sich aber stattdessen für Kit entschieden.
Warum?
Sie haben Dr. Gupta getötet – einen Arzt, keinen
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