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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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zurück ins Wohnzimmer, wo der Pudel sich hingelegt hatte und im Fernsehen Lettermans Talkshow anfing. Bernice war in der Küche, ihr Kopf steckte praktisch im Kühlschrank.
    »Ich suche was für dich zum Essen.«
    »Ich krieg jetzt keinen Bissen runter.« Blue Gene drückte seine Fingerspitzen auf die Augenlider, als könne er so die Müdigkeit wegreiben. Er öffnete die Augen und bemerkte, dass an Bernice’ Wohnzimmerwänden nur ein Bild hing; darauf sah man einen weißhaarigen, bärtigen Alten, der sich über sein täglich Brot beugte, seitlich davon lag ein großes, dickes Buch. Er betete oder er meditierte. Blue Gene gefiel das Gemälde. Was auch immer der alte Mann machte, er bemühte sich. »Komm wieder her. Sollte ich sonst noch was wissen?«
    »Nein, Schatz«, sagte sie von der Tür her. »Mehr fällt mir nicht ein. Ich weiß, dass du einiges zu kauen hast. Kann ich dir was bringen?«
    »Nö.«
    »Möchtest du hier übernachten? Ich will nicht, dass du nach so einem Schock noch fährst. Und wir könnten alles gründlich bereden.«
    [417] »Nö. Ich bin okay. Ich hab schon immer gewusst, dass mit meiner Familie irgendwas nicht stimmt. Natürlich wusste ich nicht, dass sie so kaputt ist. Aber ich kann ja nichts dagegen machen.«
    »Wenn es dich tröstet, ich hab mal im Star gelesen, dass so ziemlich genau das Gleiche auch Jack Nicholson passiert ist. Er hat sein halbes Leben lang geglaubt, die Frau, die in Wirklichkeit seine Mom war, wäre seine Schwester. Sie hat ihn als Teenager bekommen, und das war vor langer Zeit, als man über so was nicht sprach, und ihre Familie wollte genauso wenig einen Skandal, wie die Mapothers und ich einen wollten. Daher haben sie seine Mom einfach als seine Schwester und seine Oma als seine Mom ausgegeben. So wie wir’s mit dir gemacht haben.«
    »Ich bin aber kein Jack Nicholson.«
    Bernice setzte sich in ihren Lehnstuhl, wo ihr ein kleiner, an den Couchtisch geklemmter elektrischer Ventilator Luft zuwirbelte.
    »Das ist doch wie aus einer Seifenoper, stimmt’s? Aus Liebe, Lüge, Leidenschaft. Weißt du noch, wie du dir das mit mir angesehen hast, als du klein warst?«
    Gerade als Blue Gene seinen Zeh ins Wasser der Kindheitserinnerungen tauchen wollte, holte ihn das Geräusch eines Wagens auf Bernice’ kiesbestreuter Auffahrt unsanft in die Gegenwart zurück. Als er durch die staubigen Jalousien schaute, sah er einen großen, schwarzen Escalade, der gerade rückwärts aus der Einfahrt schoss.
    »Es ist John.« Blue Gene wirbelte herum und stand anklagend da. »Ich dachte, du hättest gesagt, er hat nicht angerufen!«
    [418] »Hat er auch nicht!«
    »Woher weiß er dann, wo du wohnst?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Natürlich weißt du das nicht. Jede Wette, dass ihr alle unter einer Decke steckt.«
    »Blue Gene, bitte! Wie kommst du bloß darauf?«
    »Keine Ahnung.« Er spähte wieder durch die Jalousien, doch John war verschwunden.
    »Mir ist klar, dass dich das alles konfus macht, aber du musst mir glauben. Ich weiß genauso wenig wie du, was da los ist.«
    Blue Gene ging in dem kleinen Zimmer auf und ab und fächelte sich mit seiner Basecap Luft zu. Er wusste nichts mit sich anzufangen. Er wollte irgendwen, irgendwas schlagen.
    »Er hätte reinkommen müssen«, sagte Bernice. »Er weiß doch, dass du jetzt über ihn Bescheid weißt, oder? Du sagst, er weiß, dass du am Telefon mitgehört hast?«
    »Wenn er zwei und zwei zusammenzählen kann, dann weiß er, dass ich es weiß, und das hat er vermutlich gerade getan.«
    »Und dann einfach abhauen und dich so zurücklassen. Du brauchst ihn jetzt mehr denn je.«
    »Er wollte nicht mit mir reden«, sagte Blue Gene und ließ sich wieder aufs Sofa gleiten. »Er war hier, um dir Schweigegeld zu zahlen, aber dann hat er meinen Pick-up vorn stehen sehen und wollte sich mir nicht stellen. Vermutlich wäre ich an seiner Stelle auch nicht scharf drauf. Aber woher weiß ich, dass ihr euch nicht wieder irgendwie gegen mich verschworen habt?«
    [419] »Warum sollte ich das machen?«
    »Weiß auch nicht.«
    »Ich hab schon ewig nicht mehr mit ihm oder dem Rest deiner Familie gesprochen.«
    Blue Gene setzte sich auf, sah Bernice an und rieb seinen Schnauzbart.
    »Glaubst du mir denn nicht?«, fragte sie flehend.
    »Ich weiß halt nicht, was ich glauben soll. Du hast schließlich bei der Sache mitgespielt.«
    »Ich weiß. Wenn du mich nie wieder sehen willst, versteh ich das. Es würde mir das Herz brechen, aber ich versteh’s. Es wird dir

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