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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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zerfledderte Taschenbuchausgaben von Arthur Millers Tod eines Handlungsreisenden in den Händen. In dem Schauspieler, der die Rolle des Willy Loman las, erkannte Elizabeth Genes besten Freund aus der Grundschule, diesen netten Gibson-Jungen, der sich für einen gewissen Lebensstil entschieden hatte, den Elizabeth nicht billigte.
    »Was machen die denn?«, fragte Elizabeth.
    »Sie führen Theaterstücke auf«, sagte Bernice. »Freier [507] Eintritt. Was echt prima ist für Leute, die normalerweise nicht ins Theater gehen.«
    Elizabeth nickte lächelnd, froh, dass jemand zugab, dass die meisten Anwesenden, Erwachsene mehr noch als Jugendliche, aus einem gewissen Milieu stammten. »Leute, die normalerweise nicht ins Theater gehen« – so konnte man es auch formulieren. Sie hatte diese Leute schon auf dem Flohmarkt und bei der Wahlkundgebung am 4. Juli um sich gehabt, doch heute erlebte sie zum ersten Mal, dass sie glücklich wirkten, obwohl auch dieses Glücklichsein nicht einen gewissen unbeschreiblichen Ausdruck verdrängen konnte, den sie immer im Gesicht trugen. Dennoch, wohin sie auch sah, die Menschen amüsierten sich, tranken Bier, spielten mit den Hunden, lachten, und Elizabeth verstand, warum sie hierherkamen. Blue Gene hatte das Gegenteil eines exklusiven Country Club geschaffen.
    »Gleich sind wir da«, verkündete Bernice. »Nur noch den Flur runter.«
    Am Ende des Flurs befand sich ein langes, schmales Zimmer, unauffällig, sah man von einer übergroßen amerikanischen Flagge ab, die an einer Wand hing. In der Zimmermitte stand ein großer, runder Tisch, an dem neun Männer saßen. Die meisten von ihnen hatten ungepflegte, lange graue Haare und Bärte, allerdings gab es einen gepflegten jüngeren Mann und einen gepflegten Senior. Etliche trugen Ohrringe und ziemlich exzentrische Plastikbrillen, außerdem entweder Leder- oder Tarnwesten. An die Wände gelehnt saßen Männer und Frauen, die sich anhörten, was die Leute am Tisch zu sagen hatten. In der entlegensten Ecke entdeckte Elizabeth Gene, der in einer schrecklichen [508] Körperhaltung dasaß. Doch diese Haltung war noch das Geringste, was bei ihm nicht stimmte.
    Er trug etwas, was unverkennbar einer von Elvis’ glitzernden weißen Overalls sein sollte. Er lag eng an und betonte noch Genes Wassermelonenbauch. Wie üblich hatte er eine Baseballmütze auf, doch jetzt standen seine langen, gewellten Haare ab wie Flügel, die seitlich an seinem Hals entsprangen. Aus seinem Mund hing etwas Dünnes, Weißes – ein Joint, befürchtete sie, der sich dann aber als Stiel eines Lutschers herausstellte. Und als Krönung saß neben ihm ein ebenfalls seltsam aussehendes Mädchen, das wie ein Teenager wirkte, mit einer lila Strähne im Haar und einem T -Shirt mit einem Polospieler als Logo und darunter in großen, schwarzen Buchstaben die Wörter RALPH LIFSCHITZ .
    »Blue Gene!«, rief Bernice laut und unterbrach den einarmigen, älteren Herrn, dem gerade alle zuhörten und der ihnen riet, Tutoren einzustellen, die ihren Kindern bei den Hausaufgaben helfen sollten. Elizabeth erkannte in ihm den Mann wieder, der ihr auf dem Flohmarkt die Marienstatuette aus Glasfaser verkauft hatte. »Wo steckst du?«
    Blue Gene erhob sich. Er sah Elizabeth auf der anderen Seite des überfüllten Raums an. Alle bemerkten die elegante Frau in der Tür. Sie hob eine Hand, die überall in Europa Fahrstuhlknöpfe gedrückt und Salatgabeln in Gesellschaft weltberühmter Menschen gehalten hatte.
    »Aber hallo auch, Mrs. Mapother«, sagte der Einarmige.
    »Hi!«
    »Ich bin Bob. Wir kennen uns vom Flohmarkt.«
    »Ich erinnere mich gut! Wie geht es Ihnen, Bob?«
    »Kann nicht klagen. – Leute, das ist Blue Genes Mutter.«
    [509] Alle am Tisch drehten sich zu ihr um, und nach einer kurzen kollektiven Überraschungspause wurde sie begeistert begrüßt.
    »Hi.« – »Hallo.« – »Hi, Missus Mapother.« – »Hey.« – »Hidey.«
    »Hallo«, sagte Elizabeth und lächelte irritiert. »Ich wollte Sie nicht unterbrechen.«
    »Och, Sie unterbrechen gar nichts, Mrs. Mapother«, sagte Bob. »Blue Gene, sollen wir uns vertagen?«
    »Nö. Macht ihr mal ohne mich weiter«, sagte Blue Gene und humpelte in seinem glitzernden Elvis-Outfit quer durchs Zimmer. Wenn er ging, machten seine Flip-Flops jenes Geräusch, das Elizabeth ihm gegenüber immer den unintelligentesten Lärm genannt hatte, den ein Mensch von sich geben kann. Beim Gehen baumelte etwas seitlich an seinem Körper. Es hing an einer

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