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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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dünnen Metallkette um seine Hüfte. Die an der Wand sitzenden Personen mussten die Beine unter die Hocker schieben, damit er vorbeikam. »Wir gehen in mein Zimmer«, sagte er. Elizabeth nickte. Als Blue Gene näher kam, sah sie, dass der an der Kette baumelnde Gegenstand ein Scheckbuch war.
    Sie folgte Blue Gene aus der Tür.
    »Warten Sie! Mrs. Mapother, warten Sie.« Eine zum Skelett abgemagerte Frau undefinierbaren Alters erhob sich von ihrem Klappstuhl und kam auf Elizabeth zu. »Ich wollte Ihnen nur sagen, wie toll Sie Ihren Jungen erzogen haben.« Sie nahm beide Hände Elizabeths in die ihren. Sie hatte einen ernsten Gesichtsausdruck. Sie schaute nach unten und schüttelte den Kopf.
    »Danke sehr«, sagte Elizabeth.
    [510] »Ich weiß nicht, was ich ohne ihn gemacht hätte.«
    »Danke sehr«, wiederholte Elizabeth.
    »Er hat so vielen von uns geholfen und in so kurzer Zeit. Er hat uns –«
    »Danke, Roseanne, aber für heute haben wir genug von deinem Geschwafel«, sagte Blue Gene. Alle Anwesenden brachen in Gelächter aus, und er ging mit Elizabeth eine nahe Treppe hoch. Als Elizabeth an die Ehrerbietung dachte, mit der die Frau gesprochen hatte, und als sie das Scheckbuch an seiner Seite baumeln sah, hätte sie am liebsten laut aufgeschrien. Noch ein Mann, dem sie dabei zusehen musste, wie er historische Größe erreichte. Ihr Mann war der landesweit bekannte CEO , ihr Sohn John war der aufstrebende Politiker-Retter-Mann, und jetzt schien ausgerechnet die Rolle vergeben zu sein, nach der sie sich immer gesehnt hatte.
    1983 hatte Papst Johannes Paul II . offiziell die Zahl der für eine Heiligsprechung erforderlichen Wunder von vier auf zwei reduziert und auf nur eins für einen Märtyrer. Da Elizabeth, wie sie glaubte, schon ein Wunder vollbracht hatte, als sie an zwölf aufeinanderfolgenden Nächten einen hellseherischen Traum gehabt hatte, glaubte sie auch, dass ihre Heiligsprechung in greifbarer Nähe war. Vor ihrem Tod musste sie nur noch ein einziges Wunder vollbringen; das war machbar. Seit Jahren schon verströmte sie eine vollendete Liebenswürdigkeit, und jeder Satz, der ihren Mund verließ, war darauf abgestimmt, dass er einschmeichelnd oder erhebend wirkte, und sie nahm an, dass sich ihr irgendwann ein weiteres Wunder darbieten würde. Sie kam sich albern vor, weil sie solch ein unmögliches Ziel anstrebte, weshalb sie es nie laut aussprach, dennoch widmete sie sich mit aller Kraft dieser Vorstellung [511] und war ganz sicher, dass man sie eines Tages als hl. Elizabeth Mapother in Erinnerung behalten würde. Jetzt schien es so, als würde wahrscheinlich ein anderer Mapother diesen Job bekommen.
    Blue Gene ging mit Elizabeth in ein mittelgroßes Zimmer, in dem sich nur ein Doppelbett, eine Kommode und eine große Stereoanlage befanden, auf der einige CD s lagen. Er benutzte das Zimmer nur zum Schlafen, und gelegentlich empfing er hier Leute, die ihn etwas fragen oder ihm für etwas danken wollten.
    »Wir haben uns Sorgen um dich gemacht«, sagte Elizabeth.
    »Hmmm«, knurrte er.
    »Wie geht’s dir so?«
    »Kann nicht klagen.«
    »Warum hast du einen Elvis-Anzug an?«
    »Den hat mir eine Frau gemacht. Ich finde, ich sollte ihn ab und zu mal tragen.«
    Wenn Blue Gene im Commonwealth-Center den Leuten einen Gefallen tat, verspürten sie oft das Bedürfnis, sich bei ihm zu revanchieren. Doch da die meisten von ihnen kaum Geld hatten, zeigten sie sich ihm auf andere Weise erkenntlich. Die alte Frau, die normalerweise in ihrem Kombi schlief, ließ er umsonst in einem möblierten Zimmer im Erdgeschoss wohnen. Sie konnte nur nähen, sonst nichts; sie hatte dreißig Jahre lang in einem örtlichen Textilbetrieb gearbeitet, bis er geschlossen wurde. Als sie Blue Gene gefragt hatte, ob er Elvis mochte, ahnte er nicht, dass er sich damit einen maßgeschneiderten, paillettenbesetzten Overall [512] einhandelte. Am selben Morgen hatte er sich von der Frau eines Kriegsveteranen die Haare machen lassen. Sie wollte sich dafür erkenntlich zeigen, dass er ihrem Mann einen äußerst großzügig dotierten Posten in dem neuen Veteranenkomitee gegeben hatte.
    Plötzlich streckte Elizabeth die Hand aus und zupfte an Blue Genes Overall.
    »Lass das!«
    »Ich habe nur ein paar Hundehaare entfernt.«
    »Ich weiß, was du gemacht hast, und ich sagte: Lass das!«
    »Sei nicht so feindselig.«
    Blue Gene zog Schleim hoch und schluckte ihn wieder hinunter. »Wenn du willst, kannst du dich auf mein Bett setzen.«
    Elizabeth

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