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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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Symbol dem, auf das es abgebildet ist, leicht ähnelt. Jede Zahl heißt die Gödel-Nummer des entsprechenden Buchstabens. Der Leser kann sicher erraten, was die Gödel-Nummer einer Kette mit mehreren Buchstaben ist:
    MU 30
     MIIU 3110
    etc.
    Es ist ganz leicht. Offensichtlich ist diese Abbildung von Notationen aufeinander eine informationsbewahrende Transformation; es ist, als spielte man die gleiche Melodie auf zwei verschiedenen Instrumenten.
    Sehen wir uns jetzt eine typische Ableitung im MIU - System an, simultan in beiden Notationen geschrieben:
1)
MI
Axiom
31
2)
MII
Regel 2
311
3)
MIIII
Regel 2
31111
4)
MUI
Regel 3
301
5)
MUIU
Regel 1
3010
6)
MUIUUIU
Regel 2
3010010
7)
MUIIU
Regel 4
30110
    Die linke Kolonne erhalten wir, indem wir die uns bekannten typographischen Regeln anwenden. Man könnte sich auch vorstellen, daß die Kolonne zur Rechten durch einen ähnlichen Bestand von typographischen Regeln erzeugt worden sei. Doch hat die Kolonne rechts duale Natur. Ich will erklären, was das heißt.
Die Dinge sowohl typographisch als auch arithmetisch sehen
    Man könnte von der fünften Kette („3010“) sagen, daß sie aus der vierten hervorgegangen sei, indem man rechts eine 0 angehängt hat; andererseits könnten wir den Übergang genausogut als von einer arithmetischen Operation auffassen — um es genau zu sagen: Multiplikation mit 10. Wenn natürliche Zahlen im Dezimalsystem geschrieben werden, sind Multiplikation mit 10 und Anfügung von „0“ auf der rechten Seite voneinander nicht zu unterscheiden. Wir können uns das zunutze machen, um eine arithmetische Regel niederzuschreiben, die der typographischen Regel 1 entspricht:
    A RITHMETISCHE R EGEL 1a: Eine Zahl, deren Dezimalentwicklung auf der rechten Seite mit „1“ endet, kann mit 10 multipliziert werden.
    Wir können die Bezugnahme auf die Symbole in der Dezimalentwicklung eliminieren, indem wir die am weitesten rechts stehende Ziffer arithmetisch beschreiben:
    A RITHMETISCHE R EGEL 1b: Eine Zahl, deren Rest, nach Division durch 10, 1 ist, kann mit 10 multipliziert werden.
    Nun hätten wir uns an eine rein typographische Regel halten können, wie etwa die folgende:
    T YPOGRAPHISCHE R EGEL I: Aus jedem S ATZ , dessen am weitesten rechts stehendes Symbol „1“ ist, kann man einen neuen S ATZ machen, indem man dieser „1“ rechts „0“ anhängt.
    Das käme aufs gleiche heraus. Das ist der Grund, warum die Kolonne rechts „duale Natur“ hat: Man kann sie entweder als eine Reihe typographischer Operationen auffassen, die ein Symbolmuster in ein anderes verwandelt, oder als eine Reihe von arithmetischen Operationen, die eine Größe in eine andere verwandelt. Es gibt zwingende Gründe dafür, der arithmetischen Variante größeres Interesse entgegenzubringen. Aus einem rein typographischen System in ein anderes isomorphes typographisches System überzuwechseln ist nicht sehr aufregend, während der Schritt aus dem typographischen Bereich in einen isomorphen Teil der Zahlentheorie gewisse noch unerforschte Möglichkeiten bietet. Es ist wie wenn jemand sein ganzes Leben Partituren gemacht hat — aber rein visuell — und ihn dann ganz unvermutet jemand darauf aufmerksam gemacht hätte, daß die Noten in der Partitur Abbilder von Tönen sind. Welch reiche neue Welt! Und dann ist es wieder so, wie wenn jemand sein ganzes Leben lang mit Fadenfiguren vertraut gewesen war, aber nur mit Fadenfiguren ohne Bedeutung — und dann, ganz plötzlich, jemand ihn auf die Entsprechung zwischen Geschichten und Fäden hingewiesen hätte. Was für eine Erleuchtung! Die Entdeckung der Gödel-Numerierungist mit Descartes Entdeckung, daß zwischen Kurven in einer Ebene und Gleichungen mit zwei Variablen Isomorphie besteht, gleichgesetzt worden — unglaublich einfach, wenn man es einmal erkannt hat — aber eine Öffnung in eine unermeßliche neue Welt.
    Bevor wir jedoch voreilige Schlüsse ziehen, hätte der Leser vielleicht gerne eine vollständige Beschreibung dieser höheren Ebene der Isomorphie. Das ist eine ausgezeichnete Übung. Es geht darum, eine arithmetische Regel anzugeben, deren Auswirkung von der jeder typographischen Regel des MIU-Systems nicht zu unterscheiden ist.
    Eine Lösung findet sich nachstehend. In diesen Regeln sind m und k beliebige natürliche Zahlen, und n ist irgendeine natürliche Zahl, die kleiner als 10 m ist.
    R EGEL 1: Wenn wir 10 m + 1 erzeugt haben, dann können wir auch 10 × (10 m + 1) erzeugen.
    Beispiel: Übergang von Zeile 4 zu

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