Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
Vom Netzwerk:
Zahl 2 N die „Goldbach-Eigenschaft“ besitzt, wenn sie die S UMME zweier ungerader Primzahlen ist und die „Schildkröten-Eigenschaft“, wenn sie die D IFFERENZ zweier ungerader Primzahlen ist.
    Achilles: Ich meine, Sie hätten sie die „Achilles-Eigenschaft“ nennen sollen. Schließlich habe ich das Problem aufs Tapet gebracht.
    Schildkröte: Ich wollte gerade vorschlagen, daß wir von einer Zahl, die die Schildkröten-Eigenschaft NICHT besitzt, sagen sollten, sie habe die „Achilles-Eigenschaft“.
    Achilles: Nun gut ...
    Schildkröte: Denken wir einen Augenblick darüber nach, ob 1 Billion die Goldbach- oder die Schildkröten-Eigenschaft besitzt. Sie kann natürlich auch beide besitzen.
    Achilles: Ich kann darüber nachdenken, aber ich zweifle, ob ich Ihnen eine Antwort auf eine der beiden Fragen geben kann.
    Schildkröte: Nur nicht so schnell aufgeben! Nehmen Sie an, ich bäte Sie, entweder auf die eine oder die andere Frage zu antworten. Welche würden Sie wählen?
    Achilles: Ich würde eine Münze werfen. Ich sehe zwischen beiden keinen großen Unterschied.
    Schildkröte: Aha! Aber es besteht ein riesiger Unterschied. Wenn Sie die Goldbach-Eigenschaft wählen, wo es um S UMMEN von Primzahlen geht, dann sind Sie darauf beschränkt, Primzahlen zwischen 2 und 1 Billion zu verwenden. Stimmt's?
    Achilles: Natürlich.
    Schildkröte: Also wird Ihre Suche nach einer Repräsentierung von 1 Billion als die Summe zweier Primzahlen GARANTIERT EIN E NDE FINDEN .
    Achilles: Ach — ich sehe, worauf Sie hinauswollen. Wogegen, wenn ich daran arbeitete, 1 Billion als D IFFERENZ zweier Primzahlen zu repräsentieren, der Größe der verwendeten Primzahlen keine Grenze gesetzt wäre. Sie könnte so groß sein, daß ich eine Billion Jahre brauchte, um sie zu finden.
    Schildkröte: Oder sie würde vielleicht nicht einmal EXISTIEREN . So lautete schließlich die Frage: Existieren solche Primzahlen? Als wie groß sie sich erweisen könnten, wäre gar nicht so wichtig.
    Achilles: Sie haben recht. Wenn es sie nicht gäbe, dann würde der Suchprozeß ewig weitergehen und führte niemals zu einem Ja und niemals zu einem Nein. Und dennoch wäre die Antwort: „Nein“.
    Schildkröte: Wenn Sie also eine Zahl haben und prüfen, ob sie die Goldbach-Eigenschaft oder die Schildkröten-Eigenschaft besitzt, ist der Unterschied zwischen den beiden Tests der: Im ersten Fall wird die Suche GARANTIERT EIN E NDE FINDEN , im zweiten Fall ist sie POTENTIELL ENDLOS . Es gibt keinerlei Garantien irgendwelcher Art. Die Suche könnte immer fröhlich weitergehen, ohne daß man zu einer Antwort käme. Und doch könnte sie in gewissen anderen Fällen schon beim ersten Schritt stoppen.
    Achilles: Ich sehe schon: zwischen der Goldbach- und der Schildkröten-Eigenschaft besteht ein riesiger Unterschied.
    Schildkröte: Ja, die beiden ähnlichen Probleme haben mit diesen völlig verschiedenartigen Eigenschaften zu tun. Die Goldbach-Vermutung läuft darauf hinaus, daß alle geraden Zahlen die Goldbach-Eigenschaft besitzen; die Goldbach-Variation legt den Gedanken nahe, daß alle geraden Zahlen die Schildkröten-Eigenschaft haben. Beide Probleme sind ungelöst; interessant ist aber, daß sie, obschon sie sich sehr ähnlich sind, völlig verschiedene Eigenschaften der ganzen Zahlen ins Spiel bringen.
    Achilles: Ich verstehe, was Sie meinen. Die Goldbach-Eigenschaft ist eine nachprüfbare und erkennbare Eigenschaft jeder geraden Zahl, da ich ja weiß, welche Tests man für den Nachweis ihres Vorhandenseins durchführen muß — man muß bloß mit der Suche beginnen. Sie wird automatisch mit einem „Ja“ oder einem „Nein“ ein Ende finden. Die Schildkröten-Eigenschaft dagegen ist weniger greifbar, da eine Suche mit Holzhammermethoden vielleicht doch nie eine Antwort liefert.
    Schildkröte: Nun, vielleicht gibt es klügere Methoden, nach der Schildkröten-Eigenschaft zu suchen, und wenn man sie konsequent anwendet, würde sie immer zu einem Ende führen und eine Antwort ergeben.
    Achilles: Könnte die Suche nur dann enden, wenn die Antwort „ja“ lautete?
    Schildkröte: Nicht notwendigerweise. Es könnte möglich sein, zu beweisen, daß die Antwort, wann immer die Suche länger dauert als eine gewisse Zeitspanne, „nein“ lauten müßte. Es könnte sogar noch eine ANDERE Methode für die Suche nach den Primzahlen geben, gar nicht mit dem Holzhammer, die garantieren würde, daß man sie findet, falls sie existieren, oder daß man sagen kann, daß sie es

Weitere Kostenlose Bücher