Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
die die Arithmoquinierung von u ist; das Problem muß also bei der anderen Zahl, bei a , liegen. Diese Feststellung erlaubt uns, die Übersetzung von G wie folgt neu zu formulieren:
„Es gibt keine Zahl a , die mit der Arithmoquinierung von u ein TNT-Beweispaar bildet.“
(Dieser Schritt, der verwirrend sein kann, wird nachstehend in allen Einzelheiten erläutert.) Sehen Sie, was hier geschieht? G sagt:
„Die Formel, deren Gödel-Nummer die Arithmoquinierung von u ist, ist kein S ATZ von TNT.“
Aber — und das sollte Sie nach all dem nicht mehr überraschen — diese Formel ist keine andere als G selbst, so daß wir die endgültige Übersetzung von G vornehmen können:
„G ist kein S ATZ von TNT.“
Oder, wenn Sie es vorziehen:
„Ich bin kein Satz von TNT.“
Wir haben allmählich eine Interpretation hoher Stufe — eine Aussage von Meta-TNT aus dem herausgeholt, was ursprünglich eine Interpretation niedriger Stufe war — eine Aussage der Zahlentheorie.
TNT gibt sich geschlagen
Die Hauptkonsequenz dieser erstaunlichen Konstruktion haben wir bereits in Kapitel IX umrissen, nämlich die Unvollständigkeit von TNT. Um den Gedankengang noch einmal zu wiederholen:
Ist G ein TNT-S ATZ ? Wenn ja, dann muß er eine Wahrheit aussprechen. Aber was spricht G denn eigentlich aus? Die Tatsache, daß er selbst kein S ATZ ist. So würde also aus der Eigenschaft, ein S ATZ zu sein, die folgen, daß er keiner ist — eine Kontradiktion.
Wie steht es nun mit G als einem Nicht-Satz? Das ist akzeptabel, da dies zu keiner Kontradiktion führt. Aber die Tatsache, daß G kein S ATZ ist, ist das, was G behauptet — somit behauptet G eine Wahrheit. Und da G kein S ATZ ist, existiert (zumindest) eine Wahrheit, die kein S ATZ von TNT ist.
Nun noch einmal zur Erklärung dieses einen heiklen Schrittes. Ich will ein anderes, ähnliches Beispiel wählen. Nehmen wir die Kette:
~ ∃a : ∃a ':< SCHILDKRÖTENPAAR { a , a '} ∧ ZEHNERPOTENZ { SS0 / a '', a '}>
wo die beiden Abkürzungen Ketten von TNT darstellen, die Sie selber niederschreiben können. ZEHNERPOTENZ { a '', a '} stellt die Aussage dar: „ a ' ist die zehnte Potenz von a ''.“ Die wörtliche Übersetzung ins Deutsche lautet dann:
Es gibt keine Zahlen a und a ', so daß sie beide 1) ein Schildkrötenpaar bilden und 2) a ' die zehnte Potenz von 2 ist.“
Aber offensichtlich gibt es eine zehnte Potenz von 2, nämlich 1024. Was die Kette somit in Wirklichkeit sagt, ist:
„Es gibt keine Zahl, die ein Schildkrötenpaar mit 1024 bildet.“
Und das kann weiter eingedickt werden zu:
„1024 besitzt die Schildkröten-Eigenschaft nicht.“
Der Witz ist der, daß wir eine Methode gefunden haben, die Beschreibung einer Zahl,und nicht ihr Zahlzeichen, in einem Prädikat zu substituieren. Das beruht darauf, daß wir eine zusätzliche Variable ( a ') benutzen. Hier war es die Zahl 1024, die als „zehnte Potenz von 2“ beschrieben wurde; oben war es die als „Arithmoquinierung von u“ beschriebene Zahl.
„Erweist sich als Nicht-S ATZ , wenn arithmoquiniert“
Halten wir einen Augenblick inne und betrachten wir, was wir getan haben. Die beste mir bekannte Methode, um eine gewisse Perspektive zu gewinnen, ist die, explizit zu zeigen, wie sie sich zu Quines Fassung der Epimenides-Paradoxie verhält. Hier eine Darstellung:
Unwahrheit
Nicht-S ATZ
000000000000000000000000000000
000
000000000000000000000000000000
Zitat eines Satzfragments
Gödel-Nummer einer Kette
Einem Prädikat ein Subjekt voranstellen
Eine Zahl (oder einen bestimmten Ausdruck) in einer offenen Formel substituieren
Einem Prädikat das Zitat eines Satzfragments voranstellen
Die Gödel-Nummer einer Kette in einer offenen Formel substituieren
Einem Prädikat das Zitat seiner selbst voranstellen („quinieren“)
Die Gödel-Nummer einer offenen Formel in dieser Formel selbst substituieren („arithmoquinieren“)
Ergibt eine Unwahrheit, wenn quiniert (ein Prädikat ohne ein Subjekt)
Der „Onkel“ von G (eine offene Formel von TNT)
„Ergibt eine Unwahrheit, wenn quiniert“ (Zitat des obigen Prädikats)
Die Zahl u (Gödel-Nummer der obigen offenen Formel)
„Ergibt eine Unwahrheit, wenn quiniert“ ergibt eine Unwahrheit, wenn quiniert (durch Quinierung des obigen Prädikats gebildete vollständige Aussage)
G selbst (Aussage von TNT, gebildet durch Substitution von u in den Onkel, d. h. Arithmoquinierung des Onkels)
Gödels zweiter Satz
Da die Interpretation von G wahr ist, ist
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