Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
Vom Netzwerk:
besonders René Magritte. Die meisten dieser Bilder stammen von ihm. Er ist mein Lieblingskünstler.
    Achilles: Ich muß schon sagen — sehr interessante Bilder. In gewisser Weise erinnern diese Bilder von Magritte mich an die Werke MEINES Lieblingskünstlers M. C. Escher.
    Krebs: Kann ich verstehen. Magritte und Escher gehen bei der Erforschung der Welt der Paradoxien und Illusionen sehr realistisch vor. Beide haben ein sicheres Gefühl für die evokative Kraft gewisser visueller Symbole, und — was selbst ihre Bewunderer nicht genügend betonen — beide haben ein Gefühl für anmutige Linienführung.

    Abb. 77 . Die Schatten , von René Magritte (1966).
    Achilles: Dennoch sind sie grundverschieden. Ich frage mich, wie man den Unterschied wohl charakterisieren könnte.
    Krebs: Es wäre faszinierend, die beiden im einzelnen zu vergleichen.
    Achilles: Ich muß schon sagen, es ist erstaunlich, wie Magritte den Realismus beherrscht. Zum Beispiel war ich von dem Bild dort drüben — der Baum mit der Riesenpfeife dahinter — sehr angetan.
    Krebs: Sie meinen eine normale Pfeife mit einem winzigen Baum davor?
    Achilles: Ach, so ist das also. Dem sei wie ihm wolle, als ich sie zuerst erblickte, war ich überzeugt, Pfeifenrauch zu riechen. Können Sie sich vorstellen, wie dumm ich mir vorkam?
    Krebs: Das verstehe ich gut. Meine Gäste fallen oft auf dieses Bild herein.
    (Während er das sagt, greift er nach oben, nimmt die Pfeife hinter dem Baum auf dem Bild hervor, kehrt sie um, klopft sie am Tisch aus, und das Zimmer beginnt nach Pfeifentabak zu riechen. Er stopft die Pfeife mit frischem Tabak.)
    Das ist eine schöne alte Pfeife, Achilles. Ob Sie es glauben oder nicht, der Pfeifenkopf hat eingelegte Kupferstreifen, die sie wunderbar antik aussehen läßt.

    Abb. 78 . Zustand der Gnade , von René Magritte (1959).
    Achilles: Kupferstreifen? Was Sie nicht sagen.
    Krebs (zieht eine Schachtel mit Streichhölzern aus der Tasche und zündet seine Pfeife an): Rauchen Sie auch, Achilles?
    Achilles: Nein danke, lediglich ab und zu eine Zigarre.
    Krebs: Kein Problem. Ich habe hier gerade eine. (Er greift nach einem anderen Bild von Magritte, das ein auf eine brennende Zigarre montiertes Fahrrad zeigt.) 
    Achilles: Oh — nein danke, nicht jetzt.
    Krebs: Wie Sie wollen. Ich selbst bin ein unheilbarer Tabakraucher. Übrigens — Sie wissen doch sicher, daß der alte Bach eine Vorliebe für's Pfeifenrauchen hatte. 
    Achilles: Ich kann mich nicht genau daran erinnern.
    Krebs: Der alte Bach schmiedete gern Verse, philosophierte gerne, rauchte gerne seine Pfeife und machte gern Musik (nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge). Er vereinigte alle vier Tätigkeiten in einem drolligen Gedicht, das er vertonte. Es findet sich in dem berühmten musikalischen „Notenbüchlein“, das er für seine Frau Anna Magdalena führte, und es heißt:
    Erbauliche Gedanken eines Tabaksrauchers
So oft ich meine Tabaks Pfeife,
mit gutem Knaster angefüllt,
zur Lust und Zeitvertreib ergreife,
so giebt sie mir ein Trauerbild —
und füget diese Lehre bei,
dass ich derselben ähnlich sei.
Die Pfeife stammt von Thon und Erde,
auch ich bin gleichfalls draus gemacht,
auch ich muss einst zur Erde werden,
sie fällt und bricht, eh ichs gedacht
mir oftmals in der Hand entzwey
mein Schicksal ist auch einerley.
Die Pfeife pflegt man nicht zu färben
sie bleibet weiss. Also der Schluss,
Dass ich auch dermaleins im Sterben
dem Leibe nach erblassen muss
im Grabe wird der Körper auch —
so schwarz wie sie nach langem Brauch.
Wenn nun die Pfeife angezündet
so sieht man, wie im Augenblick
der Rauch in freier Luft verschwindet
nichts als die Asche bleibt zurück,
so wird des Menschen Ruhm verzehrt
und dessen Leib in Staub gekehrt.
Wie oft geschiehts nicht bei dem Rauchen
dass wenn der Stopfer nicht zur Hand
man pflegt den Finger zu gebrauchen
dann denk ich, wenn ich mich verbrannt:
O macht die Kohle solche Pein!
Wie heiss mag erst die Hölle sein?
Ich kann bey so gestallten Sachen
mir bei dem Taback jederzeit
erbauliche Gedanken machen
Drum schmauch ich voll Zufriedenheit
zu Land — zu Wasser und zu Haus
mein Pfeifchen stets in Andacht aus.
 
    Eine charmante Philosophie, nicht wahr?
    Achilles: Tatsächlich. Der alte Bach war ein Dichter von lyrischen Gnaden.
    Krebs: Genau das wollte ich auch sagen. Wissen Sie, ich habe selbst früher einmal versucht, gute Verse zu schreiben. Aber ich fürchte, viel wert sind sie nicht. Ich komme mit den Wörtern nicht so

Weitere Kostenlose Bücher