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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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er eben geworben hat, zu konsumieren.
    Das ist natürlich bloß ein Beispiel für die Art und Weise, wie in Fernseh- und Radiowerbesendungen Rahmenvorrichtungen benutzt werden, um einen Anschein von Natürlichkeit zu erwecken und, wie man hofft, die Vorbehalte, die Zuhörer und -schauer entwickelt haben, abzubauen. So macht man zur Zeit Gebrauch von Kinderstimmen, vermutlich weil diese noch natürlich sind, Straßengeräuschen und anderen Effekten, um den Eindruck von Interviews mit unbezahlten Gesprächspartnern zu erwecken. Man benutzt Fehlstarts, Pausen, stummes Spiel und überlappende Dialoge, um ein wirkliches Gespräch zu simulieren, und unterbricht das Werbegeträller einer Firma, um Nachrichten über ihr neues Produkt zu senden, gelegentlich auch abwechselnd mit Meldungen von Allgemeininteresse, um den Glauben des Zuschauers aufrechtzuerhalten.
    Je mehr der Zuschauer sich auf kleine eindrucksvolle Details als Test der Authentizität zurückzieht, um so mehr jagen die Werbefachleute hinter ihm her. Was sich daraus ergibt, ist eine Art Verunreinigung durch Interaktion, eine Störung, die auch von Public-Relation-Beratern und Politikern, oder, bescheidener gesagt, durch Mikrosoziologie verbreitet wurde. 6
    Hier haben wir ein weiteres Beispiel einer eskalierenden TC-Schlacht, wobei diesmal Werbung und Wahrheit die Antagonisten sind.
Simplicio, Salviati, Sagredo: warum drei?
    Zwischen dem Problem des Herausspringens aus einem System und der Suche nach vollständiger Objektivität besteht ein faszinierender Zusammenhang. Als ich Jauchs vier Dialoge in Are Quanta Real? („Sind Quanten wirklich?“) las, der auf Galileis vier Untersuchungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige fußt, kam ich auf die Frage, warum wohl drei Männer an dem Gespräch teilnehmen: Simplicio, Salviati und Sagredo. Warum genügten nicht zwei: Simplicio, der gebildete Naive, und Salviati, der beschlagene Denker? Welche Funktion hat Sagredo? Nun, er soll eine Art neutraler Dritter sein, der leidenschaftslos die zwei Seiten gegeneinander abwägt, und zu einem „fairen“, „unparteiischen“ Urteil gelangt. Das hört sich sehr ausgeglichen an, und doch ist hier ein Haken: Sagredo stellt sich immer auf die Seite Salviatis, nicht auf die Simplicios. Wie kommt es, daß die Personifizierte Objektivität ihre Favoriten hat? Eine Antwort ist natürlich, daß Salviati korrekte Ansichten äußert, und so bleibt Sagredo keine andere Wahl. Wie steht es aber dann mit „Fairness“ oder der Forderung, daß beide „gleichviel Zeit zur Verfügung“ haben sollten?
    Indem er Sagredo dazunahm, hat Galilei (und Jauch) die Karten eher mehr denn weniger zuungunsten Simplicios gemischt. Vielleicht sollte noch ein Sagredo höherer Stufe hinzugenommen werden, einer, der die ganze Situation ohne Vorurteile betrachtet ... Man sieht, wohin das führt. Wir geraten in endlose Reihen von „Eskalationen der Objektivität“, die die kuriose Eigenschaft haben, daß sie nie objektiver sind als sie es auf der ersten Stufe waren, auf der Salviati einfach recht hatte und Simplicio unrecht. So bleibt das Rätsel bestehen: Warum überhaupt Sagredo dazunehmen? Und die Antwort lautet: Das verschafft uns in einem intuitiv unmittelbar ansprechenden Sinn die Illusion, aus dem System auszusteigen.
Zen und „Aussteigen“
    Auch Zen beschäftigt sich mit der Idee einer Transzendierung des Systems, so z. B. in dem Kōan, in dem Tōzan seinen Mönchen sagt: „Der höhere Buddhismus ist nicht Buddha.“ Vielleicht ist die Transzendierung des Menschen selbst das Zentralthema von Zen. Ein Zenbuddhist sucht nach immer tieferem Verständnis seiner selbst, indem er mehr und mehr aus dem heraussteigt, als was er sich selber sieht, indem er jede Regel und Konvention bricht, durch die er sich gefesselt fühlt — selbstverständlich auch die des Zen selbst. Irgendwo auf diesem unsicheren Pfad kommt vielleicht die Erleuchtung. Auf jeden Fall — wie ich es sehe — hofft man, daß man durch die allmähliche Vertiefung des Selbstverständnisses, durch allmähliche Erweiterung des „Systems“ schließlich mit dem ganzen Universum eins werden kann.

Erbauliche Gedanken eines
Tabakrauchers
    Carl Krebs hat Achilles zu sich nach Hause eingeladen.
    Achilles: Wie ich sehe, haben Sie ein paar Neuanschaffungen gemacht, seit ich zuletzt hier war, Herr Krebs. Besonders die neuen Gemälde sind eindrucksvoll.
    Krebs: Danke schön! Bestimmte Maler mag ich sehr gern —

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